Verhandler melden Fortschritte für deutsch-französischen Vorschlag zu EU-Reform
Deutschland und Frankreich haben vor ihren Regierungsgesprächen letzte Hand an einen gemeinsamen Vorschlag zur Reform der Eurozone gelegt.
Eine Einigung auf die lange erwartete Reformagenda sei „in Reichweite“, erklärte Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire am Samstag nach neuerlichen Beratungen mit seinem deutschen Kollegen Olaf Scholz (SPD). Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kündigte für das Treffen am Dienstag in Meseberg gemeinsame Antworten auf die Herausforderungen für Europa an.
Europäische Verhandlerkreise sprachen am Wochenende von „wirklichen Fortschritten“ in besonders „sensiblen“ Fragen wie dem von Frankreich geforderten gemeinsamen Budget für die Eurozone. Es gebe noch zwei oder drei offene Punkte, die spätestens bei den Regierungsberatungen auf Schloss Meseberg gelöst werden sollten.
Die Reformvorschläge sollen dann in der Folgewoche dem EU-Gipfel in Brüssel vorgelegt werden. Nach Angaben aus Brüsseler Diplomatenkreisen wird auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker an den Gesprächen in Meseberg teilnehmen.
Den großen Wurf bei der Reform zur Vertiefung der Eurozone, den Frankreichs Präsident Emmanuel Macron im vergangenen Jahr in seiner Rede an der Sorbonne skizzierte, wird es wegen deutscher Vorbehalte wohl nicht geben. Macron will mehr, als Merkel zuzugestehen bereit ist.
Das gemeinsame Budget für die Eurozone sollte nach Macrons Vorstellung mehrere hundert Milliarden Euro umfassen. Merkel will aber nur einen „Investivhaushalt“ im unteren zweistelligen Milliardenbereich zulassen.
Frankreich dringt nach Verhandlerangaben darauf, in Meseberg das Prinzip eines gemeinsamen Eurozonen-Haushalts überhaupt zum ersten Mal festzuschreiben. Das Budget soll dazu dienen, Ländern mit Finanzschwierigkeiten künftig besser helfen zu können.
Den Vorschlag Merkels, mithilfe des Euro-Rettungsfonds ESM unverschuldet in eine Krise geratene Länder kurzfristig zu unterstützen, hält Paris für nicht ausreichend. „Das allein ist nicht genug“, sagte Finanzminister Le Maire dem „Spiegel“. „Dieser Vorschlag macht ein eigenes Eurozonenbudget nicht überflüssig“.
Die Idee eines Eurozonen-Budgets ist in Merkels Union, insbesondere bei der CSU, sehr unpopulär. Die Kanzlerin steht von Seiten der CSU auch im Streit um die Asylpolitik unter starkem Druck. Das Thema Migration soll auch bei den gemeinsamen deutsch-französischen Vorschlägen zu europäischen Reformen eine wichtige Stellung einnehmen.
Widerstand gegen ein gemeinsames Eurozonen-Budget kommt aber auch aus anderen EU-Ländern. Der niederländische Finanzminister Wopke Hoekstra lehnt einen solchen neuen Finanztopf ab: „Mir konnte noch niemand sagen, welches Problem wir damit lösen sollen“, sagte Hoekstra der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Montagsausgabe). Die angestrebte Stärkung der Eurozone „erreichen wir aber nicht dadurch, dass wir mehr Geld ausgeben oder Mittel zusammenlegen“.
Merkel äußerte sich am Samstag in ihrem Video-Podcast zu der europäischen Reformdebatte. Dabei hob sie den Bereich einer gemeinsamen Außen-, Verteidigungs- und Sicherheitspolitik hervor: „Hier sind wir ein ganzes Stück vorangekommen“, sagte die Kanzlerin.
Die deutsch-französische Freundschaft sei seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges für jeden Bundeskanzler und auch für sie von überragender Bedeutung, betonte Merkel. Sie sei „wichtig für das Friedenswerk Europa“, aber sie müsse „angesichts von vielen Veränderungen auch immer wieder gepflegt und erneuert werden“.
An dem deutsch-französischen Ministerrat in Meseberg werden neben Merkel und Macron auch die Wirtschafts-, Finanz- und Außenminister beider Länder sowie die Minister für Verteidigung und Forschung teilnehmen.
Frankreich erhofft sich vom Ministerrat und vom EU-Gipfel zudem „ein Maximum an Einigungen“, wie der Elysée-Palast am Freitag erklärte. Paris hoffe dabei auch auf Einigungen bei der Angleichung des Asylrechts, beim Grenzschutz und bei Maßnahmen in den Herkunfts- und Transitländern von Migranten. (afp)
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