Von der Leyen übt nach Skandal-Serie harte Kritik an ihrer Truppe – Bundeswehrverband „schockiert“

Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, André Wüstner, ist schockiert über Vorwürfe von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen im Zusammenhang mit einem angeblichen rechtsextremen Offizier.
Titelbild
BundeswehrsoldatenFoto: Getty Images
Epoch Times2. Mai 2017

Nach der jüngsten Serie von Bundeswehr-Skandalen ist Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) mit den Verantwortlichen in ihrer Truppe hart ins Gericht gegangen. Sie sprach am Wochenende im ZDF von einem „Haltungsproblem“, von „Führungsschwäche“ und „falsch verstandenem Korpsgeist“. Der Bundeswehrverband ist empört. SPD-Vize Ralf Stegner warf seinerseits der Ministerin „Führungsversagen“ vor.

„Die Bundeswehr hat ein Haltungsproblem, und sie hat offensichtlich eine Führungsschwäche auf verschiedenen Ebenen“, sagte von der Leyen am Sonntag in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“. Sie kritisierte auch „falsch verstandenen Korpsgeist“, der dazu führe, dass kritische Informationen nicht weitergegeben würden.

Anlass für die Äußerungen ist der Fall des am Mittwoch festgenommenen Oberleutnants Franco A., der sich angeblich monatelang als syrischer Flüchtling ausgegeben hatte und der angeblich einen Anschlag plante.

Von der Leyen stellte auch einen Zusammenhang her zu den Vorfällen in der Kaserne Pfullendorf, wo es sexuelle Übergriffe im Rahmen der militärischen Ausbildung gegeben hatte, sowie zum Fall Sondershausen, wo es ebenfalls Verfehlungen durch Ausbilder gab. Auch dort hätten von den Missständen viele gewusst und „weggeschaut“.

Der Bundeswehrverband reagierte mit Empörung. Von der Leyens massive Kritik an der Truppe im ZDF habe für „Unverständnis und Wut gesorgt“, sagte Verbandschef Andre Wüstner der „Passauer Neuen Presse“ vom Dienstag. Wenn die Ministerin den allgemeinen Vorwurf, der Truppe fehle es an Haltung und Führung, ernst gemeint habe, „beschädigt sie die Bundeswehr damit massiv“, warf er von der Leyen vor. Wüstner forderte die Ministerin auf, ihre Aussagen schnell zurechtzurücken und einzuordnen.

In einem offenen Brief an die Bundeswehr-Angehörigen vom Montagnachmittag bat die Ministerin um Vertrauen und Geduld. Sie betonte, die „übergroße Mehrheit“ der Soldaten und zivilen Mitarbeiter versehe ihren Dienst „anständig und tadellos“. Angesichts der Zahl der Vorfälle und Fehlentscheidungen könne aber nicht mehr von Einzelfällen die Rede sein, fügte sie hinzu. Die Ministerin kündigte an, Ausbildungskonzepte zu hinterfragen und über weitere Sicherungsmechanismen nachzudenken.

Nach Einschätzung des Wehrbeauftragten Hans-Peter Bartels (SPD) ist die Bundeswehr „strukturell anfälliger“ für Rechtsextremismus als andere Bereiche der Gesellschaft. „Hierarchien, Waffen und Uniformen“ zögen manchen Bewerber an, den die Bundeswehr eigentlich nicht haben wolle, sagte er der „Welt am Sonntag“.

SPD-Vize Stegner beklagte, von der Leyen wolle sich mit ihren Vorwürfen an die Truppe aus der eigenen Verantwortung stehlen. „Wer nach drei Jahren im Amt über ein breites Führungsversagen in der Bundeswehr klagt, der klagt sich selbst an“, sagte er dem „Tagesspiegel“. (afp/so)



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