Vorwürfe wegen Massakers drohen Simbabwes neuen Präsidenten einzuholen
Jochonia Moyo pflückt wilde Kräuter, um bei seiner Rückkehr ins Internierungslager Bhalagwe böse Geister abzuwehren. Hier im Südwesten Simbabwes wurde Moyo vor mehr als 30 Jahren von Robert Mugabes Soldaten eingesperrt und geschlagen. Tausende andere Inhaftierte wurden getötet. Nach dem Ende von Mugabes Herrschaft werden die Rufe nach Gerechtigkeit jetzt lauter – genauso wie die Vorwürfe gegen Simbabwes neuen Präsidenten.
Bei den brutalen Massakern in der Matabeleland-Region wurden Anfang der 80er Jahre Schätzungen zufolge innerhalb von zwei Jahren 20.000 Menschen getötet. Emmerson Mnangagwa, der Mugabe im November nach einem Militärputsch im Präsidentenamt ablöste, soll eine entscheidende Rolle bei dem Blutvergießen gespielt haben.
„Ich erinnere mich genau an den Tag, den 8. März 1984, als sie mich verhafteten und nach Bhalagwe brachten“, sagt Moyo, als er durch die kargen Überbleibsel des Lagers geht. Er hatte Treffen der Zapu-Partei besucht, nach Ende der Kolonialzeit der größte Rivale von Robert Mugabes Zanu-PF.
Soldaten der sogenannten fünften Brigade, trainiert von nordkoreanischen Beratern, sollten eine angebliche Rebellion im Südwesten zerschlagen. Zapu-Anhänger sowie viele andere Dorfbewohner, Frauen und Kinder, wurden zusammengetrieben, gefoltert und umgebracht. Die Massaker bekamen den Namen „Gukurahundi“, was in etwa „der frühe Regen, der die Spreu hinwegwäscht“ heißt.
Mnangagwa war zu dieser Zeit Minister für Staatssicherheit und zuständig für die Leitung des Geheimdienstes CIO. Die Spionagebehörde sammelte systematisch die Namen und Adressen derjenigen, die für Folter oder Tod ausgewählt worden waren. Die CIO sei für die gezielte Ermordung politischer Führungspersonen zuständig gewesen, sagt der Autor Stuart Doran, der kürzlich ein Buch über das Massaker veröffentlichte.
Doran beschreibt den heutigen Staatschef Mnangagwa als einen der „Architekten“ der Tötungen. „Es war die dunkelste Zeit in Simbabwes postkolonialer Geschichte.“ Mnangagwa bestreitet seine Schuld und hat es nach seiner Amtsübernahme erneut abgelehnt, sich zu entschuldigen.
Doch während unter Mugabes Herrschaft nur tröpfchenweise Zeitzeugenberichte an die Öffentlichkeit drangen, trauen sich seit November immer mehr Menschen, über die Gräuel zu sprechen. Monica Ndlovu war eine junge Frau, als sie in den Lagern ihren Vater verlor und vergewaltigt wurde.
„Diese Männer trugen Maschinengewehre“, sagt sie. „Sie konnten tun, was sie wollten. Sie wechselten sich dabei ab, uns zu vergewaltigen.“ Die Erinnerungen wird Ndlovu nicht los: „Ich wünschte, es wäre wie Schlamm, den ich einfach von meinen Händen waschen kann, aber ich kann nicht.“
Ende vergangene Jahres kam es in der Provinzhauptstadt Bulawayo zu nie da gewesenen Protesten von Familien, die die Exhumierung ihrer Angehörigen aus den Massengräbern forderten. Bei einem öffentlichen Auftritt von Präsident Mnangagwa in Bulawayo hielten Demonstranten Plakate hoch, auf denen sie die Massaker als Völkermord verurteilten.
Der 93-jährige Mugabe hatte die Massaker einst als „Moment des Wahnsinns“ abgetan. Sein Nachfolger Mnangagwa stellte vor wenigen Tagen die unter anderem von Amnesty International gestützte Opferzahl in Frage. Er habe jedoch eine Kommission eingesetzt, die sich mit den Anschuldigungen befassen soll. „Was passiert ist, ist passiert“, sagte er beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Es handele sich um eine „schwarze Phase“ in Simbabwes Geschichte.
Buchautor Doran jedenfalls glaubt nicht an eine baldige Wiedergutmachung für Angehörige und Opfer. „Die Täter sind noch immer an der Macht, wie seit 1980“, sagte er. Gukurahundi werde für absehbare Zeit ein Tabuthema in Simbabwe bleiben. (afp)
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