Anschlag von Halle: Kritik an Seehofer nach Äußerungen über Gamer-Szene

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Horst Seehofer.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Epoch Times13. Oktober 2019

Mit Äußerungen über die sogenannte Gamer-Szene im Zusammenhang mit dem Anschlag von Halle hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) viel Kritik auf sich gezogen.

Seehofer sagte der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ zur möglichen Bedeutung der Computerspiele im Zusammenhang mit der Tat, „das Problem ist sehr hoch“. Der Attentäter von Halle, Stephan B., galt als Teil der Gamer-Szene.

Seehofer sagte der ARD-Sendung, die am Sonntagabend ausgestrahlt werden sollte, viele der potenziellen Täter kämen aus der Szene und würden sich Simulationen geradezu als Vorbild nehmen. Deshalb müsse genau hingeschaut werden, ob es noch um ein Computerspiel gehe „oder eine verdeckte Planung für einen Anschlag“.

In einem von der ARD vorab auf Twitter veröffentlichten Ausschnitt des Interviews sagte Seehofer weiter, „und deshalb müssen wir die Gamer-Szene stärker in den Blick nehmen“.

Computerspiele-Verband: Seehofer lenkt von den wirklichen gesellschaftlichen und politischen Ursachen für solche Taten ab

Der Verband der deutschen Games-Branche, Game, sprach von einem Generalverdacht durch den Bundesinnenminister. Dies zeuge „vor allem von Unkenntnis und Hilflosigkeit und lenkt von den wirklichen gesellschaftlichen und politischen Ursachen für solche Taten ab“, erklärte Game-Geschäftsführer Felix Falk.

Eigentlich müsse längst klar sein, dass so wenig wie Filme und Bücher auch Computerspiele für Hass und Gewalt verantwortlich gemacht werden können, erklärte Falk weiter.

B. hatte seinen Anschlag gefilmt und die Aufnahmen auf der Gaming-Plattform Twitch live übertragen. Das Portal ist eigentlich dafür gedacht, dass Spieler anderen live zeigen, wie sie ein Videospiel spielen. Sein Twitch-Konto hatte B. erst kurz vor dem Angriff eingerichtet.

Thüringer Verfassungsschutz-Chef: Für Rechtsxtremisten in der Gamer-Szene sind „Shooter-Spiele wichtig

Für den Präsidenten des Thüringer Verfassungsschutzes, Stephan Kramer, kam der Anschlag von Halle prinzipiell nicht überraschend. „Der Modus Operandi ist nach den Anschlägen von Anders Breivik in Oslo, Brenton Tarrant in Christchurch und Patrick Crusius in El Paso, um nur einige Angriffe zu nennen, nicht neu. Wir haben davor gewarnt, dass es jederzeit auch in Deutschland passieren kann“, sagte Kramer dem „Tagesspiegel“ (Montagausgabe).

Gleichzeitig warnte Kramer vor Rechtsextremismus in der Gamer-Szene im Internet. Teile der Szene seien eine Plattform für Rechtsextremisten, „um sich zu vernetzen und um sich gegenseitig in ihrem Hass zu bestärken, zu messen und zu motivieren. Alles vom Sofa zu Hause aus“, sagte Kramer der Zeitung.

Der mit einer Helmkamera ausgerüstete Attentäter von Halle, Stephan B., war in Gamer-Plattform „Twitch“ aktiv und hatte über sie seinen Anschlag live übertragen.

Eine wichtige Rolle für Rechtsxtremisten in der Gamer-Szene nähmen „Shooter-Spiele“ ein, sagte Kramer. „Hier entsteht für den entsprechenden Personenkreis, durch die Mischung von Hass, Gewalt, Maskulinität und Sexualität, ein Treibhaus zur Befriedigung und weiteren Radikalisierung“.

Kramer selbst, ehemals Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland und einziger jüdischer Verfassungsschutzchef, wird von Antisemiten bedroht.

„Als Jude und Chef einer Sicherheitsbehörde bin ich gleich doppelt das Ziel von Hass und Hetze“, sagte Kramer. „Auch ich spüre, wie viele andere Politiker, Behördenvertreter und politisch Engagierte, dass Gewaltandrohungen und Anfeindungen immer brutaler werden und mehr zum Alltag gehören“. Kramer betonte, „ich kontrolliere jetzt regelmäßig die Radmuttern an meinem Wagen“, sagte er dem „Tagesspiegel“. (afp)



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