Von der Leyen zieht eigene „Brandmauer“: Kooperation mit Meloni – aber nicht mit Le Pen

EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen hat das Europaforum des WDR genutzt, um ihr Verhältnis zur Rechten in Europa noch einmal zu präzisieren. Italiens Premierministerin Meloni betrachte sie demnach als potenzielle Kooperationspartnerin – nicht aber Marine Le Pen.
Zwei mächtige Frauen: Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni trifft EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen beim italienisch-afrikanischen Gipfel in Rom. Dort stellte Meloni afrikanischen Staats- und Regierungschefs Italiens Entwicklungsplan für den Kontinent vor.
Zwei mächtige Frauen: Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni trifft EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen beim italienisch-afrikanischen Gipfel in Rom. Dort stellte Meloni afrikanischen Staats- und Regierungschefs Italiens Entwicklungsplan für den Kontinent vor.Foto: Roberto Monaldo/LaPresse/AP/dpa
Von 27. Mai 2024

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Als würdige Nachfolgerin ihres Amtsvorgängers Mario Draghi hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Italiens Premierministerin Giorgia Meloni gelobt. Nach den EU-Wahlen sei sie für eine Kooperation mit deren Partei „Fratelli d’Italia“ offen. Demgegenüber komme eine Kooperation mit dem Rassemblement National nicht infrage. Dies äußerte von der Leyen am Montag, den 27. Mai, im Rahmen des Europaforums des WDR auf der re:publica24 in Berlin.

Von der Leyen attestiert Meloni positiven Beitrag zum GEAS

Meloni habe „ihre Position im Europäischen Rat unter den Staats- und Regierungschefs gefestigt“, erklärte die Kommissionspräsidentin, die insbesondere in der Migrationspolitik zuletzt mit dieser zusammengearbeitet hatte. Von der Leyen betonte, die Premierministerin habe zahlreiche Themen von ihrem Vorgänger Mario Draghi übernommen. Außerdem habe sie eine Schlüsselrolle für das Zustandekommen der „Gemeinsamen Europäischen Asylstrategie“ (GEAS) gespielt.

Auch andere Unionsgrößen haben der italienischen Premierministerin jüngst Rosen gestreut. Bundestags-Fraktionsvize Jens Spahn erläuterte in einem Gespräch mit „Euractiv“, warum die „Brandmauer“ in der EU-Politik rechts von Meloni verlaufe. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hatte die Politikerin zuvor in Rom besucht. Auch EVP-Chef Manfred Weber äußerte sich ebenfalls offen für eine Kooperation mit den „Fratelli“.

Von der Leyen erklärte in Berlin, sie wolle nach der EU-Wahl eine „Plattform in der Mitte“ bilden. Dafür sei es erforderlich, eine „starke Mehrheit für proeuropäische Politik“ zu finden und keinerlei Zusammenarbeit mit Extremisten von links oder rechts zu praktizieren.

Le Pens Abgrenzung zur AfD bislang nicht honoriert

Dieses Bekenntnis steht von der Leyen zufolge einer Zusammenarbeit mit Marine Le Pen entgegen. Deren Partei, so äußerte sie in Berlin, sei „von Putin bezahlt“ und wolle „Europa zerstören“. Offenbar spielt die Kommissionspräsidentin auf einen Kredit an, den die First Czech Russian Bank dem früheren Front National 2014 gegeben hatte. Zuvor hatten mehrere andere Banken die Vergabe eines solchen abgelehnt.

Zuletzt hatten sich Meloni und Le Pen nach einer Reihe von Meinungsverschiedenheiten einander angenähert. Zuvor hatte Le Pen der italienischen Premierministerin unter anderem vorgeworfen, der EU-Kommission zu große Zugeständnisse in der Migrationspolitik gemacht zu haben.

Zuletzt klang Le Pen deutlich versöhnlicher. Sie sprach von „gemeinsamen Punkten mit Meloni“ und attestierte dieser, „für die Freiheit“ einzutreten. Meloni wiederum äußerte, die „unnatürliche“ Allianz zwischen Konservativen und Mitte-Links auf EU-Ebene müsse enden. Sie wolle stattdessen „Parteien vereinen, die in ihrer Vision kompatibel sind, obwohl sie völlig unterschiedliche Nuancen haben“.

In der Vorwoche setzte der Rassemblement National auch den Ausschluss der AfD aus der ID-Fraktion im EU-Parlament durch. Unmittelbarer Anlass waren als apologetisch gegenüber der Waffen-SS gelesene Aussagen von Spitzenkandidat Maximilian Krah. Bereits zuvor hatte Le Pen sich jedoch mehrfach von ihrem deutschen Bündnispartner distanziert.

Scholz warnt von der Leyen vor Kooperation mit Meloni

Ob und inwieweit nach der EU-Wahl aus den Fraktionen der EKR, der Melonis Fratelli angehören und der ID eine große gemeinsame Rechtsfraktion werden wird, ist noch ungewiss. Ursula von der Leyen könnte, um erneut zur EU-Kommissionspräsidentin gewählt zu werden, zumindest auf einige Stimmen aus der Rechten angewiesen sein. Auch für manche politische Vorhaben könnten Stimmen von rechts den Ausschlag geben.

In der Sozialdemokratie ist man von den Avancen der EVP gegenüber den Fratelli irritiert. Am vergangenen Freitag erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz in Portugal nach einem Treffen mit dem dortigen Ministerpräsidenten Luís Montenegro:

„Für mich ist klar, wenn die nächste Kommission gebildet wird, darf sie sich nicht auf eine Mehrheit stützen, bei der es auch die Unterstützung von Rechtsextremen braucht.“

Melonis Partei, die Fratelli d’Italia, haben entfernte Wurzeln im neofaschistischen „Movimento Sociale Italiano“ (MSI). Dieser wurde 1946 von Funktionären der späten „Republik von Salò“ gegründet und galt bis in die 1990er-Jahre hinein als außerhalb des Verfassungsbogens stehend.

Als Korruptionsskandale das alte Parteiensystem erschütterten und der MSI in Rom und Neapel auf über 40 Prozent der Stimmen kam, wandelte dessen Vorsitzender Gianfranco Fini die Partei in die „Alleanza Nazionale“ (AN) um. Diese positionierte sich als rechtskonservativ, distanzierte sich vom Faschismus und wurde zum Bestandteil des „Polo della Libertà“ unter Silvio Berlusconi. Die Fratelli waren das Resultat einer Abspaltung aus der AN.

Sozialdemokraten wollen nicht mit EKR oder ID verhandeln

SPE-Generalsekretär Giacomo Filibeck widersprach in „Euractiv“ Jens Spahn hinsichtlich seiner Einschätzung der Meloni-Partei. Er verwies auf Melonis Auftritt beim Kongress der spanischen Vox in Madrid Mitte Mai. Dort waren auch Viktor Orbán, Marine Le Pen und Argentiniens Präsident Javier Milei aufgetreten.

Zwischen Spanien und Argentinien kam es zu diplomatischen Verwicklungen, nachdem Milei einige spitze Bemerkungen über den sozialistischen Premierminister Pedro Sánchez und dessen Ehefrau losgelassen hatte. Filibeck stellte namens der SPE klar, dass die Sozialdemokraten nicht bereit seien, in Anwesenheit von Vertretern von EKR oder ID über eine „pro-europäische Mehrheit“ nach den Wahlen zu verhandeln.

 



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