Vom erbitterten Gegner zum Unterstützer: Wer ist Trumps Vize J.D. Vance?

Mit dem erst seit 2023 amtierenden Senator für Ohio, J.D. Vance, hat Donald Trump im Vorfeld des Nominierungsparteitages der Republikaner seinen Running Mate bekannt gegeben. Damit zeichnet sich ab, dass er im Wahlkampf vor allem die Arbeiterschaft in den Swing States mobilisieren will.
Titelbild
Der ehemalige US-Präsident Donald Trump (links) und Senator J.D. Vance (rechts) bei der Eröffnung des Republikanischen Nationalkonvents 2024 im Fiserv Forum in Milwaukee, Wisconsin, am 15. Juli 2024.Foto: Brendan Smialowski/AFP via Getty Images
Von 16. Juli 2024

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Seit Montagabend, 15. Juli, ist die Frage beantwortet, wer im Fall einer erneuten Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten im November des Jahres Vizepräsident werden soll. Trump, der sich zwei Tage nach dem auf ihn verübten Mordanschlag derzeit in Milwaukee, Wisconsin auf den Nominierungsparteitag der Republikaner vorbereitet, hat J.D. Vance als Running Mate ausgewählt. Der Nominierungsparteitag selbst hat ihn bereits per Akklamation bestätigt.

Der erst 39-jährige Buchautor und Wagniskapital-Investor, der unter anderem mit Peter Thiel zusammengearbeitet hatte, vertritt seit 2023 Ohio im US-Senat. Er setzte sich im Auswahlprozess gegen Senator Marco Rubio aus Florida und Gouverneur Doug Burgum aus North Dakota durch.

JD Vance, Vizekandidat der Republikaner für die US-Präsidentschaftswahl, wird am ersten Tag der Republican National Convention vorgestellt.

J.D. Vance, Vize der Republikaner für die US-Präsidentschaftswahl, wird am ersten Tag der Republican National Convention vorgestellt. Foto: J. Scott Applewhite/AP

„Ukraine wird einige Territorien an die Russen abtreten müssen“

Vance war zu Beginn als vehementer Kritiker von Donald Trump in Erscheinung getreten, vor allem mit Blick auf dessen Rhetorik in der Migrationspolitik. In einer privaten E-Mail hatte er diesen sogar als „Amerikas Hitler“ bezeichnet. Mittlerweile gilt Vance als einer der verlässlichsten Unterstützer Trumps. Auch gegen dessen Position in der Migrationspolitik hat er Vorbehalte zurückgenommen. Der Senator aus Ohio spricht von „schmutzigen Folgewirkungen“, die eine Vielzahl irregulärer Grenzübertritte nach sich ziehe. Zudem habe Trump eine hervorragende Präsidentschaft abgeliefert.

Vance ist auch als Verfechter eines realistischen Ansatzes in der Außenpolitik bekannt. Er stimmte im vergangenen Frühjahr gegen das von Präsident Joe Biden vorgelegte Militärhilfspaket, das hauptsächlich der Ukraine zugutekommen sollte. Im Dezember 2023 forderte er ein Friedensabkommen zwischen Kiew und Moskau.

Es sei dabei „in Amerikas Interesse, zu akzeptieren, dass die Ukraine einige Territorien an die Russen wird abgeben müssen“. Hilfsgelder an die Ukraine würden „in Jachten der dortigen Minister fließen“, betonte der Senator weiter. Vance kritisierte auch, dass nicht nachvollzogen werden könne, wohin Waffen gingen, die man dem Land schicke – und man dabei die eigenen Standards des Verteidigungsministeriums nicht einhalte.

Vance hat bereits für Netflix aufbereiteten Bestseller geschrieben

Mit seiner Entscheidung für J.D. Vance als Running Mate macht Trump deutlich, dass sein Schwerpunkt im Wahlkampf auf dem Sichern entscheidender Swing States im Mittleren Westen liegt. Dies will er vor allem durch eine Mobilisierung der dortigen Arbeiterschaft erreichen. Der aus der Kleinstadt Middletown stammende Vance scheint dafür ein idealer Kandidat zu sein.

In seinem 2016 erschienenen Buch „Hillbilly Elegy“, das auch für Netflix aufbereitet wurde, schildert er sein Aufwachsen mit einer drogenabhängigen Mutter. Gleichzeitig vermittelt er einen Eindruck von jenem kulturellen Niedergang der vergangenen Jahrzehnte, der seine Spuren in vielen Familien der Arbeiterschaft hinterlassen hatte.

Vance machte deutlich, dass es das Fehlen klarer spiritueller und moralischer Orientierungen sei, die auch die ökonomischen Perspektiven vieler Betroffener zunichtemache. Sozialstaatliche Zuwendung würden die daraus entstehende Lethargie befördern. Gleichzeitig übte er scharfe Kritik an Entscheidungsträgern aus der Oberschicht, die über deren Köpfe hinweg eine Politik betrieben, deren Folgen Armut, Krieg und Stagnation breiter Bevölkerungsschichten seien.

Chronist der Entfremdung vom republikanischen Partei-Establishment

Deswegen war Vance auch einer der Ersten, die es Mitte der 2010er-Jahre gewagt hatten, als Republikaner die Außenpolitik des in den eigenen Reihen noch höchst geschätzten George W. Bush zu kritisieren. Obwohl Vance zum damaligen Zeitpunkt auch gegenüber Trump sehr kritisch war, würdigte er dessen Mut, diese Position gegen die gesamte Parteiprominenz zu artikulieren.

Applaus und Jubel beim Parteitag.

Applaus und Jubel beim Parteitag der Republikaner. Foto: Charles Rex Arbogast/AP

Vance beschrieb Trump als Stimme einer breiten Schicht an Menschen in der Republikanischen Partei und in den USA insgesamt, die sich von der politischen Elite vollständig entfremdet habe. Dabei skizzierte er auch einen wesentlichen Unterschied zu jenen als „sehr konservativ“ firmierenden Exponenten der Partei, die zuvor einige Achtungserfolge feiern konnten.

Diese – von Mike Huckabee über Michele Bachmann bis zu Ted Cruz – hätten Wut auf das Establishment kultiviert. Allerdings sei dies eine ideologisch begründete Wut, während deren Wähler selbst ein fundamental intaktes Leben mit Familie und Kirche führten. Trump-Wähler hingegen fühlten sich in existenzieller Weise betrogen, und sie wären zudem vielfach noch mit der Realität zerbrochener Familien, schlechter Schulen, abgewanderter Jobs und verlorener Gemeinschaften konfrontiert.

„Pence-Effekt“: Evangelikale verlieren an Einfluss

Dass Trump den 2019 zum Katholizismus konvertierten Vance zum Running Mate auswählte, macht deutlich, dass er die Ansprache von Kulturkriegsthemen nicht scheut. Dass er diese am liebsten völlig aus der Wahlplattform nehmen wollte, könnte den Gouverneur von North Dakota, Doug Burgum, die Nominierung gekostet haben. Allerdings legt Trump offenbar starken Wert darauf, diese in einer empathischen Weise anzusprechen, und hier dürften die Stärken von Vance liegen.

Gleichzeitig deutet dessen Auswahl darauf hin, dass der Einfluss der Evangelikalen in der Partei geringer wird. Zuletzt hatte Trump mit Vizepräsident Mike Pence ein deutliches Zeichen in ihre Richtung gesetzt.

Dass sich in der Wahlplattform der Republikaner keine Forderung nach einem Verbot des Schwangerschaftsabbruchs durch Bundesgesetz findet, hat in der christlichen Rechten ebenfalls für Unmut gesorgt. Allerdings will Trump den Demokraten offenbar kein wahltaktisch mobilisierbares Thema in die Hand geben. Er betrachtet mit dem Ende von „Roe v. Wade“ und der Rückkehr der Gesetzgebungsbefugnis zu den Bundesstaaten seine Mission in diesem Bereich als erledigt. Mit Vance hat er zudem einen eindeutigen Pro-Life-Politiker nominiert. Es ist deshalb kaum zu befürchten, dass evangelikale Wähler wie 2012 massenweise den Wahlurnen fernbleiben.

Lob für Vance von republikanischen Kollegen

Marco Rubio dürfte – trotz seines Appells für hispanische Wähler – hingegen aufgrund seiner neokonservativen Neigungen in der Außenpolitik nicht nominiert worden sein. Außerdem kommt er aus einem Bundesstaat, den selbst die Demokraten nicht mehr als Swing State betrachten. Es gilt als ungeschriebenes Gesetz, einen Running Mate aus einem jener Staaten auszuwählen, die als umkämpft gelten. Dessen Popularität im jeweiligen Heimatbundesstaat soll helfen, dort am Wahltag die Mehrheit zu sichern.

Aus den Reihen der Republikaner im Kongress waren die Reaktionen auf Trumps Wahl positiv. Repräsentantenhaus-Sprecher Mike Johnson erklärt, Vance habe „ein profundes Verständnis von den Ängsten von Arbeiterfamilien“. Seine Lebenserfahrung und seine politische Expertise würden Präsident Trump helfen, eine Regierung aufzubauen, die der Menschen, denen sie dienen wolle, würdig sei. Senator Rand Paul äußerte:

„Es ist großartig, einen Gegner von endlosen Kriegen und mehr Hilfe für die Ukraine auf dem Ticket zu haben.“

Das Wahlkampfteam von Präsident Joe Biden sprach hingegen von Vance als einem „Verfechter einer extremen MAGA-Agenda“. In einer Erklärung hieß es – ohne genaue Referenz, worauf man sich beziehe:

„Er verspricht arbeitenden Menschen sehr viel. Aber derzeit wollen er und Trump die Steuern für Mittelklasse-Familien erhöhen, während sie mehr Steuernachlässe für die Reichen vorantreiben.“



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