Vater von Billy Six zu Epoch Times: Prozess soll vor Militärgericht in Venezuela begonnen haben
Wie die Eltern des seit 17. November 2018 im Geheimdienstgefängnis „El Helicoide“ in Venezuelas Hauptstadt Caracas inhaftierten Journalisten Billy Six über inoffizielle Quellen in Erfahrung gebracht haben, soll am heutigen Mittwoch der Prozess gegen ihren Sohn vor einem Militärgericht beginnen.
Verifiziert werden konnte die Nachricht jedoch nicht. Billys Vater, Edward Six, erklärte im Gespräch mit „Epoch Times“, die Informationen aus den ihm zugänglichen Quellen seien nicht eindeutig. Es habe Hinweise gegeben, dass Billy Six zu dem, wie sein Vater erwartet, „reinen Schauprozess“ in den Bundesstaat Falcón verlegt werden könnte. Dort habe auch die Verhaftung stattgefunden.
Anderen Anhaltspunkten zufolge befinde sich der Journalist noch in Caracas. Da sich auch in Falcón in den letzten Tagen die Sicherheitslage infolge sich ausweitender Proteste gegen das sozialistische Regime von Präsident Nicolás Maduro verschärft habe, könnte dies auch Auswirkungen auf das weitere Schicksal des deutschen Journalisten haben.
Dolmetscher mit unzureichenden Englischkenntnissen
Die Anklage gegen Six soll drei Punkte umfassen: Der Vorwurf der „Rebellion“ stützt sich demnach offenbar auf den Inhalt von Publikationen, die der Journalist, der das Land bereits mehrfach bereist hatte, in verschiedenen Medien über die Lage in Venezuela veröffentlicht hat. Die „Spionage“ soll darin bestanden haben, dass Six Bilder von einer Militärparade des Regimes veröffentlicht hatte, auf denen sich angeblich auch Abbildungen von Gerätschaften befunden haben sollen, die einem Fotografier-Verbot unterliegen.
Die „Verletzung von Sicherheitszonen“ wollte das Regime, so mutmaßt Edward Six, daraus konstruiert haben, dass sein Sohn sich auf einen Sicherheitszaun am Rande einer Kundgebung gestützt und von dort aus Bilder des venezolanischen Diktators aufgenommen habe.
Bei Eltern und Freunden von Billy Six sind die Hoffnungen auf einen fairen Prozess im Schwinden. Neben dem bisherigen Verlauf des Verfahrens, das offiziell erst vor wenigen Tagen begonnen habe, spricht bereits die Tatsache, dass damit ein ziviler Journalist vor einem Militärgericht angeklagt werden soll, für eine rein politische Motivation des Verfahrens.
Auch die anwaltliche Vertretung scheint rechtsstaatlichen Mindestanforderungen allenfalls der Form nach zu genügen. Bei der ersten Vernehmung vor dem Militärgericht am 18. November 2018 war, so informiert der Vater von Billy Six, ein „Pseudo-Anwalt“ zugegen, dem eine effektive Verteidigung allein schon dadurch de facto unmöglich gemacht worden wäre, dass der ebenfalls anwesende offizielle Spanisch-Englisch-Dolmetscher in einem völlig unverständlichen Englisch gesprochen habe.
Mandatserteilung an Wahlverteidiger verzögert
Ein Wahlverteidiger sei bereit, das Mandat zu übernehmen. Seit dem Besuch des deutschen Botschafters am 9. Januar, im Zuge dessen der Journalist erstmals seit seiner Verhaftung auch mit seinen Eltern sprechen konnte, habe jedoch niemand mehr Billy Six besuchen oder mit ihm sprechen können. Ein Wärter sei vor seiner Zelle postiert, um unerwünschten Informationsfluss zu unterbinden. Das einzige Telefon im Gefängnis, ein Festnetzapparat, sei defekt. Besuche müssten angemeldet werden und ihre Genehmigung unterläge der Willkür der Gefängnisverwaltung.
Um den Wahlverteidiger offiziell beauftragen zu können, müsste eine Geschäftsträgerin der deutschen Botschaft bei ihm die entsprechenden Unterschriften einholen. Anschließend müsste das Gericht das Mandat noch bestätigen. Die Behörden in Venezuela scheinen keine Eile zu haben, wenn es darum geht, diese Abläufe zu ermöglichen. Am heutigen Mittwoch solle die zuständige Mitarbeiterin der Botschaft endlich Zugang erlangen. Sollte der Prozess tatsächlich heute begonnen haben, wäre es dafür möglicherweise aber bereits zu spät.
Wie die „Junge Freiheit“ berichtet, drohen Billy Six im Fall einer Verurteilung bis zu 28 Jahre Haft. Auch der Geschäftsführer von „Reporter ohne Grenzen“, Christian Mihr, spricht von einer Farce: „Nach venezolanischem Gesetz hat jeder Beschuldigte das Recht, vom Beginn der Ermittlungen an von einem Verteidiger seiner Wahl vertreten zu werden. Dieses Recht wird Billy Six seit seiner Festnahme vor mehr als zwei Monaten verwehrt.“
Auch Espacio Público, die Partnerorganisation von Reporter ohne Grenzen (ROG) vor Ort, soll trotz intensiver Bemühungen noch keinerlei Akteneinsicht erhalten haben.
Auf Facebook hatte es eine Kontroverse über die Position der „Reporter ohne Grenzen“ gegeben. Die Vereinigung hatte Billy Six wegen seiner von Aktionismus begleiteten Kritik an der Arbeit des Rechercheverbundes „Correctiv“ in Sachen MH17 getadelt und einer Überschrift zu einer Pressemitteilung zufolge lediglich ein „faires Verfahren“ gefordert.
Nach kritischen Reaktionen hat die NGO mittlerweile ihre Erklärung dahingehend ergänzt, dass sie eine „unverzügliche Freilassung in einem rechtsstaatlichen Verfahren“ fordere. Dass ein solches vor einem Militärgericht in Venezuela realistisch zu erwarten sei, davon geht die Aktion „Free Billy Six“ jedoch nicht aus.
Kein Hinweis auf strafrechtliche Ermittlungen
Edward Six zufolge habe es im Vorfeld der Einreise seines Sohnes nach Venezuela keinerlei Hinweise darauf gegeben, dass gegen diesen strafrechtliche Ermittlungen laufen würden, oder ihm in sonstiger Weise Verfolgung drohe. Im Gegenteil sei lediglich von den USA bekannt, dass Billy Six auf einer schwarzen Liste stehe und deshalb nicht einreisen könne. Dies stehe offenbar im Zusammenhang mit früheren Aufenthalten in Syrien oder Aktivitäten im Zusammenhang mit der MH17-Katastrophe über der Ostukraine 2014, wo der Journalist wiederholt Darstellungen in Zweifel gezogen hatte, die Russland oder die von ihm unterstützten separatistischen Rebellen im Donbass belasten.
Billy Six sei am 16. November in eine Identitätskontrolle in einer Diskothek geraten und habe keine Ausweispapiere bei sich gehabt, schildert sein Vater gegenüber der Epoch Times den Hergang der Ereignisse. Exekutivbeamte hätten ihn daraufhin ins Hotel begleitet und sich den Pass zeigen lassen. Ob sie dabei auch den Laptop kontrolliert hätten und auf die inkriminierten Fotos gestoßen wären, oder ob sie eine Google-Abfrage des Namens aufhorchen ließ, sei nicht geklärt. Billy Six sei jedoch anschließend festgenommen worden.
Natürlich wäre es ihm als Vater lieber gewesen, sein Sohn würde seinem Beruf von einem Büro oder sicheren Hotelzimmer aus nachgehen, als stetig an den gefährlichsten Orten der Welt präsent zu sein, meint Edward Six auf die Frage, ob er mit ihm im Vorfeld seiner Mission in Venezuela über mögliche Risiken gesprochen habe. „Aber Billy will sein, wo Geschichte passiert, beide Seiten hören, alle Beteiligten zu Wort kommen lassen.“
Dieser Grundsatz habe auch seine Tätigkeit in Venezuela geprägt, wo er bereits 2017 über die dortigen Unruhen berichtet hatte. Schon damals lautete sein Fazit: „Es gibt gute Seelen auf beiden Seiten.“
Offenbar ist jedoch bereits sein Bekenntnis zum Realismus, das auch in seinen Videos über die Lage in Venezuela zum Ausdruck kommt, mehr als die kommunistische Diktatur im ehemals viertreichsten Land der Welt ertragen kann:
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