Vorbild italienisches Anti-Mafia-Gesetz: Frankreich will Sonderstaatsanwaltschaft aufbauen
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Die französische Regierung plant den Aufbau einer nationalen Staatsanwaltschaft gegen organisierte Kriminalität. Das derzeit der Nationalversammlung vorliegende Gesetz zielt darauf ab, „Frankreich aus der Falle des Drogenhandels zu ziehen“. Es wurde bereits am 4. Februar 2025 nahezu einstimmig im Senat angenommen.
Der Gesetzentwurf sieht eine grundlegende Umstrukturierung der französischen Justiz vor. Kernstück ist eine neue nationale Staatsanwaltschaft zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität, genannt Pnaco (Parquet national anticriminalité organisée; Nationale Staatsanwaltschaft zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität).
Vorbild: Das italienische Anti-Mafia-Gesetz
Pnaco ist konzipiert nach dem Vorbild bestehender Sonderstaatsanwaltschaften wie der Finanzstaatsanwaltschaft (PNF) oder der Anti-Terror-Staatsanwaltschaft (Pnat) und spezialisiert sich auf schwerste Verbrechen der organisierten Kriminalität.
Geplanter Beginn ist der 1. Januar 2026. Zudem soll die Pnaco die Koordination der lokalen Staatsanwaltschaften übernehmen.
Paris ist als Sitz vorgesehen, andere Standorte wie Marseille werden diskutiert. Grundlage der Pnaco sind Ermittlungsbehörden, die im „Stab für organisierte Kriminalität“ (EMCO) zusammengefasst sind.
Der Gesetzestext sieht vor, Vermögenswerte im Bereich des Drogenhandels einzufrieren. Weitere Maßnahmen betreffen die Bekämpfung von Geldwäsche, Krypto-Assets, Menschenhändlern oder die Freigabe von verschlüsselten Messaging-Plattformen für Geheimdienste unter bestimmten Bedingungen.
Ein „Vergehen der Rekrutierung“ soll geschaffen werden, um die Anwerbung Minderjähriger in sozialen Netzwerken zu verhindern. Vorbild bei diesen und anderen Maßnahmen ist auch das italienische Anti-Mafia-Gesetz.
110 Tote im Jahr 2024
Der Drogenhandel mit all seinen Begleiterscheinungen hat in Frankreich im Jahr 2024 insgesamt 110 Tote, 341 Verletzte und einen gravierenden Anstieg der Beschlagnahmungen von Kokain verursacht. Die Zahlen veröffentlichte das Innenministerium am 6. Februar.
2024 beschlagnahmten die französischen Behörden, darunter Polizei, Gendarmerie, Zoll und Marine, 53,5 Tonnen Kokain – ein Anstieg von 130 Prozent im Vergleich zu 2023 (23 Tonnen).
Laut der Zeitung „Dauphiné Libéré“ gab es im Januar 2025 allein im Großraum Grenoble bereits acht Schießereien, wobei sieben Personen durch Schüsse verletzt wurden. Im Jahr 2024 fanden rund 40 Schießereien statt, bei denen 35 Menschen mehr oder weniger schwer verletzt wurden. Sieben Menschen starben.
„Kriegstechnik“ mit Granate und Kalaschnikow in Grenoble
Die Hauptstadt der Alpen, wie Grenoble inoffiziell bezeichnet wird, erlebt seit Jahren blutige Konflikte in Problemvierteln, die sich auch im Stadtzentrum befinden. Eric Vaillant, bisheriger Staatsanwalt der Stadt, erklärte:
Ein intensiver Bandenkrieg mit fast täglichen Schießereien herrscht im Großraum Grenoble.“
Den jüngsten aufsehenerregenden Angriff gab es am 12. Februar. Gegen 20:15 Uhr betrat ein Vermummter mit einem Sturmgewehr, möglicherweise einer Kalaschnikow, eine Vereinskneipe im Stadtteil Village-Olympique in Grenoble.
Die Bar war gut besucht. Ohne ein Wort zu sagen, warf der Täter eine Granate und floh zu Fuß, bevor diese explodierte. Die Detonation verletzte etwa 15 Menschen, sechs davon schwer. Die Verletzungen reichen von Schnittwunden bis zu Organperforationen. Der Täter wurde bisher nicht gefasst.
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Die französische Polizei fahndet nach dem Angriff auf die Bar in Grenoble nach einem vermummten Mann. Foto: Olivier Chassignole/AFP via Getty Images
Gesundheitsminister Yannick Neuder sprach von einer „extrem zerstörerischen Granate“, es handle sich „quasi um Kriegstechniken“. Die Staatsanwaltschaft Lyon, spezialisiert auf organisierte Kriminalität, übernahm die Ermittlungen.
„Es ist schwer vorstellbar, dass ein einzelner Täter so etwas tun würde“, erklärte Staatsanwalt Thierry Dran.
François Touret de Coucy, amtierender Staatsanwalt von Grenoble, schloss einen terroristischen Hintergrund vorerst aus. Der Angriff könne mit Drogenhandel, Zigarettenschmuggel oder auch einer Fehde zusammenhängen.
Die Bar, deren Name auf eine türkische Stadt verweist und vor allem von männlichen Gästen besucht wird, galt bisher als unauffällig, so Touret de Coucy. Mitte Januar hatte die Polizei dieses Lokal sowie vier weitere Vereinsbars im Stadtteil Village-Olympique kontrolliert. Dabei wurden zehn Menschen festgenommen und kiloweise Tabak beschlagnahmt.
Innenminister: „Alle Grenzen“ sind überschritten
Innenminister Bruno Retailleau nannte den Angriff mit einer Handgranate ein „Novum“. Eine solche Kriegstechnik sei zuvor in Frankreich nicht eingesetzt worden.
„Alle Grenzen sind überschritten“, sagte er bei einem Besuch am Tatort. Es sei „inakzeptabel“, „untragbar“ und „wir werden denjenigen finden, der das getan hat“.
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Frankreichs Innenminister Bruno Retailleau sagte am 14. Februar 2025, der Granatenangriff sei „beispiellos“, noch nie sei eine solche „Technik der Kriegsführung“ im Inland eingesetzt worden. Foto: Olivier Chassignole/AFP via Getty Images
Retailleau erklärte, die verwendete Granate habe eine „doppelte Wirkung“ und sei eine sehr spezielle Technik, die „3.000 kleine Kugeln in Verbindung mit einer Explosion“ kombiniere. Diese Waffe sei „mehr zum Verletzen als zum Töten“ gedacht.
Für Grenoble bestätigte der Innenminister, dass der Vorfall „in einem breiteren Kontext von Menschenhandel und organisierter Kriminalität“ stehe.
Eric Piolle (Grüne), Bürgermeister der Stadt, weist die Verantwortung dem Staat zu. Er steht wegen Sicherheitsmängeln in der Kritik. Der Großraum der Stadt umfasst rund 665.000 Menschen.
(Mit Material der französischen Epoch Times)
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