Von Höhenflügen zu Protesten: Der Absturz des britischen Premiers Keir Starmer
Direkt nach seinem Amtsantritt als britischer Premierminister konnte sich Labour-Chef Keir Starmer über eine Zustimmungsrate von 60 Prozent innerhalb der Bevölkerung freuen. Mittlerweile ist nicht einmal ein halbes Jahr ins Land gezogen – und diese liegt nur noch bei 32 Prozent. Hingegen zeigen sich 67 Prozent mit seiner Amtsführung unzufrieden.
Wären am nächsten Donnerstag Unterhauswahlen, könnten die Konservativen mit 26 Prozent bis auf zwei Punkte zu Labour aufschließen. Die rechte Reform UK Partei von Nigel Farage würde auf 18 Prozent kommen. Eine eigene Mehrheit hätten die Sozialdemokraten damit nicht mehr.
Aus für Heizkostenzuschüsse wird zum kommunikativen Super-GAU
Starmers konservative Vorgänger von Boris Johnson bis Rishi Sunak hatten ebenfalls deutliche Popularitätsverluste zu verzeichnen. Allerdings haben diese sich meist über einen längeren Zeitraum hingezogen. Im Mai 2025 werden Kommunalwahlen in Großbritannien stattfinden – und diese könnten zu einer Generalabrechnung mit Labour geraten.
Zwar hatte Finanzministerin Rachel Reeves bereits zu einem frühen Zeitpunkt angekündigt, ein Haushaltsdefizit von 22 Milliarden Pfund (etwa 26 Milliarden Euro) bewältigen zu müssen. Dass ein Schritt dazu die Streichung von Heizkostenzuschüssen für Rentner sein soll, erregt allerdings erheblichen Unmut. Immerhin gab es für viele Rentner im Herbst eine Rentenerhöhung, die diesen Verlust im Regelfall aufwiegen sollte.
Reeves kündigte außerdem an, das Haushaltsloch mithilfe von Steuererhöhungen stopfen zu wollen. Dies führte dazu, dass die ohnehin von Inflation und hohen Energiepreisen geplagten Briten ihre Konsumausgaben deutlich zurückfuhren.
Hatte Starmer luxuriöse Geschenke angenommen?
Während die Labour-Regierung die Bevölkerung dazu aufrief, sich auf schwere Zeiten einzustimmen, machten Geschichten über Luxusgeschenke für Starmer die Runde. So soll ein befreundeter Geschäftsmann dem Premier in dessen Zeit als Oppositionsführer Designeranzüge und Brillen in fünfstelligem Gegenwert gesponsert haben.
Im Bereich der Migrationspolitik, der viele Briten bewegt, hat Starmer bislang keine klare Linie erkennen lassen. Verbesserungen in Bereichen wie Gesundheitsversorgung und Lebenshaltungskosten, die sich Wähler von Labour erhofft hatten, blieben aus. Starmer hatte zwar angekündigt, dass „Dinge schlechter werden, bevor sie sich verbessern“. Mittlerweile ist die Geduld vieler Briten jedoch erschöpft.
Eine Gruppe, die sich als besonders stark von den jüngsten Entscheidungen betroffen sieht, sind die Landwirte. Wie der „Independent“ berichtet, ist für Dienstag, 19.11., eine Großkundgebung der Bauern gegen die Änderung der Erbschaftssteuerregelungen geplant. Die sogenannte Traktorsteuer der Labour-Regierung hat dazu geführt, dass Betriebe mit einem Wert von einer Million Pfund künftig einer Erbschaftssteuer von 20 Prozent unterliegen.
Da sich der Wert vieler landwirtschaftlicher Betriebe häufig in nicht liquiden Mitteln verbirgt, befürchten Vertreter der Verbände ein beschleunigtes Sterben bäuerlicher Unternehmen.
Regierungspläne für Solarpanels auf landwirtschaftlichen Flächen
Mittlerweile hat sich sogar einer der bekanntesten Hersteller landwirtschaftlicher Maschinen in die Debatte eingemischt: Massey Ferguson der zu den führenden Ausrüstern britischer Bauern gehört, teilte über die für Großbritannien zuständige Vertriebschefin Lindsay Haddon mit, die Bedenken betroffener Bauern verstehen zu können.
Gegenüber dem „Independent“ äußerte Haddon, dem Unternehmen sei es wichtig, dass die landwirtschaftlichen Betriebe florierten und ohne Angst vor finanziellem Druck und zusätzlicher Bürokratie wirtschaften könnten:
„Wir haben ein ureigenes Interesse daran, dass die Familienbetriebe von Generation zu Generation weiterbestehen, denn ohne diese Leute wären wir nicht hier. Vor allem aber müssen wir alle essen. Und wir wissen, dass Lebensmittel kostbar sind, also kümmern wir uns um die Menschen, die uns ernähren.“
Mittlerweile spielen auch Hersteller und Händler von Landmaschinen mit dem Gedanken, sich den Protesten anzuschließen. Zuvor hatte es seit dem Jahr 1992 keine Erbschaftssteuer mehr auf landwirtschaftliche Flächen gegeben. Dazu kommt, dass die Regierung plant, die landwirtschaftliche Nutzbarkeit von Flächen generell einzuschränken, um die Errichtung von Solarparks zu erleichtern.
Starmer stiehlt sich durch Hintertür davon
Tom Bradshaw, der Präsident der National Farmers‛ Union (NFU), erklärte in einer Sondersendung auf Sky:
Ich habe noch nie eine so vereinte Wut gesehen wie heute in dieser Branche. Die Betroffenen fühlen sich betrogen und sind wütend. Die Regierung hat gesagt, dass so etwas nicht passieren würde.“
Ökonomen halten es für möglich, dass die Investitionsbereitschaft der Landwirte unter der Steuer leiden könnte. Sie hätten an Vertrauen verloren und würden beispielsweise Investitionen in Maschinen zurückstellen.
Bei einer Labour-Konferenz im nordwalisischen Llandudno soll Starmer jüngst den Veranstaltungssaal durch eine Hintertür verlassen haben, um Protesten der Farmer aus dem Weg zu gehen. Auch auf X kommt es zu Solidarisierungen mit den Bauern – und häufig scharfer Kritik an den Maßnahmen der Labour-Regierung insgesamt.
Wenn Keir Starmer vor der Wahl gesagt hätte, dass er Millionen von Rentnern das Winterheizungsgeld streichen, Erbschaftssteuer auf Landwirtschaftsbetriebe einführen, die Gemeindesteuer und die Energiepreise erhöhen, die Studiengebühren an den Universitäten anheben, Tausende Hektar erstklassiges Ackerland mit Solarpanelen zupflastern würde, obwohl die örtlichen Gemeinden große Einwände dagegen haben, 22 Milliarden Pfund Steuergelder für Kohlenstoffabscheidungsanlagen ausgeben, jährlich 3 Milliarden Pfund Steuergelder an die Ukraine zahlen, eine 20-prozentige Kürzung von Fleisch- und Milchprodukten einführen und sich wegen des Empfangs von Werbegeschenken im Wert von über 100.000 Pfund entlarven lassen würde – er hätte ganz sicher nicht gewonnen. (…) [Übersetzung von Epoch Times]
— James Melville 🚜 (@JamesMelville) November 17, 2024
Finanzministerium: „Nur wenige Reiche betroffen“ – Landwirtschaftsministerium widerspricht
Im Finanzministerium beharrt man darauf, dass die Steuer „ausgewogen“ sei und nur die Reichsten treffen werde. Ein Sprecher erklärte, dass „40 Prozent der Steuererleichterungen für landwirtschaftliches Eigentum an die sieben Prozent der reichsten Antragsteller gehen“. Hier anzusetzen, sei „fiskalpolitisch nachhaltig“. Es seien zudem jährlich maximal 500 Anträge betroffen. Weiter heißt es:
Ehepaare, die einen landwirtschaftlichen Betrieb besitzen, können bis zu drei Millionen Pfund vererben, ohne Erbschaftssteuer zu zahlen – das ist ein fairer und ausgewogener Ansatz.“
Darüber, wie viele Familienbetriebe tatsächlich von der neuen Steuerregelung betroffen sein würden, sind sich jedoch auch die Ministerien selbst uneinig. Während das Finanzministerium von maximal 28 Prozent ausgeht, spricht das Ministerium für Umwelt, Ernährung und ländliche Angelegenheiten (Defra) von bis zu 66 Prozent.
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