Zypern-Gespräche: Vorsichtiger Optimismus – Föderaler Staat mit zwei Bundesländern geplant
„Schwierig, aber möglich“: Vorsichtig optimistisch hat der UN-Sonderbeauftragte für Zypern am Montag die Aussicht auf einen Durchbruch in den neuen Zypern-Gesprächen eingeschätzt.
Über eine Wiedervereinigung der geteilten Mittelmeerinsel verhandelten in Genf der zyprische Präsident Nicos Anastasiades und der Volksgruppenführer der international nicht anerkannten Türkischen Republik Nordzypern, Mustafa Akinci, mit ihren Delegationen.
„Jetzt ist wirklich der Moment der Wahrheit“, sagte der UN-Sonderbeauftragte für Zypern, der Norweger Espen Barth Eide, am Nachmittag. Die Gespräche seien gut gestartet, allerdings seien unter den noch offenen Fragen „die kompliziertesten oder emotionalsten Themen“.
Es gebe aber kein Problem, das nicht gelöst werden könne. Nach vierstündigen Gesprächen am Vormittag wollten sich die Delegationen am Abend erneut zusammensetzen.
Bis Mittwoch sollen beide Seiten Karten mit Vorschlägen für den Grenzverlauf vorlegen
Die zwei vorherigen Verhandlungsrunden im schweizerischen Mont Pèlerin am Genfer See waren Ende November ohne Durchbruch zu Ende gegangen. Die jetzige dritte Runde ist auf drei Tage angesetzt.
Knackpunkt der Gespräche ist die künftige Aufteilung Zyperns zwischen der griechisch- und der türkischsprachigen Gemeinschaft innerhalb eines möglichen föderalen Staates mit zwei Bundesländern.
Uneinigkeit besteht aber auch in Sicherheitsfragen, bei der Rückgabe von Grundstücken und Entschädigungen. Bis Mittwoch sollen beide Seiten Karten mit Vorschlägen für den Grenzverlauf vorlegen.
Für Donnerstag ist eine erweiterte Zypern-Konferenz vorgesehen. Dazu sind Vertreter der drei Garantiemächte Zyperns eingeladen – diese könnten durch den türkischen Präsidenten Recep Tayypi Erdogan, den griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras und den britischen Außenminister Boris Johnson vertreten sein, kündigte Barth Eide an.
Zypern: 1960 Kolonie Englands, ab 1974 geteilt, ab 2004 EU und Euro
Als die Republik Zypern 1960 durch Unabhängigkeit der bisherigen Kronkolonie vom Vereinigten Königreich entstand, übernahmen die Mutterländer der beiden Volksgruppen, Griechenland und Türkei, sowie Großbritannien, die Aufgabe, über die Einhaltung der Verfassung zu wachen. Großbritannien unterhält bis heute Militärstützpunkte in Zypern. Als „Beobachter“ ist am Donnerstag zudem EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker anwesend, wie ein Kommissionssprecher mitteilte.
Anastasiades sagte der „Welt“ (Montagsausgabe), eine Wiedervereinigung Zyperns, bei der die Prinzipien der EU gewahrt werden, hätte Auswirkungen auf die gesamte Region: „Dann wird Zypern in der Lage sein, seine Brückenfunktion zwischen Europa und den Staaten des östlichen Mittelmeers zu erfüllen.“
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) erklärte vor Beginn der Verhandlungen, diese kämen „jetzt auf die Zielgerade“. Er fügte hinzu: „Gelänge ein Durchbruch, wäre das eine großartige Nachricht nicht nur für die Menschen auf Zypern, sondern für ganz Europa und die Region.“
Zypern ist seit 1974 geteilt. Damals putschten Offiziere der griechisch-zyprischen Nationalgarde mit Unterstützung der Militärjunta in Griechenland gegen den Präsidenten, Erzbischof Makarios. Ankara nahm den Putsch zum Anlass, militärisch zu intervenieren und den Nordteil Zyperns, etwa 37 Prozent des Inselterritoriums, zu besetzen. Bis heute sind dort etwa 35.000 türkische Soldaten stationiert. Auch die zyprische Hauptstadt Nikosia ist weiter geteilt.
Die 1983 ausgerufene Türkische Republik Nordzypern wird nur von Ankara anerkannt. Die Republik Zypern trat 2004 der EU und dem Euro bei. Völkerrechtlich ist die ganze Mittelmeerinsel, auf der rund eine Million Menschen leben, Mitglied der Europäischen Union.
Mehrere Versuche einer Aussöhnung scheiterten bisher.
Im Mai 2015 wurden die Verhandlungen für eine Wiedervereinigung unter UN-Vermittlung wieder aufgenommen. Sollte diesmal eine politische Einigung erzielt werden, müssten sowohl die Zyperngriechen als auch die Zyperntürken in getrennten Volksentscheiden darüber abstimmen. (afp)
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