Von der Leyen: Erster Verteidigungskommissar berufen – Wer ist in der neuen EU-Kommission?

Der Litauer Andrius Kubilius wird der erste EU-Verteidigungskommissar, für Migration ist Österreichs früherer Finanzminister Magnus Brunner zuständig, für die Industrie Frankreichs bisheriger Außenminister Stéphane Séjourné. Hier die vollständige Liste.
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Ursula von der Leyen nach der Europawahl im Juli 2024 in Straßburg.Foto: Johannes Simon/Getty Images
Epoch Times17. September 2024

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat im Europaparlament ihr neues Team für die nächsten fünf Jahre vorgestellt. Der neuen Kommission gehörten 40 Prozent Frauen an, sagte von der Leyen am Dienstag in Straßburg.

Neu ist ein EU-Verteidigungskommissar

Der Litauer Andrius Kubilius wird der erste EU-Verteidigungskommissar – eine neue Funktion, die darauf abzielt, die europäischen militärischen Produktionskapazitäten angesichts der russischen Aggression an der Ostflanke Europas auszubauen. Er ist zudem für den Weltraum zuständig.

Teresa Ribera, die spanische Klimaministerin, soll sich um den digitalen Wandel und die Energiewende kümmern und das Kartellrecht verantworten, während Italiens Europaminister Raffaele Fitto für die Kohäsionspolitik und die regionale Entwicklung zuständig sein soll.

Mit Raffaele Fitto soll zum ersten Mal ein Politiker der italienischen Partei Fratelli d’Italia (Brüder Italiens) zu einem der Vizepräsidenten der EU-Kommission ernannt werden. Fitto war bislang Europaminister in der Regierung der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni.

Damit wäre er unter anderem für den Europäischen Sozialfonds und einen Fonds für regionale Entwicklung verantwortlich. Außerdem sollen mit dem Posten die ärmsten Regionen der EU besser unterstützt werden.

Weiterhin soll der französische Außenminister Stephane Sejourne, der für die Industriestrategie zuständig sein. Der Slowake Maros Sefcovic wird für die Handelspolitik verantwortlich.

Die vollständige Liste

Ursula von der Leyen (Deutschland): Präsidentin der Europäischen Kommission

Executive Vice Presidents:

  • Teresa Ribera (Spanien): Executive Vice President für den sauberen, gerechten und wettbewerbsfähigen Übergang. Sie fungiert als Wettbewerbskommissarin.
  • Henna Virkkunen (Finnland): Executive Vice President für Technologiesouveränität, Sicherheit und Demokratie
  • Stéphane Séjourné (Frankreich): Executive Vice President für Wohlstand und Industriestrategie
  • Roxana Mînzatu (Rumänien): Executive Vice President für Menschen, Kompetenzen und Vorsorge
  • Raffaele Fitto (Italien): Executive Vice President für Kohäsion und Reformen

Executive Vice Presidents haben zusätzlich zu ihrer Rolle als Kommissar die Aufgabe, breitere horizontale Politikbereiche zu koordinieren.

Ressorts:

  • Kaja Kallas (Estland): Hohe Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik
  • Magnus Brunner (Österreich): Innere Angelegenheiten und Migration
  • Hadja Lahbib (Belgien): Bereitschaft, Krisenmanagement, Gleichstellung
  • Ekaterina Zaharieva (Bulgarien): Startups, Forschung und Innovation
  • Dubravka Šuica (Kroatien): Mittelmeer
  • Costas Kadis (Zypern): Fischerei und Ozeane
  • Jozef Síkela (Tschechische Republik): Internationale Partnerschaften
  • Dan Jørgensen (Dänemark): Energie und Wohnen
  • Apostolos Tzitzikostas (Griechenland): Nachhaltiger Verkehr und Tourismus
  • Olivér Várhelyi (Ungarn): Gesundheit und Tierschutz
  • Michael McGrath (Irland): Demokratie, Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit
  • Valdis Dombrovskis (Lettland): Wirtschaft und Produktivität, Umsetzung und Vereinfachung
  • Andrius Kubilius (Litauen): Verteidigung und Weltraum
  • Christophe Hansen (Luxemburg): Landwirtschaft und Ernährung
  • Glenn Micallef (Malta): Generationenübergreifende Fairness, Jugend, Kultur und Sport
  • Wopke Hoekstra (Niederlande): Klima, Netto-Null und sauberes Wachstum
  • Piotr Serafin (Polen): Haushalt, Betrugsbekämpfung, Öffentliche Verwaltungen
  • Maria Luís Albuquerque (Portugal): Finanzdienstleistungen
  • Maroš Šefčovič (Slowakei): Handel und wirtschaftliche Sicherheit, interinstitutionelle Beziehungen und Transparenz
  • Marta Kos (Slowenien): Erweiterung der EU
  • Jessika Roswall (Schweden): Umwelt, Wasserresilienz und eine wettbewerbsfähige Kreislaufwirtschaftg

Diese Liste hat das Magazin „Politico“ veröffentlicht (Stand 10:47 Uhr, 17.9.2024)

Politisches Risiko für von der Leyen

Die Ernennung Fittos birgt politisches Risiko für von der Leyen, da die Mehrheit der Abgeordneten im Parlament die neue Kommission bestätigen muss. In der Vergangenheit wurden dabei bereits einige unliebsame Kandidaten abgelehnt. Der Italiener gilt als umstritten, weil er der rechten Partei Melonis angehört.

Aus den Fraktionen der Sozialdemokraten, der Grünen und der Liberalen war bereits in den vergangenen Tagen Widerstand gegen die Personalie zu hören. Es sei eine gefährliche Verschiebung nach rechts.

Hauptschwerpunkte der Arbeit

Der neuen Kommission gehörten 40 Prozent Frauen an und 60 Prozent Männer, sagte von der Leyen. Bis zur von ihr angestrebte Gleichstellung gebe es noch viel Arbeit, räumte die CDU-Frau ein. Zum Ausgleich sind vier der insgesamt sechs Stellvertreter von der Leyens weiblich.

Hauptschwerpunkte der Arbeit der neuen Kommission werden Wohlstand, Sicherheit und Demokratie sowie die dringend benötigte Wettbewerbsfähigkeit für den grünen Wandel und die Digitalisierung sein, so von der Leyen.

„Wir wollen eine wettbewerbsfähige, dekarbonisierte und kreislauforientierte Wirtschaft mit einem fairen Übergang für alle aufbauen“, sagte sie auf einer Pressekonferenz. Klimawandel sei „der wichtigste Hintergrund für alles, was wir tun“, fügte von der Leyen hinzu.

Die Themen Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit hätten viel mehr Einfluss als in ihrer ersten Amtszeit.

Die EU-Kommission mit einem Apparat von rund 32.000 Mitarbeitern schlägt Gesetze für die Staatengemeinschaft vor und überwacht die Einhaltung von EU-Recht. Wenn es nach dem Willen von der Leyens geht, soll die neue Kommission ihre Arbeit am 1. November aufnehmen. Ob das aufgehen kann, wird sich noch zeigen.

SPD will Kandidaten genau prüfen

EU-Parlamentsvize Katarina Barley (SPD) hat eine genaue Prüfung der von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) vorgelegten Pläne für die neue EU-Kommission angekündigt.

„Ein einfaches Durchwinken wird es nicht geben“, sagte Barley den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Die politische Lage in vielen EU-Mitgliedsländern habe eine Kommission beschert, die „deutlich weiter rechts stehen wird als die letzte“.

Dies sei schon allein an der fehlenden Geschlechterparität spürbar. Es liege jetzt am Europäischen Parlament, den Wählerwillen in die Kommissionsbildung einzubringen.

Barley sagte, die sozialdemokratische S&D-Fraktion werde jeden einzelnen Vorschlag genaustens prüfen. „Unverhandelbar sind dabei unter anderem die Einhaltung des Green Deals oder unser Bekenntnis zur Unterstützung der Ukraine.“

Die Vizepräsidentin fügte hinzu: „Dafür werden wir uns im EU-Parlament die Zeit nehmen, die wir dafür benötigen.“

CDU – EVP: Fitto ist „überzeugter Europäer“

Manfred Weber (CSU), der die konservative Europäische Volkspartei in der EU führt, hat sich trotz der Querelen um die Bildung der neuen EU-Kommission zuversichtlich geäußert.

Es müsse sichergestellt werden, „dass diese nächste EU-Kommission eine ist, die Europa zusammenführt“, sagte Weber am Dienstag im ZDF-„Morgenmagazin“. „Basierend auf den Vorschlägen, die uns jetzt vorliegen, ist das auch möglich“, argumentierte der EVP-Chef.

Zu Bretons Rücktritt und den Anschuldigungen gegen von der Leyen sagte Weber lediglich, es sei die Entscheidung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, „wer Frankreich in der nächsten EU-Kommission vertritt“. Macron habe „souverän entschieden, einen neuen Vorschlag zu bringen“.

Auch zu den Vorbehalten gegenüber dem italienischen Kandidaten für die Kommission, Raffaele Fitto, äußerte sich Manfred Weber. Seine Fraktion unterstütze dessen Kandidatur.

Raffaele gehöre zwar der Partei Fratelli d’Italia (Brüder Italiens) von Regierungschefin Giorgia Meloni an, sei aber ein „überzeugter Europäer, ist ein Christdemokrat, einer aus dem bürgerlichen Lager“, argumentierte Weber.

(afp/dts/red)



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