USA reagieren mit Gegenschlag auf tödlichen Drohnenangriff – Biden: Weitere Militäraktionen folgen
Die USA haben den tödlichen Angriff proiranischer Milizen auf amerikanische Soldaten in Jordanien mit einem umfassenden Gegenschlag auf Ziele im Irak und in Syrien beantwortet. Die US-Luftwaffe beschoss in der Nacht zum Samstag nach eigenen Angaben mehr als 85 Ziele, darunter Kommandozentralen, Geheimdienststandorte und Waffenlager, die von iranischen Revolutionsgarden (IRGC) und mit ihnen verbundenen Milizen genutzt würden, wie das US-Regionalkommando Centcom in Washington mitteilte.
Der Irak übte umgehend scharfe Kritik. Die Angriffe verletzten die Souveränität des Iraks, mit unvorhersehbaren Konsequenzen für die ganze Region, sagte der Sprecher des Oberbefehlshabers der irakischen Streitkräfte in einer im Fernsehen verbreiteten Erklärung.
Am vergangenen Sonntag waren bei einem Drohnenangriff proiranischer Milizen in Jordanien in der Nähe der syrischen Grenze drei US-Soldaten getötet und zahlreiche weitere verletzt worden. Die Leichname wurden am Freitag auf den Luftwaffenstützpunkt Dover im US-Bundesstaat Delaware überstellt, wo ihnen US-Präsident Joe Biden die letzte Ehre erwies.
Nur wenig später begann der von ihm angekündigte Vergeltungsschlag. Dabei wurden nach US-Angaben sieben größere Stellungen ins Visier genommen – drei davon im Irak, vier in Syrien. Es sei darum gegangen, die Fähigkeiten der iranischen Revolutionsgarden und ihrer Verbündeten in der Region zu schmälern, weitere Attacken auf US-Kräfte zu verüben, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, in Washington.
Biden: Dies ist erst der Anfang
Die Luftangriffe seien erst der Anfang, es würden weitere Militäraktionen folgen, kündigte Biden an. Er betonte aber zugleich, die USA wollten keinen neuen Konflikt im Nahen Osten.
Die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in London berichtete, mindestens 18 Mitglieder proiranischer Milizen seien bei den US-Luftangriffen in Syrien getötet worden. Lokale Medien berichteten auch über mehrere Todesopfer sowie Verletzte im Irak, darunter sollen sich Milizionäre wie auch Zivilisten befunden haben. Die Angriffe der USA stellten eine Bedrohung dar, „die den Irak und die Region in unvorhersehbare Konsequenzen hineinziehen wird, und ihre Folgen werden für die Sicherheit und Stabilität im Irak und in der Region schrecklich sein“, warnte der irakische Militärsprecher.
Blinken erneut in Nahost
US-Außenminister Antony Blinken bricht unterdessen erneut zu Krisengesprächen im Nahen Osten auf. Er werde bis zum 8. Februar Saudi-Arabien, Ägypten, Katar, Israel und das Westjordanland besuchen, teilte ein Sprecher des Ministeriums in Washington mit.
Blinken wolle seine diplomatischen Bemühungen in der Region fortsetzen, um ein Abkommen über eine erneute humanitäre Feuerpause im Gaza-Krieg zwischen Israel und der islamistischen Hamas und die Freilassung aller noch in dem abgeriegelten Küstengebiet festgehaltenen Geiseln zu erreichen, sagte der Sprecher.
Seit Beginn des Gaza-Kriegs haben proiranische Milizen fast täglich Angriffe auf US-Militärstützpunkte im Irak und in Syrien verübt. Die US-Regierung reagierte darauf bereits zuvor mit Luftschlägen in beiden Ländern – allerdings in einem geringeren Ausmaß als die neue konzertierte Aktion. Zu der tödlichen Attacke auf amerikanische Soldaten in Jordanien vom Sonntag hatte sich eine Gruppe namens „Islamischer Widerstand im Irak“ bekannt. Dabei handelt es sich um eine Art Dachgruppe proiranischer Milizen im Irak, die seit dem Hamas-Massaker am 7. Oktober in Israel gemeinsam unter diesem Namen auftreten.
Wieder Beschuss an Israels Grenze zum Libanon
Unterdessen gab es auch an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon erneut gegenseitigen Beschuss. Wie das israelische Militär am Freitagabend mitteilte, hätten Kampfflugzeuge eine militärische Anlage der ebenfalls vom Iran unterstützten Hisbollah-Miliz im Süden des Libanons angegriffen. Zuvor seien von dort Raketen auf den Norden Israels abgefeuert worden. Seit Beginn des Gaza-Kriegs kommt es in der Grenzregion fast täglich zu Schusswechseln zwischen der mit der Hamas verbündeten Hisbollah und Israels Militär.
Baerbock: Israelische Offensive in Rafah wäre nicht zu rechtfertigen
Israel geht derweil im Gazastreifen weiter gegen die Hamas vor. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock warnte Israel davor, die Offensive auch auf Rafah im südlichsten Teil des Küstengebiets auszuweiten. „Jetzt in Rafah, an dem letzten und überfülltesten Ort, vorzugehen, wie vom israelischen Verteidigungsminister angekündigt, wäre einfach nicht zu rechtfertigen“, sagte die Grünen-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Ein Großteil der Opfer sind Frauen und Kinder. Stellen wir uns einfach vor: Es wären unsere Kinder.“
Israels Verteidigungsminister Yoav Galant war zuvor von der „Times of Israel“ zitiert worden, man werde auch die Hamas-Brigade in Rafah erreichen und zerschlagen. Baerbock sagte, sie habe mit Schrecken von dieser Ankündigung gehört.
Weiter keine Einigung auf Feuerpause im Gaza-Krieg
Unterdessen zeichnet sich in den laufenden Verhandlungen über eine erneute Feuerpause und Freilassung weiterer Geiseln weiterhin keine Einigung ab. Die Gespräche würden unter anderem durch Uneinigkeit innerhalb der Führung der islamistischen Hamas erschwert, berichtete das „Wall Street Journal“ in der Nacht zum Samstag unter Berufung auf mit den Verhandlungen vertraute Personen.
Demnach sei der Hamas-Anführer im Gazastreifen, Jihia al-Sinwar, inzwischen bereit, einen Vorschlag für eine anfänglich sechswöchige Feuerpause zu akzeptieren. Die im Exil lebende politische Hamas-Führung fordere dagegen mehr Zugeständnisse und wolle eine dauerhafte Waffenruhe aushandeln, berichtete die Zeitung.
Die Geheimdienstchefs der USA, Israels, Ägyptens und Katars hatten Medienberichten zufolge kürzlich in Paris einen Entwurf für ein mögliches Abkommen ausgehandelt, der eine zunächst sechswöchige Feuerpause und eine schrittweise Freilassung von im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln im Austausch gegen palästinensische Gefangene vorsehe.
Auch Israels Kriegskabinett hat den Vorschlag bisher nicht abgesegnet. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte deutlich gemacht, man werde den Krieg nicht beenden, die Truppen nicht abziehen und für einen Geisel-Deal nicht „Tausende Terroristen“ freilassen. Schätzungen zufolge befinden sich noch mehr als 130 Geiseln in Gaza. Angehörige in Israel drängen Netanjahu massiv, einen neuen Deal zur Freilassung der Entführten auszuhandeln. (dpa)
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