Von Deutschland bis Italien: Wie sich der Wind in der Asylpolitik dreht (Teil 1)

Die westliche Welt sucht nach Wegen zur Eindämmung der Massenmigration. Die Probleme erscheinen überall ähnlich: Hohe Kosten und wenig Wohnraum sorgen für Widerstand bei den Einheimischen. Teil 1 unseres Überblicks: von Deutschland bis Italien.
Titelbild
Rund 700 Asylsuchende erreichen den Hafen von Catania, Italien, am 12. April 2023.Foto: Fabrizio Villa/Getty Images
Von 3. Januar 2024

Wenn es um das Thema Massenmigration geht, scheinen mittlerweile überall in der westlichen Welt ähnliche Probleme zu herrschen. Da gibt es erstens die Migranten selbst, die sich – ob berechtigt oder nicht – auf ihren Schutzstatus als Flüchtlinge berufen.

Zweitens ist überall eine mehr oder minder große Gruppe ihrer Fürsprecher in Politik und Zivilgesellschaft zu finden, die allerdings je nach Land und Umfrageergebnissen zu bröckeln scheint. Und drittens meldet sich die Gruppe jener Kritiker immer lautstärker zu Wort, die dem Zustrom ein Ende setzen und möglichst viele Dauergäste wieder loswerden wollen.

Wie die „Welt“ berichtet, sind entsprechende Streitereien über den besten Umgang mit den Migranten längst nicht mehr nur in Deutschland, sondern auch in Staaten wie Irland, Frankreich oder den USA zu beobachten. Fast immer spielt dabei die Wohnungsnot eine Rolle.

In Teil eins unseres Artikels geht es um die Migrationspolitik von Deutschland bis Italien.

Deutschland: Kompromiss zum Asylpaket gefunden

In Deutschland war ein Maßnahmenbündel zur Reduzierung der illegalen Migration, für eine jährliche Erhöhung der Abschiebungen um 600 Personen und für schnellere Einbürgerungen erst vor wenigen Tagen zustande gekommen. Zuvor hatten die Grünen Widerstand geleistet. Im Januar soll das Parlament dem Paket zustimmen.

Wie die „Bild“ berichtet hatte, war das am 28. Oktober vom Kabinett beschlossene „Rückführungsverbesserungsgesetz“ zwischenzeitlich daran gescheitert, dass grüne Bundestagsabgeordnete Gratispflichtverteidiger für abgelehnte Asylbewerber forderten. Damit wäre ein wichtiges Teilziel, nämlich eine Ausweitung des Abschiebegewahrsams von zehn auf 28 Tage, „wegen der Gerichtsfristen nicht mehr zu halten“ gewesen.

Nun soll ein Rechtsbeistand bei Abschiebungen oder Ausreisegewahrsam erst dann gestellt werden, wenn der Betreffende in Gewahrsam beziehungsweise in Haft genommen wurde. Zudem sollen Behördenvertreter in Gemeinschaftsunterkünften auch andere Räume als das Zimmer des Abzuschiebenden betreten dürfen. Die Seenotrettung von Asylsuchenden und ihr Transport an europäische Grenzen soll weiterhin straffrei bleiben.

AfD als Stachel im Fleisch

Auch in Deutschland wurden vor dem Hintergrund der anhaltenden Migrationswelle und des Wohnraummangels Mitte Oktober Grenzkontrollen zu Polen, Tschechien und zur Schweiz eingeführt, die inzwischen verlängert wurden. Nach Einschätzung der „Welt“ war der Beschluss von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) auch wegen der stetig steigenden Umfragewerte für die migrationskritische AfD getroffen worden. In Sachsen, Brandenburg und Thüringen wird im September 2024 jeweils ein neuer Landtag gewählt. Die AfD liegt überall in Umfragen an der Spitze.

Die oppositionelle CDU plant, 2024 ein neues Grundsatzprogramm aufzulegen, indem die Migrationspolitik aus der Merkel-Ära ad acta gelegt werden soll. Das Programm offenbart stellenweise erstaunliche Parallelen zu den Positionen der AfD. So setzt die Union nun ähnlich wie Großbritannien oder Österreich auf Asylzentren außerhalb der EU.

Österreich kontrolliert seine Grenzen

Die österreichische Regierung setze nach „Welt“-Informationen schon seit einiger Zeit auf strengere Grenzkontrollen im südlichen und östlichen Landesteil. Die „Zustimmungswerte des österreichischen Regierungschefs Karl Nehammer“ (ÖVP) seien wegen der Migrationskrise ähnlich stark gesunken wie beim deutschen Kanzler Olaf Scholz.

Weg frei für Asylverfahren an den EU-Außengrenzen

Am Mittwoch, 20. Dezember 2023, hatten sich zudem die Unterhändler von EU-Parlament und Mitgliedsländern auf eine grundlegende Neuordnung des „Gemeinsamen Europäischen Asylsystems“ (GEAS) geeinigt. Demnach ist es künftig möglich, Asylverfahren direkt an den Außengrenzen der EU durchzuführen – auch für Familien mit Kindern.

Ein verpflichtender „Solidaritätsmechanismus“ soll zudem dafür sorgen, dass jährlich mindestens 30.000 Flüchtlinge auf die Mitgliedsländer verteilt werden: Nicht aufnahmewillige EU-Staaten sollen 20.000 Euro für jeden nicht aufgenommenen Flüchtling in einen EU-Fonds zahlen.

Schon im Juni hatten sich die EU-Mitgliedstaaten auf eine Reihe von Maßnahmen geeinigt, um den Zustrom zu begrenzen. Damals waren allerdings noch Fragen offengeblieben.

Frankreich prescht vor

Den vielleicht härtesten Kurs scheint neuerdings Frankreich zu fahren. Das Parlament in Paris stimmte erst kürzlich mit klarer Mehrheit für das „restriktivste Gesetz gegen Migration seit 40 Jahren“ – auch mit sämtlichen Stimmen der rechten Partei Rassemblement National (RN). In der Woche davor war eine gemäßigtere Gesetzesvariante noch ohne Debatte abgelehnt worden.

Nun werden unter anderem Abschiebungen deutlich erleichtert, Familienzusammenführungen erschwert, der Zugang zu medizinischen Leistungen eingeschränkt und der Erwerb der französischen Staatsangehörigkeit erschwert. Sozialleistungen gibt es künftig erst nach fünf Jahren Aufenthalt, für Arbeitende verringert sich die Wartezeit auf 30 Monate.

Großbritannien will „Überforderung Europas“ verhindern – und setzt auf Ruanda

Nach Angaben der „Welt“ hatte es in Großbritannien im November „einen Rekord bei der Nettozuwanderung“ gegeben. Schon jetzt fehlen nach Angaben der Denkfabrik Centre for Policy Studies (CPS) allerdings 1,34 Millionen Wohnungen allein in England.

Der konservative britische Premierminister Rishi Sunak denke nun über Gesetzesänderungen nach. Es gelte, eine „Überforderung Europas durch Migranten“ zu verhindern. Falls das Problem nicht behoben werde, werde es „unsere Länder und unsere Fähigkeit überfordern, denen zu helfen, die unsere Hilfe am dringendsten benötigen“, habe Sunak am 16. Dezember auf einer Veranstaltung der Partei der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni geäußert.

Nach Einschätzung Sunaks existierten „Feinde“, die „Menschen an unsere Küsten treiben, um zu versuchen, unsere Gesellschaften zu destabilisieren“.

Augenblicklich bemühe sich der Premier gegen den Widerstand von „Menschenrechtsgruppen“ und Kritikern aus den eigenen Reihen, Asylverfahren im afrikanischen Ruanda durchführen zu lassen, und zwar ohne Aussicht auf spätere Einreise.

Der britische Asylpakt solle die Menschen davon abhalten, in Booten über den Ärmelkanal nach Südengland zu gelangen. Das sei 2022 etwa 45.000 Personen gelungen.

300 Millionen Euro habe der Tory Sunak bereits an Ruanda überweisen lassen – doch bislang sei „aus juristischen Gründen“ kein einziger irregulärer Migrant nach Ruanda verbracht worden.

Das soll sich mit einer am 12. Dezember 2023 im Parlament knapp angenommenen Gesetzesänderung ändern, mit der Ruanda „zum sicheren Drittland“ erklärt und der Rechtsweg „unter Berufung auf Menschenrechte“ für die Einwanderungswilligen ausgeschlossen werden soll.

Endgültig verabschiedet werden solle das Gesetz Anfang kommenden Jahres, berichtet die „Welt“. Mitte November 2023 hatte das oberste britische Gericht, der Supreme Court, den bisherigen Pakt für rechtswidrig erklärt.

Italiens Regierungschefin hofft auf Albanien

Auch die konservative italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni steht unter Druck. Trotz ihres äußerst migrationskritischen Wahlkampfs und „einiger aufsehenerregender Maßnahmen und Vereinbarungen“ habe Meloni als Amtsinhaberin bereits Visa an „Hunderttausende legale Einwanderer“ vergeben müssen, „um den Arbeitskräftemangel aufzufangen“.

Zudem habe Meloni es der „Welt“ zufolge nicht geschafft, den Zustrom von Bootsflüchtlingen zu verringern. Im Gegenteil sei „die Zahl der Bootslandungen in Italien im Vergleich zum Vorjahr um etwa 50 Prozent gestiegen“. Nach Informationen der „Berliner Morgenpost“ waren von Januar bis Oktober 2023 „mehr als 140.000 Migranten“ an den Küsten Italiens gelandet.

Ihre Hoffnung setze Meloni nun auf zwei Asylzentren mit einer Gesamtkapazität von 3.000 Plätzen, die sie in den albanischen Städten Shëngjin und Gjader einrichten lassen will. Nach dem Vorbild der britischen Ruanda-Pläne sollen dort die Asylverfahren für jene Menschen abgewickelt werden, die die italienische Küstenwache im Mittelmeer an Bord aufnimmt. Jährlich sollen vor Ort bis zu 36.000 Menschen betreut werden. „Minderjährige, Asylsuchende, schwangere Frauen und verletzliche Personen sollen weiterhin nach Italien gebracht werden“, heißt es in der „Morgenpost“. Der Vertrag mit dem sozialistischen albanischen Regierungschef Edi Rama mit einem Volumen von 16,5 Millionen Euro für fünf Jahre sei bereits unter Dach und Fach.

In Teil 2 unseres Artikels geht es um die Migrationspolitik von Irland bis Kanada.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion