Von der Leyen bleibt EU-Kommissionspräsidentin
Das Europäische Parlament hat Ursula von der Leyen als Kommmissionspräsidentin wiedergewählt. Die CDU-Politikerin bekam am Donnerstag in Straßburg 401 von 707 abgegebenen Stimmen. Gegen die CDU-Politikerin stimmten 284 Abgeordnete, bei 15 Enthaltungen und sieben ungültigen Stimmzetteln.
Ihr Ergebnis fiel damit besser aus als bei ihrer ersten Wahl vor fünf Jahren, als sie mit einer knappen Mehrheit von neun Abgeordneten ins Amt gewählt wurde. Die volle Unterstützung ihrer Europäischen Volkspartei (EVP) hat die 65-Jährige allerdings nicht, die französischen Republikaner etwa sprachen sich gegen sie aus.
Auch unter den Sozialdemokraten und in der Liberalen-Fraktion Renew dürfte es in der geheimen Wahl Abweichler gegeben haben. Von der Leyen konnte jedoch mit zahlreichen Stimmen aus der Gruppe der Grünen rechnen. Auch Teile des Rechtsaußen-Lagers sagten ihr Unterstützung zu, darunter der tschechische Regierungschef Petr Fiala, dessen Partei in der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) sitzt.
Von der Leyen stellt nun ein Team aus Kommissaren zusammen, die von den Regierungen der 27 EU-Länder vorgeschlagen werden und sich anschließend einer Anhörung im Parlament stellen müssen.
Die Leitlinien von der Leyens künftiger Politik
Zuvor hatte von der Leyen den Abgeordneten ihre politischen Leitlinien für die kommenden fünf Jahre vorgestellt, mit denen sie unter anderem eine Kursänderung in der Verkehrs- und Klimapolitik ankündigte.
„Die höchste Priorität werden der Wohlstand und die Wettbewerbsfähigkeit genießen“, sagte von der Leyen am Donnerstag vor dem Europäischen Parlament in Straßburg. Sie werde jedem Kommissar den Auftrag mitgeben, seinen Zuständigkeitsbereich zu durchforsten, um Möglichkeiten für den Abbau von Bürokratie ausfindig zu machen, versprach die Christdemokratin weiter. Diese Vorgänge sollen dann regelmäßig kontrolliert werden. Dazu soll es auch einen eigenen Vize-Präsidenten geben, so von der Leyen.
Sie schlägt zudem einen Ausbau der Grenzschutzbehörde Frontex vor. Die Behörde mit Sitz in Warschau solle künftig 30.000 Beamte haben. Zuletzt waren 10.000 Beamte bis 2027 vorgesehen. Die Behörde soll nach von der Leyens Angaben mit „modernster Überwachungstechnologie“ ausgestattet werden.
Außerdem will die Kommissionspräsidentin weiter auf Abkommen mit Ländern des südlichen Mittelmeers setzen. Zuletzt hatte sie Vereinbarungen mit Tunesien und Ägypten geschlossen, damit Migranten nicht in die EU gelangen.
Für ihr politisches Programm übernimmt von der Leyen damit große Teile der Forderungen ihrer Europäischen Volkspartei (EVP) aus dem Europawahlkampf. Sie sprach sich auch ein „neues gemeinsames System zur Rückführung“ von Einwandern aus und erklärte, die Zusammenarbeit mit „Transit- und Herkunftsländern“ vertiefen zu wollen.
Am Green Deal wird festgehalten
Mit Blick auf die Grünen versprach von der Leyen, an den grundsätzlichen Zielen ihres Vorzeige-Klimaschutzpakets Green Deal aus der vergangenen Legislaturperiode festzuhalten.
Der Fokus liege aber „voll und ganz darauf, die richtigen Bedingungen für Unternehmen zu schaffen, um unsere gemeinsamen Ziele zu erreichen“, heißt es dazu in von ihr veröffentlichten Leitlinien für das nächste Mandat. Vor allem ihre Europäische Volkspartei (EVP) hatte eine solche Neuausrichtung gefordert.
Bis 2040 will von der Leyen den Treibhausgas-Ausstoß in der EU im Vergleich zu 1990 um 90 Prozent senken, ein Zwischenziel auf dem Weg zur geplanten Klimaneutralität bis 2050. Dafür will die Kommission den EU-Ländern in den kommenden Monaten einen Gesetzesvorschlag vorlegen.
Gesetzespaket für „saubere Industrie“
Für Unternehmen kündigte von der Leyen ein Gesetzespaket für eine „saubere Industrie“ an, das unter anderem erneuerbare Energien fördern soll und so „dazu beiträgt, die Energiekosten zu senken“.
„Wir alle wissen, dass strukturell hohe Energiepreise unsere Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen“, erklärte sie mit Blick auf die Unternehmen. Die Kommission werde zudem einen EU-Fonds einrichten, der weitere Förderungen für die Umstellung auf grüne Energien frei machen soll.
Energiekosten senken, bezahlbare Wohnungen, GAP
Auch für private Haushalte sollen die Energiekosten sinken. Von der Leyen will zudem für mehr bezahlbare Wohnungen sorgen und dafür erstmals einen eigenen EU-Kommissar einsetzen – eines der wenigen Zugeständnisse an das linke Lager im Europaparlament. „Europa befindet sich in einer Wohnungskrise, von der Menschen jeden Alters und Familien jeder Größe betroffen sind“, sagte von der Leyen in Straßburg.
Die CDU-Politikerin will außerdem die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Landwirtschaft stützen, die jährlich Milliardenhilfen aus dem EU-Haushalt erhält.
Nach den massiven Bauernprotesten in der ersten Jahreshälfte gegen Umweltauflagen aus Brüssel müsse die nächste Neuauflage der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP) „das richtige Gleichgewicht“ herstellen. „Wir müssen den Landwirten ermöglichen, ihr Land ohne übermäßige Bürokratie zu bewirtschaften“, heißt es in von der Leyens politischen Leitlinien.
Aufweichung des Verbrenner-Aus
Darüber hinaus signalisierte von der Leyen die Bereitschaft, das geplante Verbrenner-Aus aufzuweichen. So soll es Ausnahmen für sogenannte E-Fuels geben. Das dürfte als Entgegenkommen an die liberale Renew-Fraktion gedeutet werden.
Um die EU-Klimaziele zu erreichen, sei ein technologieneutraler Ansatz erforderlich, bei dem die synthetischen Kraftstoffe eine Rolle spielten, heißt es in den politischen Leitlinien der CDU-Politikerin für die kommenden fünf Jahre.
Die EU hat beschlossen, dass ab 2035 nur noch Neuwagen zugelassen werden sollen, die im Betrieb kein klimaschädliches CO₂ ausstoßen. Die Bundesregierung hatte sich auf Drängen der FDP dafür eingesetzt, dass es Ausnahmen für E-Fuels geben soll.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) begrüßte die Ankündigung. „Es war ein Irrweg, einseitig nur auf die Elektromobilität zu setzen“, erklärte er am Donnerstag. Er erwarte nun, dass sich von der Leyen in den kommenden Jahren „persönlich dafür einsetzt, Genehmigungsvorschriften für E-Fuels-only-Fahrzeuge zu schaffen“.
In von der Leyens Leitlinien heißt es nun, dass sie einen technologieneutralen Ansatz durch eine gezielte Änderung des entsprechenden EU-Gesetzes erreichen will. Der Vorsitzende des Mitte-Rechts-Bündnis EVP, Manfred Weber (CSU), zeigte sich erfreut: „Ich begrüße, dass die neue Kommission das Verbrenner-Aus überarbeiten wird und auf Technologieoffenheit setzt.“
E-Fuels sind synthetische Kraftstoffe, mit denen Verbrennungsmotoren theoretisch klimaneutral betrieben werden können. Sie sind aber verhältnismäßig teuer und werden etwa im Luftverkehr gebraucht. (dpa/dts/afp/red)
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