USA wollen temporären Gaza-Hafen für Hilfen
Angesichts der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen sollen neben Lieferungen aus der Luft nun auch Güter über den Seeweg kommen. Das US-Militär will dafür zusammen mit internationalen Partnern einen temporären Hafen in dem Palästinensergebiet einrichten. An einem Pier des Hafens sollen große und mit Hilfsgütern beladene Schiffe andocken können, wie ein hochrangiger US-Regierungsvertreter mitteilte.
Deutschland wird sich nach Angaben der Bundesregierung am geplanten Hilfskorridor für Gaza auf dem Seeweg beteiligen. „Jedes Hilfspaket, das in Gaza ankommt, zählt“, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts in Berlin zur Begründung. „Zur Umsetzung des Korridors stehen wir in ständigem Kontakt mit unseren Partnern, insbesondere mit Zypern, den Vereinigten Arabischen Emiraten, den USA und der EU-Kommission.“ Dazu halte sich zur Stunde die Sondergesandte für humanitäre Hilfe im Nahen und Mittleren Osten, Deike Potzel, in Zypern auf. Das berichtete auch der „Spiegel“.
Nach Angaben von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in soll das Vorhaben in Kürze starten. „Wir stehen jetzt kurz vor der Eröffnung des Korridors – hoffentlich diesen Samstag, diesen Sonntag“, sagte von der Leyen bei einem Treffen mit dem zyprischen Präsidenten Nikos Christodoulidis.
Bei den noch laufenden Hilfslieferungen aus der Luft hat es derweil einen tragischen Unglücksfall gegeben. Fünf Menschen wurden von einer vom Himmel stürzenden Ladung erschlagen, weil sich der Fallschirm nicht richtig geöffnet hatte, wie das von der islamistischen Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium auf Anfrage eines dpa-Mitarbeiters vor Ort bestätigte. Auf Videos in sozialen Medien war zu sehen, wie das große Hilfspaket praktisch ungebremst zu Boden stürzte. Mehrere Menschen seien zudem verletzt worden.
Mütter in Küstengebiet haben Probleme, Babys zu stillen
Der temporäre Hafen der USA soll „Kapazität für Hunderte zusätzlicher Lkw-Ladungen mit Hilfsgütern pro Tag“ bieten, erklärte ein weiterer US-Regierungsvertreter. Weitere Details zu den Plänen wurden zunächst nicht genannt.
Die USA und andere Staaten haben kürzlich auch damit begonnen, die Zivilbevölkerung im Gazastreifen aus der Luft mit Hilfsgütern zu versorgen. In dem Küstengebiet fehlt es am Nötigsten. Vertreter der Vereinten Nationen hatten zuletzt im Weltsicherheitsrat vor dem Hungertod Tausender Zivilisten gewarnt. Ein Mitarbeiter der dpa im Gazastreifen berichtete, viele junge Mütter hätten wegen der schlechten Ernährungslage Probleme, ihre Babys zu stillen.
Baerbock fordert Öffnung von mehr Grenzübergängen
„Die israelische Regierung muss endlich mehr Grenzübergänge für humanitäre Lieferungen öffnen und sicherstellen, dass diese Hilfe dann auch ankommt“, forderte Baebock. „Das ist ihre Verantwortung, gerade weil jedes einzelne Hilfspaket zählt.“ Das Leid in Gaza werde mit jedem Tag furchtbarer und sei kaum mehr in Worte zu fassen. „So kann es und darf es nicht weitergehen“, sagte die Grünen-Politikerin. Gleichzeitig mahnte sie, die israelischen Geiseln müssten endlich freigelassen werden.
Bei den Gesprächen über die Freilassung weiterer aus Israel entführter Menschen sowie eine Feuerpause im Gaza-Krieg gibt es weiter keinen Durchbruch. Teilnehmer der Hamas und der Vermittlerstaaten USA und Katar verließen die ägyptische Hauptstadt Kairo, wie es aus Sicherheitskreisen am Flughafen hieß. Die Vermittler hoffen auf eine Einigung bis zum muslimischen Fastenmonat Ramadan, der in diesem Jahr um den 10. März beginnt. Der staatsnahe ägyptische Sender Al-Kahira News zitierte eine nicht näher genannte hochrangige Quelle, wonach die Verhandlungen kommende Woche fortgesetzt werden sollen.
Laut Israel kommen mehr Hilfen nach Gaza als vor Krieg
Israel forderte derweil eine energische Zurückweisung des südafrikanischen Eil-Antrages zu humanitärer Hilfe im Gazastreifen durch den Internationalen Gerichtshof in Den Haag. Pretoria hatte das Gericht darin aufgefordert, Israel anzuweisen, humanitäre Hilfe in den Gazastreifen zu lassen. Israel handele im Einklang mit dem Völkerrecht und lasse sehr wohl humanitäre Hilfe in den Gazastreifen zu, schrieb ein Sprecher des israelischen Außenministeriums auf X. „Südafrika fungiert weiterhin als rechtlicher Arm der Hamas und agiert gegen das Recht Israels, sich und seine Bürger zu verteidigen und sich für die Freilassung der Entführten einzusetzen.“
Nach Angaben der israelischen Regierung kommen derzeit mehr Hilfsgüter in den Küstenstreifen als vor Kriegsbeginn. Es gebe keine Beschränkungen der Menge der Hilfslieferungen. Problem gebe es aber bei der Verteilung innerhalb des Gazastreifens.
Netanjahu: Werden gegen Hamas auch in Rafah vorgehen
Vielen Deutschen geht das militärische Vorgehen Israels in dem Palästinensergebiet als Reaktion auf den Terroranschlag der Hamas einer Umfrage zufolge zu weit. 50 Prozent der Befragten äußerten sich entsprechend in einer Umfrage des Instituts Infratest dimap für den ARD-Deutschlandtrend. Das sind den Angaben nach 9 Prozentpunkte mehr als bei einer vergleichbaren Umfrage im November. 28 Prozent halten die Reaktion demnach für angemessen, weiteren 5 Prozent geht sie nicht weit genug.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu pocht derweil weiter auf einen Militäreinsatz in Rafah, um dort gegen die verbliebenen Bataillone der Hamas vorzugehen. Man müsse internationalem Druck widerstehen und Versuchen, den Krieg zu beenden, gemeinsam entgegentreten, sagte Netanjahu. „Wer uns sagt, dass wir in Rafah nicht operieren sollen, sagt uns, dass wir den Krieg verlieren sollen.“
Auch nach fünf Monaten Krieg feuern extremistische Palästinenser weiter Geschosse aus dem Gazastreifen Richtung Israel. Israelischen Medien zufolge schlugen am Donnerstagabend drei Raketen auf israelischem Gebiet ein. Berichte über Verletzte oder Schäden gab es zunächst nicht.
Auslöser des Gaza-Krieges war das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels, bei dem Terroristen der islamistischen Hamas sowie anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober in Israel 1200 Menschen ermordet und 250 entführt hatten. Israel reagierte mit massiven Bombardierungen und einer Bodenoffensive im Gazastreifen. (dpa)
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