USA folgt indischem Vorbild: Countdown für TikTok läuft

In den USA steht TikTok vor dem Aus. Doch was passiert, wenn TikTok in den USA verschwindet?
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Weltweit erfreut sich die App TikTok großer Beliebtheit, vor allem bei Kindern und Jugendlichen.Foto: iStock
Von 28. April 2024

Für TikTok wird es ernst. Ein entsprechendes US-Gesetz, das einen Eigentümerwechsel bei der Kurzvideo-App erzwingen soll, wurde am 24. April von Präsident Joe Biden unterzeichnet. Begründet wurde das Verbot mit Verweis auf Datenschutz und nationale Sicherheit.

Das Ultimatum könnte TikTok für alle Nutzer verändern, wie man am Beispiel von Indien sehen kann. Dort ist die umstrittene Social-Media-Plattform TikTok schon seit dem Jahr 2020 verboten.

Binnen 270 Tagen soll sich TikTok von dem chinesischen Mutterkonzern ByteDance lösen, so sieht es das neue US-Gesetz vor. Die Frist kann einmalig um drei Monate verlängert werden. Verstreicht das Ultimatum, wird TikTok aus den US-App-Stores von Apple und Google verbannt. Damit würden rund 170 Millionen Nutzer in den USA ihre soziale Plattform verlieren.

ByteDance jedoch hat keinerlei Absichten, TikTok zu verkaufen. Stattdessen deutete das Unternehmen laut BBC an, das Gesetz anzufechten.

Ein Verlust für die indische Kulturlandschaft

In Indien ist TikTok im Jahr 2020 verboten worden. Wochen später verschwanden dort alle Konten und Videos von rund 200 Millionen Nutzer aus dem Netz.

Mit dem TikTok-Verbot ging auch ein Stück indische Kulturlandschaft verloren, denn vielen zuvor unbekannten Menschen war es dank eines Algorithmus von TikTok gelungen, ein riesiges Publikum zu erreichen.

„Es gab Bauern, Maurer und Leute aus kleinen Städten, die Videos auf TikTok hochgeladen haben. Bei YouTube Shorts und Instagram Reels sieht man das nicht so oft. Der Entdeckungsmechanismus von TikTok war ganz anders“, erklärt der Inder Nikhil Pahwa, Gründer der Nachrichtenseite MediaNama und Analyst für Technologiepolitik.

Auch populäre Plattformen wie YouTube und Instagram könnten das TikTok-Feeling nicht wiedergeben, findet er.

Start-ups als Lückenfüller

„Als TikTok verboten wurde, eröffnete sich eine milliardenschwere Möglichkeit“, schildert Pahwa weiter. „Mehrere indische Start-ups haben die Lücke gefüllt oder sind umgeschwenkt.“

Einigen gelang es, ehemalige TikTok-Stars auf ihre Plattformen zu locken und sich Investitionen und staatliche Unterstützung zu sichern. Die meisten aber verschwanden auf lange Sicht, so Prateek Waghre, Geschäftsführer der Internet Freedom Foundation. Aus seiner Sicht hat Instagram am meisten vom TikTok-Verbot profitiert.

Aber nicht nur TikTok, auch weitere 58 andere chinesische Apps wurden in Indien zeitgleich verboten. Im Laufe der Jahre folgten über hundert weitere.

Ein Gang vor das indische Gericht ersparte sich TikTok – aus gutem Grund, meinen Insider. „Ich glaube nicht, dass sie dort auf viel Verständnis gestoßen wären“, so der Analyst Prasanto K Roy laut BBC.

Langwieriger Rechtsstreit und Handelskrieg nicht ausgeschlossen

In den USA hingegen könnte eine angekündigte Anfechtung das Gesetz über Jahre aufhalten und der Ausgang ist ungewiss.

Im Jahr 2020 erließ der damalige US-Präsident Donald Trump eine Anordnung, die sich in erster Linie gegen ByteDance, ein in Peking ansässiges Unternehmen, dem TikTok gehört, richtete, sowie gegen WeChat, das sich im Besitz der in Shenzhen ansässigen Tencent Holdings befindet. Seine Bemühungen wurden damals von Bundesgerichten blockiert. Als Bundesgesetz hat das aktuelle Vorgehen jedoch eine solidere rechtliche Basis.

Nach Pawahs Einschätzung ist es auch nicht ausgeschlossen, dass China zum Gegenschlag ausholt und das TikTok-Verbot einen Handelskrieg in den USA auslöst. In Indien hingegen habe die chinesische Regierung das Verbot zwar verurteilt, aber keine Vergeltungsmaßnahmen durchgeführt. Ob die USA auch so viel Glück haben, bleibe abzuwarten.

Für Matthias Kettemann, Forschungsgruppenleiter am Humboldt-Institut für Internet und Gesellschaft und Professor für Innovationsrecht an der Universität Innsbruck, hält es für wahrscheinlich, dass der Oberste US-Gerichtshof das Gesetz für verfassungswidrig erklärt, falls TikTok sich wie zu erwarten gegen das Verbot wehren sollte. Die Gründe für ein Verbot seien nicht stichhaltig. Die USA hätten nicht einmal ein eigenes Datenschutzgesetz, sagte er. Auch den Nachweis, dass TikTok eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstelle, habe der US-Kongress im Gesetzgebungsverfahren nicht erbracht.

US-Senator Marco Rubio, führender Republikaner im Geheimdienstausschuss, hingegen zeigt sich zuversichtlich. Er sagte: „Jahrelang haben wir der Kommunistischen Partei Chinas erlaubt, eine der beliebtesten Apps Amerikas zu kontrollieren, und das war gefährlich kurzsichtig.“ Das neue Gesetz werde den chinesischen Eigentümer zwingen, die App zu verkaufen – und das sei gut für Amerika.

TikTok-Verbote in anderen Ländern

Eine Verbannung von TikTok aus europäischen App-Stores steht nicht an. Auf Diensthandys der Regierung oder von Staatsbediensteten ist die App laut ZDF bereits in Großbritannien, Österreich, Belgien, den Niederlanden, Kanada, Australien, Neuseeland und Taiwan verboten. Nepal hat im November 2023 ein Komplettverbot erlassen.

In Pakistan hat die Regierung die App mindestens viermal vorübergehend verboten, letztmalig bis zum November 2022. In Senegal ist TikTok seit August 2023 bis auf Weiteres gesperrt. TikTok werde „von Personen mit schlechten Absichten bevorzugt, um hasserfüllte und subversive Nachrichten zu verbreiten, die die Stabilität des Landes bedrohen“, teilt das Kommunikationsministerium Senegals zur Begründung mit.



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