Vor G7-Gipfel: Globalisierungs-Politiker auf Konfrontationskurs zu Patriot Donald Trump
Schon vor dem Gipfel der sieben großen Industrienationen in Kanada ist der Streit der G7-Partner mit US-Präsident Donald Trump offen ausgebrochen.
Nach Gesprächen mit dem kanadischen Gastgeber Justin Trudeau rief Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit scharfen Worten dazu auf, sich geschlossen der amerikanischen „Vormachtpolitik“ zu widersetzen. Mehr als 40 Jahre nach der Gründung steckt die „Wertegemeinschaft“ vor dem Treffen an diesem Freitag und Samstag im kanadischen La Malbaie bei Québec in einer tiefen Krise, so dass eine Spaltung nicht mehr ausgeschlossen wird, meint Macron.
Trump will die heimische Wirtschaft stärken
Die Streitigkeiten drehen sich um den Kurswechsel des US-Präsidenten. Er versucht die heimische Wirtschaft anzukurbeln und wehrt sich gegen unfaire Handelspraktiken. Deshalb verhängte Trump Sonderzölle auf Importe aus Europa, Kanada, Mexiko und Japan.
Er macht unter anderem die billige Produktion im Ausland und die Importe für den Verlust zahlreicher Arbeitsplätze in den USA verantwortlich. Für Wirtschaftsexperte und Börsenfachmann Dirk Müller ein nachvollziehbarer Gedanke:
Das gerade aus China in großem Stil Maschinen, überhaupt alles Mögliche, Stahl, Solarzellen, kommt, von Firmen, die eigentlich längst Pleite sein müssten, Firmen, die nur Verluste machen, die die Waren unter Produktionskosten verkaufen und diese Verluste mit immer neuen Krediten, die staatlich unterstützt werden, finanzieren,“ so Müller.
Tatsache ist auch, dass Produkte, die aus den USA nach Europa kommen, auf deutliche höhere Barrieren stoßen. Wie der „Focus“ in einem Vergleich feststellt, erheben die Europäer im Durchschnitt 5,2 Prozent Einfuhrzoll, die Chinesen fast 10 Prozent und die Amerikaner lediglich 3,5 Prozent.
Außerdem würde die USA bei 1800 Produkten komplett auf Einfuhrzölle verzichten. Bei den Europäern sind es demnach 1246. „Von 5018 untersuchten Produkten verlangen die Europäer bei knapp der Hälfte einen höheren Zoll von den Amerikanern, als die von Europa fordern,“ schreibt der „Focus“.
Stefan Legge, Assistenzprofessor an der Hochschule St. Gallen, sagt: „China und die EU stehen punkto Handelsschranken keineswegs besser da als die USA“, berichtet die schweizer Zeitung „SRF“. „Da muss die EU und auch China eingestehen, dass man gegenüber den USA Nachteile hat, dass man auch selbst recht hohe Zölle hat und auch selbst Subventionen an eigene Unternehmen zahlt.“
Der Vergleich der Zollsätze zeigt also, dass Europa und China deutlich protektionistischer handeln als die USA.
Alle kritisieren Trump – für den Schutz seines Landes
Der US-Präsident hat sich auch aus dem Pariser Klimaschutzvertrag verabschiedet – die massiven Geldmengen die zur „Rettung des Klimas“ aufgewendet werden, halten Kritiker für reine Verschwendung. Den höchst umstrittenen Atom-Deal mit dem Iran hat Trump auch gekündigt.
All das führt zu heftiger Kritik. Dazu schreibt Trump auf Twitter: „Bitte sagt Premierminister Trudeau und Präsident Macron, dass sie die Vereinigten Staaten mit massiven Zöllen und anderen (…) Handelshemmnissen belegen.“
Er fügte mit einer Brise Ironie hinzu, er freue sich darauf, sie heute in La Malbaie zu sehen. In einem weiteren Tweet rechtfertigte Trump nochmals seine Sonderzölle, indem er Kanada vorwarf, auf US-Molkereiprodukte bis zu 300 Prozent anzurechnen – „das schadet unseren Bauern, tötet unsere Landwirtschaft“.
Auch die Bundesregierung verschärfte ihre Kritik an Trump. Außenminister Heiko Maas sagte der „Süddeutschen Zeitung“ (Freitag), es gebe Differenzen, „die können wir nicht mehr unter den Teppich kehren“. Trumps Nein zum Klimavertrag und zum Iran-Abkommen sowie die Zölle seien alles einseitige Entscheidungen zum Schaden Europas, sagte der SPD-Politiker. Der US-Präsident nehme „bewusst in Kauf, dass die Nachteile sich unmittelbar in Europa auswirken“.
Macron: „Wir müssen uns organisieren und zusammenarbeiten“
Kurz vor Beginn des Gipfels in einem Luxushotel am Sankt-Lorenz-Strom wollen sich die europäischen Teilnehmer bei einem separaten Treffen über ihre Strategie abstimmen. Macron kündigte ein Gespräch mit Kanzlerin Angela Merkel, der britischen Premierministerin Theresa May und dem neuen Regierungschef Italiens, Giuseppe Conte, an. Außerdem werden EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und EU-Ratschef Donald Tusk erwartet. „Wir müssen uns organisieren und zusammenarbeiten“, sagte Macron. „Ich glaube an multilaterale Zusammenarbeit und das erlaubt es uns, gegen Hegemonie zu kämpfen.“
Eine solche Vormachtpolitik will der französische Präsident nicht hinnehmen. „Hegemonie ist das Recht des Stärkeren“, sagte Macron. „Hegemonie ist das Ende der Herrschaft des Rechts.“ Die Differenzen stellen auch die übliche gemeinsame Erklärung zum Abschluss in Frage. Das wäre eine Abkehr von dem Ziel, als mächtige Gruppe mit „gemeinsamen Werten“ globale Lösungen finden zu wollen.
„Dem amerikanischen Präsidenten mag es egal sein, wenn er isoliert ist – genauso wenig aber macht es uns etwas aus, eine Vereinbarung von sechs Ländern zu unterzeichnen, wenn die Notwendigkeit dazu besteht“, schrieb Macron auf Twitter. „Diese sechs Länder repräsentieren Werte und einen Markt mit dem Gewicht der Geschichte hinter sich, der nun eine wahre internationale Kraft ist.“ In einem anderen Tweet schrieb Macron: „Kein Anführer ist von Ewigkeit.“
Vom G7-Gipfel nach Nordkorea
Ob es am Ende des Gipfels eine Einigung auf eine gemeinsame Abschlusserklärung gibt oder es nur zu einer Zusammenfassung der Ergebnisse durch den G7-Vorsitzenden Kanada kommt, mochte niemand sagen. Dass nur der Gastgeber eine Erklärung abgibt, ist höchst selten. Schon im Vorjahr in Taormina auf Sizilien, dem ersten Gipfel mit Trump, wäre das Kommuniqué beinahe geplatzt. So wurden die Differenzen festgeschrieben, was ungewöhnlich ist, da solche Abschlussdokumente eigentlich den Konsens festhalten sollen.
Vom G7-Gipfel wird Trump am Samstag direkt nach Singapur zu seinem historischen Treffen am Dienstag mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un fliegen. Nach einem Treffen mit Japans Ministerpräsidenten Shinzo Abe in Washington weckte Trump hohe Erwartungen und schloss sogar eine Einladung an Kim in die USA nicht aus. „Wir haben das Potenzial, etwas Unglaubliches für die Welt zu schaffen. Und es ist mir eine Ehre, daran beteiligt zu sein“, sagte Trump vor der Presse.
Bei dem Treffen in dem asiatischen Stadtstaat will der US-Präsident den Machthaber dazu bewegen, vollständig atomar abzurüsten. Das Ziel sei möglicherweise nicht bei einem einzigen Gipfeltreffen zu erreichen. Er halte es aber für möglich, dass es zu einem Friedensabkommen kommen könnte. Nach dem 1953 militärisch beendeten Koreakrieg hat es nie einen Friedensvertrag gegeben. (dpa/so)
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