Vizekanzler Habeck zu Besuch in der Ukraine – Treffen mit Selenskyj
Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) ist zu einem Besuch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew eingetroffen, er kam per Zug. Er wird begleitet von einer Wirtschaftsdelegation. Im Mittelpunkt der Reise stehen die jüngsten Angriffe Russlands auf die ukrainische Energie-Infrastruktur, Nothilfe, die Stärkung der ukrainischen Wirtschaft und die Wirtschaftsbeziehungen zu Deutschland.
Zudem dient die Reise laut Wirtschaftsministerium dazu, die Ukraine-Wiederaufbaukonferenz vorzubereiten, welche die Bundesregierung gemeinsam mit der ukrainischen Regierung am 11. und 12. Juni 2024 in Berlin ausrichtet. Bei den Gesprächen in Kiew soll es unter anderem auch um konkrete Nothilfe und die bilateralen Wirtschafts-, Energie- und Klimabeziehungen gehen.
Habeck: „Und ein Kampf um Freiheit ist es“
Habeck sagte bei seiner Ankunft, der Besuch falle in eine Zeit, in der die Ukraine in ihrem Kampf um Freiheit jede Unterstützung brauche. „Und ein Kampf um Freiheit ist es.“ Er fügte hinzu: „Ja, die Ukraine kämpft für ihre eigene Selbstbestimmung, für ihre territoriale Integrität gegen Putins Aggression, aber sie kämpft eben auch für die Werte, die Europa eint und ausmacht.“
Russland hat seine Raketen- und Bombenangriffe auf die Ukraine zuletzt verstärkt. Dabei haben die Angreifer zuletzt auch viele ukrainische Kraftwerke ausgeschaltet.
Am Wochenende hatte die Bundesregierung angekündigt, dem Land ein weiteres Patriot-Luftabwehrsystem zu liefern. Habeck sagte, Russlands Präsident Wladimir Putin ziele neben der militärischen Zerstörung an der Front auch auf die Zivilbevölkerung.
In den vergangenen Wochen hat die Ukraine ihrerseits in Russland stetig Öfraffinerien angegriffen. Einige davon befinden sich durchaus tief im Land, etwa wie beim Angriff in der Region Samara, 800 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt. Es wurden Kampfdrohnen verwendet.
Daraufhin stieg der Preis für Benzin in Russland, es wurde ein umfangreiches Ausfuhrverbot verhängt. Nur Armenien, Belarus, Kasachstan, Kirgisistan, Usbekistan und Mongolei erhalten noch Benzin aus Russland.
Die russischen Raffineriekapazitäten wurden laut „Reuters“ um etwa 14 Prozent reduziert. Fast die Hälfte aller großen Raffinerien – etwa 30 – seien angegriffen wurden. Teilweise auch mehrfach, so Oberst Markus Reisner vom Österreichischen Bundesheer in einer seiner Analysen. Washington fürchtet laut „Financial Times“ Auswirkungen auf die weltweiten Ölpreise. Sofern die Ukraine große Exportterminals angreift, könnte es weltweit zu Schwierigkeiten kommen.
Treffen mit Selenskyj
In Kiew will Wirtschaftsminister Robert Habeck unter anderen Präsident Wolodymyr Selenskyj, Wirtschaftsministerin Julia Swyrydenko sowie Energieminister Herman Haluschtschenko treffen, wie das Wirtschaftsministerium mitteilte.
Habeck wird bei seiner Reise von einer Wirtschaftsdelegation begleitet. Dies zeige, „dass auch die deutsche Wirtschaft die Zukunft der Ukraine in Europa fest im Blick hat“, erklärte Habeck. „Zur umfänglichen Unterstützung der Ukraine gehören auch die Unterstützung einer widerstandsfähigen Energieversorgung und des Wiederaufbaus.“
Damit dieser gelinge seien „privatwirtschaftliche Investitionen zentral“, betonte der Minister. Die Ukraine biete als künftiges EU-Mitglied mit einer „sehr gut ausgebildeten Bevölkerung“ Chancen für deutsche und internationale Unternehmen.
Es ist Habecks zweiter Besuch in der Ukraine seit Beginn der russischen Invasion im Februar 2022. Im Anschluss reist der Vizekanzler weiter in die Republik Moldau, wo er Ministerpräsident Dorin Recean treffen wird.
Improvisationsfähigkeiten der Ukrainer
Das Bundeskabinett hatte in der vergangenen Woche einen 15-Punkte-Plan zum wirtschaftlichen Wiederaufbau der Ukraine beschlossen. Im Zentrum des Maßnahmenpakets stehen finanzielle Zuschüsse und Zinsverbilligungen für kleine und mittlere Unternehmen in der Ukraine sowie Investitionsgarantien für deutsche Unternehmen.
Die Ukraine befindet sich in einer schwierigen Lage: Sie appelliert seit Monaten immer wieder an ihre Verbündeten, mehr Munition und mehr Mittel für die Luftabwehr zur Verfügung zu stellen. Derweil verbuchte die russische Armee in den vergangenen Wochen im Osten der Ukraine eine Reihe von Geländegewinnen.
Habeck erklärte, die Ukrainer hätten ihn bei seinem letzten Besuch vor einem Jahr mit ihrer Fähigkeit zur Improvisation beeindruckt. „Die Lage ist sicherlich herausfordernd, aber die Ukrainer haben es in den letzten zwei Jahren vermocht, immer wieder Stand zu halten. Und was Deutschland tun kann zur Unterstützung, das wird es tun.“
Solarenergie ideal für die Ukraine
Helmut Rauch, der Chef des Rüstungsunternehmens Diehl Defence, das die Flugabwehrsysteme Iris-T-SLM herstellt, begleitet Habeck. „Unser langfristiges Ziel ist natürlich, dass vor Ort in der Ukraine die Systeme selber gewartet werden können, repariert werden können und Ähnliches“, sagte Rauch. Bisher habe Diehl drei Systeme an die Ukraine geliefert. Mit Hilfe des Systems wird Kiew geschützt.
Der Präsident des Bundesverbands Solarwirtschaft, Jörg Marius Ebel, ist ebenfalls dabei. Er sieht in der Ukraine viel Potenzial für seine Branche. Solarenergie sei günstig und akzeptiert und zudem modular.
„Das heißt, sie ist auch für zukünftige Angriffe sehr, sehr gut geeignet, weil sie nicht mit einem Schlag bedroht oder gar ausgeschaltet werden kann. Sie kann ungeheuer schnell installiert werden und sie ist speicherbar und ist dadurch die ideale Form, in der Ukraine Energie und Strom zu erzeugen.“
Auch Moldau ist bedroht
Die prowestliche Führung des in die EU strebenden Landes sieht Moldau, das auch an die von Russland angegriffene Ukraine grenzt, durch Moskau bedroht. Seit Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine vor mehr als zwei Jahren sind auch die Spannungen zwischen Moldau und Transnistrien gestiegen.
Erst Ende Februar hatten die Separatisten Russland um Schutz „angesichts des zunehmenden Drucks durch Moldau“ gebeten. Beobachter werfen Russland vor, die Lage in der Region gezielt mit Provokationen zu destabilisieren. „Moskaus Aggression wirkt sich mit voller Wucht auch auf die Nachbarn der Ukraine aus“, erklärte Habeck. (dpa/afp/red)
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