Venezuela: Mehr als 1.000 Festnahmen nach Präsidentenwahl – Maduro hat keine Detailergebnisse vorgelegt

Nach wie vor kommt es in Venezuela zu Ausschreitungen nach der Präsidentenwahl vom Sonntag. Die Opposition will anhand detaillierter Ergebnisse aus den Stimmbezirken beweisen können, dass ihr Kandidat González deutlich gewonnen habe. Staatschef Maduro gibt sich unbeeindruckt.
Präsident Nicolas Maduro gestikuliert auf einem Balkon des Präsidentenpalastes in Caracas.
Präsident Nicolas Maduro gestikuliert auf einem Balkon des Präsidentenpalastes in Caracas.Foto: Fernando Vergara/AP
Von 1. August 2024

In Venezuela bleibt die Stimmung nach den Präsidentschaftswahlen vom Sonntag, 28. Juli, gespannt. Amtsinhaber Nicolás Maduro stellte der Opposition am Mittwoch in Aussicht, eine Überprüfung der Wahlergebnisse durch den Obersten Gerichtshof anzuordnen. Auf diese Weise will er „sich der Justiz unterwerfen“ und zeigen, dass er bereit sei, „vorgeladen, befragt und einer Untersuchung unterzogen“ zu werden.

Opposition präsentiert detaillierte Zahlen – Regierung noch gar keine

Die zentrale Wahlkommission (CNE) hat am Sonntag bei einem Auszählungsstand von 80 Prozent der Stimmen mitgeteilt, dass Maduro mit 51,2 Prozent uneinholbar in Führung liege. Sein aussichtsreichster Gegenkandidat Edmundo González Urrutia habe 44,2 Prozent der Stimmen erreicht.

Demgegenüber hat die Opposition weit davon abweichende Zahlen ins Treffen geführt. Ihr zufolge hat González mit 67,19 Prozent deutlich die Wahl gewonnen. Maduro habe demgegenüber nur 30,44 Prozent auf sich vereinen können.

Der Opposition zufolge kann sich diese Berechnung auf 24.576 digitalisierte Wahlprotokolle aus den Stimmbezirken stützen, die am Ende des Wahlvorgangs ausgedruckt und von Wahlbeobachtern fotografiert worden seien. Die Resultate sind demnach bis auf die lokale Ebene der einzelnen Wahllokale heruntergebrochen. Allerdings sind nur die behaupteten Ergebnisse vermerkt. Die abfotografierten Protokollzettel selbst sind nicht abgebildet.

Ankündigung von Maduro besänftigt Opposition nicht

Die offizielle Wahlbehörde hat ihrerseits bis heute noch keine Detailergebnisse bekannt gegeben. Der Server der CNE ist derzeit (Stand: 01.08.2024, 05:00 Uhr MEZ) gar nicht erreichbar. Maduro macht einen Hackerangriff auf die Wahlkommission für die Lage verantwortlich. Er kündigte an, die Ergebnisse, sobald sie verfügbar seien, nachzureichen. Fachleute arbeiteten gerade an einer Beseitigung der Schäden. Man sei auch bereit, alle Wahlprotokolle zur Wahl vom Sonntag offenzulegen.

Unterdessen geben sich weder die Opposition noch die bereits zuvor kritischen internationalen Stimmen mit dem Vorschlag Maduros zufrieden, den Obersten Gerichtshof mit der Überprüfung zu betrauen. Diese erklären, der Gerichtshof sei mit Personen besetzt, die Maduro politisch nahestehen. Eine unabhängige Überprüfung sei daher nicht möglich.

Die Richter würden von Bundesbeamten vorgeschlagen und von der Nationalversammlung bestätigt. In dieser verfügen Maduros Anhänger seit einer international umstrittenen Wahl 2020 über eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Auch das US-amerikanische Carter Center, das 17 Beobachter zur Wahl entsenden durfte, äußerte, man sei nicht in der Lage, die Wahlergebnisse zu ratifizieren. Die Einrichtung macht die Regierung in Venezuela für einen „vollständigen Mangel an Transparenz“ verantwortlich.

Rubio appelliert an Sicherheitskräfte: „Befehle zur Niederschlagung von Opposition verweigern“

Vor allem aus den USA kommen nach wie vor kritische Stellungnahmen zum verkündeten Wahlergebnis in Venezuela. Floridas Senator Marco Rubio appellierte an die Polizei und die Streitkräfte des Landes, sich möglichen Befehlen zur Niederschlagung von Protesten zu verweigern.

Dies sei, so Rubio, die zwangsläufige Folge der Weigerung Maduros, seine Wahlniederlage zu akzeptieren, sowie dessen zunehmender internationaler Isolation.

Mittlerweile steigt auch der Druck vonseiten politisch nahestehender ausländischer Staatschefs auf Maduro, die Wahlergebnisse transparent zu machen. Kolumbiens sozialistischer Präsident Gustavo Petro forderte Maduro am Mittwoch dazu auf, detaillierte Ergebnisse der Wahlen zu veröffentlichen.

Bereits einen Tag zuvor hatte sich Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva gemeinsam mit US-Präsident Joe Biden für eine „sofortige Veröffentlichung vollständiger, transparenter und detaillierter Ergebnisse bis in die einzelnen Wahllokale“ ausgesprochen.

Maduro fordert Anhänger zum Kampf „gegen den Faschismus und für den Frieden“ auf

Lula erklärte am Mittwoch, dass auch die angekündigte Überprüfung der Ergebnisse durch den Obersten Gerichtshof kein gleichwertiger Ersatz dafür wäre. Stattdessen verwies er auf eine Stellungnahme des Außenministeriums in Rio de Janeiro, in der es hieß, die Detailergebnisbekanntgabe sei eine „unabdingbare Voraussetzung für Transparenz, Glaubhaftigkeit und Legitimität des Wahlergebnisses“. Der brasilianische Staatschef betonte:

„Je größer die Transparenz ist, umso größer seine [Maduros] Chance, den erforderlichen Frieden zu haben, um Venezuela regieren zu können.“

Unterdessen haben Maduro und Parlamentspräsident Jorge Rodríguez ihre Anhänger am Dienstag dazu aufgerufen, „für Frieden und gegen Faschismus“ zu demonstrieren. Auf diese Weise solle man „den Sieg feiern und den Frieden der Republik verteidigen“.

Zuvor hatte der Präsident Gewalt am Rande von Protesten verurteilt. Wie „amerika21“ berichtet, soll es in mehreren Bezirken des Landes zu schweren Ausschreitungen und Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten gekommen sein. In Jiménez, Bundesstaat Lara, soll das Rathaus, im Bezirk Coche im Südwesten von Caracas ein Krankenhaus in Brand gesetzt worden sein.

Berichte über Personen, die zu Schaden gekommen seien, sind häufig nicht bestätigt. Allerdings berichten Quellen von drei Toten und mehr als 40 Verletzten. Verteidigungsminister Vladimir Padrino wurden 23 Soldaten und 25 Polizisten verletzt; ein Nationalgardist sei erschossen worden.

Unter authentisches Videomaterial mischen sich Fakes und veraltete Aufnahmen

Maduro spricht von einem „Putschversuch“, wie es diese bereits 2014 und 2017 gegeben habe. Die Generalanwaltschaft, so der Präsident, ermittle bereits gegen die „geistigen Urheber und Finanziers“. Es sei zu massiven Schädigungen öffentlichen Eigentums im gesamten Land gekommen – in einigen Städten auch zur Zerstörung von Statuen des Ex-Staatschefs Hugo Chávez.

Der Generalstaatsanwalt äußerte am Mittwoch, es sei landesweit bereits zu mehr als 1.000 Verhaftungen im Zusammenhang mit Protesten gegen die Wahl gekommen. Videos in sozialen Medien sollen die Verwüstung von Wahlbüros zeigen. Allerdings sind viele verbreitete Aufnahmen nicht verifizierbar, einige wurden auch schon als Filmdokumente älteren Datums entlarvt.

In den vergangenen Tagen sind die Proteste etwas abgeflaut. Die Regierung steht dennoch unter Zugzwang. Die Forderung nach Veröffentlichung der Detailergebnisse zielt ins Zentrum der Glaubwürdigkeit ihrer Angaben über den Wahlausgang. Je länger die Führung in Caracas diese hinauszögert, umso stärker gerät sie in die Defensive.



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