„Utopische Phantasien“ – Ungarn kündigt Widerstand gegen EU-Klimapläne an
Rund zehn Tage vor der nächsten Weltklimakonferenz zeichnet sich in der Europäischen Union ein Konflikt über die künftigen Klimapläne ab. Der ungarische Regierungschef Viktor Orban rief die EU-Kommission am Donnerstag beim Brüsseler Gipfel auf, ihre Vorschläge „vollständig zu überdenken“. Teils handele es sich um „utopische Phantasien“, sagte er zu dem Vorschlag, künftig auch den Verkehrssektor und Gebäude in den Emissionshandel einzubeziehen.
Orban argumentierte, das Vorhaben heize die deutlich gestiegenen Energiepreise weiter an und werde „die europäische Mittelschicht umbringen“. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte zuvor betont, der Preisanstieg habe nichts mit den Klimaplänen zu tun und die EU solle „besonnen“ reagieren. Die UN-Klimakonferenz beginnt am 31. Oktober in Glasgow.
Der österreichische Bundeskanzler Alexander Schallenberg sagte, Energie dürfe nicht „zu einem Luxusgut“ werden. Es sei aber „der falsche Ansatz“, wegen hoher Gas- und Spritpreise den Klimaschutz in Frage zu stellen.
Morawiecki: „Wirtschaftliche Erpressung“ durch Russland
Mit dem im Juli vorgestellten Klimapaket der Kommission soll die EU bis 2030 ihre Emissionen um 55 Prozent gegenüber 1990 senken. Brüssel spricht sich zudem für ein Verkaufsverbot von Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035 aus. Die Pläne sind auch in Deutschland umstritten.
Vor allem südeuropäische Länder wie Spanien und Griechenland sind durch den Energie-Preisanstieg unter Druck geraten. Spanien dringt ähnlich wie bei Impfstoffen auf gemeinsame Gas-Einkäufe und eine strategische EU-Reserve. Regierungschef Pedro Sánchez kritisierte vor dem Gipfel, die EU bewege sich „langsamer als gewünscht“.
Der polnische Regierungschef Mateusz Morawiecki machte die „wirtschaftliche Erpressung“ durch Russland und den staatlichen Gazprom-Konzern verantwortlich. Eine Inbetriebnahme der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 nach Deutschland werde das Problem noch verschärfen, warnte er.
Kommission soll Strom- und Gasmarkt untersuchen
Länder wie Tschechien oder Polen machen auch Spekulation und den steigenden CO2-Preis für den Energie-Preisanstieg mitverantwortlich. Im EU-Emissionshandelssystem müssen etwa Stromanbieter für den Ausstoß von Treibhausgasen wie CO2 zahlen. Die Kommission sagte zuletzt, der Handel mit CO2 sei nur für ein Fünftel des Anstiegs der Energiepreise verantwortlich.
Die EU-Länder riefen die Kommission und ESMA auch dazu auf, den Strom- und Gasmarkt zu untersuchen. Der spanische Premierminister Pedro Sanchez hatte zuvor vorgeschlagen, den europäischen Strommarkt zu reformieren. Damit erhofft sich das Land, den Einfluss des Gaspreises auf den Strompreis zu reduzieren. Kanzlerin Angela Merkel plädierte für eine marktwirtschaftliche Lösung. Das Thema Energiepreise soll bei einem Gipfel im Dezember wieder aufgegriffen werden.
Die Staats- und Regierungschefs diskutierten auf dem Gipfel mehrere Stunden lang über die Energiepreise. Das zeige, wie „fokussiert“ die politischen Spitzen auf das Thema seien, erklärte ein EU-Diplomat.
EU-Staaten uneins bei bezahlbarer Energie
Aus den Schlussfolgerungen ging dann hervor, dass sich die Staats- und Regierungschefs darauf verständigten, den Gründen für den Preisanstieg genauer auf den Grund zu gehen.
Zunächst sollen die EU-Länder demnach national eingreifen, um Verbraucher und Unternehmen kurzfristig vor hohen Kosten zu schützen. Die Diskussionen sollen bei einem Sondertreffen der Energieminister am nächsten Dienstag fortgeführt werden.
Die stundenlangen Gespräche seien unter anderem vom tschechischen Premierminister Andrej Babis aufgehalten worden, hieß es aus EU-Kreisen. Er habe darauf gepocht, das Emissionshandelssystem der EU in den Schlussfolgerungen zu erwähnen. Dort steht nun, dass die Kommission sich gemeinsam mit der EU-Finanzaufsicht ESMA den Markt für Emissionen von Kohlenstoffdioxid (CO2) genauer anschauen soll. Die Kommission solle bestimmen, ob Maßnahmen gegen „gewisses Handelsverhalten“ nötig seien.
Beim zweiten Gipfel-Tag am Freitag soll es unter anderem um Migration und Digitales gehen. (afp/dpa/oz)
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