Trump-Regierung übernimmt Kontrolle über Corona-Daten selbst – „Weg über CDC zu langsam“

Das US-Gesundheitsministerium (HHS) hat Krankenhäuser und lokale Behörden angewiesen, die aktuellen Corona-Daten nunmehr direkt zu übermitteln statt zuerst an das Seuchenschutzzentrum CDC. Dessen Daten hätten Washington teils erst nach einer Woche erreicht.
Titelbild
Das Hauptquartier der Centers for Disease Control in Atlanta, Georgia, am 23. April 2020.Foto: TAMI CHAPPELL/AFP über Getty Images
Von 16. Juli 2020

Das US-Gesundheitsministerium (HHS) hat die Krankenhäuser im Land angewiesen, künftig direkt und tagesaktuell ihre Daten über Entwicklungen in der Corona-Pandemie an das Ministerium zu richten. Dies berichtet „Fox News“.

Bis dato waren diese erst an das nationale Seuchenschutzzentrum (CDC) in Atlanta gegangen, das in weiterer Folge die Regierung und die Öffentlichkeit über die Entwicklungen auf dem Laufenden gehalten hat.

Vier frühere CDC-Direktoren klagen über „politischen Druck“

Die Maßnahme, die am Mittwoch (15.7.) in Kraft trat, hat in liberalen Medien Kritik hervorgerufen. Auf diese Weise, so heißt es, würde Intransparenz in die Corona-Politik der US-Regierung Einzug halten und es stünde zu befürchten, dass wichtige Daten und Zusammenhänge vor der Öffentlichkeit verborgen blieben. Dies könne einen nachteiligen Effekt auf die Arbeit von Forschung und Modellberechnungen haben, weil die Daten des HHS anders als die des CDC nicht vollständig öffentlich zugänglich wären.

In der „Washington Post“ klagten sogar vier frühere CDC-Direktoren – Tom Frieden, Jeffrey Koplan, David Satcher und Richard Besser – über „politischen Druck“, der auf die Wissenschaftler der Einrichtung ausgeübt werde, und die „Politisierung wissenschaftlicher Daten“. Das CDC habe derzeit zwei Gegner, heißt es in ihrem Beitrag: „COVID-19, aber auch politische Führer und andere, die seine Arbeit unterminieren wollen“.

Die stimmigen Ergebnisse der Wissenschaft würden herausgefordert durch „parteiische Querschüsse, die Verwirrung stiften und Misstrauen säen in einer Zeit, da das amerikanische Volk Führung, Expertise und Klarheit braucht“. Dies habe zu einem landesweiten Gegenwind beigetragen, dem sich Beamte des öffentlichen Gesundheitswesens nun ausgesetzt sähen: „Diese Beamten wurden eingeschüchtert, bedroht und zum Rücktritt genötigt in einer Zeit, wo wir sie am meisten brauchen. Das ist unvertretbar und gefährlich.“

Ministerium: „Wir brauchen die Daten in Echtzeit“

In Washington hält man diese Beschwerden für vorgeschoben. Dort wirft man dem CDC vor, zu langsam und zu wenig effizient zu arbeiten. Außerdem seien die Richtlinien für den Umgang mit der Krise zu pauschal formuliert und würden der Komplexität unterschiedlicher Situationen in unterschiedlichen Bundesstaaten und Regionen nicht gerecht.

„Bis zuletzt benötigt das CDC mindestens eine Woche, um Krankenhausdaten zu übermitteln. Amerika braucht aber Echtzeitdaten“, erklärt ein Sprecher des Ministeriums. Deshalb würden die Daten, die Krankenhäuser erheben, künftig nicht zuerst an das CDC, sondern direkt ans Ministerium geschickt. Pro Tag müssten die Daten an eine zentrale Datenbank gesendet werden, die vom  HHS betrieben wird.

HHS-Sprecher Michael R. Caputo erklärte gegenüber der „New York Times“, das CDC werde weiterhin die Daten erhalten, es werde nur nicht länger entscheiden, was wann damit passiere:

Das neue, schnellere und vollständige Datensystem ist das, was unsere Nation jetzt braucht, um das Coronavirus zu besiegen, und das CDC, ein eigenständiger Teilbereich des HHS, wird auf jeden Fall teilnehmen an dieser koordinierten Antwort der gesamten Regierung. Es wird das Ganze nur nicht länger kontrollieren.“

HHS Protect wertet Informationen aus 225 Quellen aus

Dem HHS zufolge werden die Daten genutzt, um Entscheidungen auf Bundesebene vorzubereiten, unter anderem hinsichtlich der Anschaffung von persönlicher Schutzausrüstung, des Medikaments Remdesivir sowie weiterer Utensilien, Behandlungsformen und Ressourcen.

Auch der Direktor des CDC, Dr. Robert Redfield, erklärte am Dienstag, die Neuregelung habe bezüglich der Zugänge der Einrichtung zum Datenversorgungssystem keine Auswirkungen. Wie das Portal „Modern Healthcare“ berichtet, sei Redfield zufolge der Zugang derselbe geblieben, und niemand nehme dem CDC Zugriffsmöglichkeiten oder Daten weg.

HHS-Infomationschef José Arrieta macht darauf aufmerksam, dass die Plattform HHS Protect Informationen aus 225 separaten Datenquellen integriere. Zuvor hatten Krankenhäuser und Bundesstaaten COVID-19-Daten an das beim CDC angesiedelte National Healthcare Safety Network (NHSN) geschickt und diese hätten sie mit HHS Protect geteilt. Der Zwischenschritt über das NHSN fiele nun weg, um den Datentransfer zu vereinfachen und zu beschleunigen.

Corona-Richtlinien zur Schul-Wiedereröffnung sollen lokal bestimmt werden

Redfield wies jedoch Forderungen der Regierung zurück, die CDC-Richtlinien zum Umgang mit der Wuhan-Seuche zu überarbeiten. US-Regierungssprecherin Kayleigh McEnany erklärte gegenüber „Fox News“, diese seien in ihrer momentanen Form unbrauchbar.

Die Trump-Regierung wolle auf der Grundlage eines Best-Practice-Modells den lokalen Entscheidungsträgern selbst überlassen, wie sie ihre Richtlinien für den Schulbesuch ausgestalten.

Viele Richtlinien seien gar nicht praktikabel, so McEnany. So sei es unrealistisch, beispielsweise ein allgemeines Gebot zu erlassen, die eigene Schulverpflegung in die Schule mitzubringen, da viele ärmere Kinder darauf angewiesen wären, an den staatlichen Schulverpflegungsprogrammen teilzunehmen.

Auf der Basis lokaler Richtlinien, so heißt es aus Washington, könne man es den lokalen Entscheidungsträgern überlassen, die erforderlichen Vorkehrungen zu bestimmen, damit im Herbst die Schulen planmäßig wieder öffnen können.



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