US-Wahl: Big-Tech-CEOs wegen Zensur vor US-Senat geladen – Twitter entsperrt „New York Post“

Inwieweit zensieren große Social Media Plattformen wie Twitter oder Facebook Beiträge im Zusammenhang mit den US-Präsidentschaftswahlen? Sechs Tage vor der Wahl wollten das US-Senatoren doch genauer wissen. Sie bestellten die Big-Tech-CEOs zu einer Anhörung. Aktuelles Beispiel ist der Bericht der "New York Post" über Hunter Bidens geschäftliche Verwicklungen mit Russland und China.
Titelbild
Ein Kombinationsbild von Facebook-CEO Mark Zuckerberg (l) und Twitter-CEO Jack Dorsey auf der Online-Anhörung am 28.Okt. im US-Senat.Foto: MICHAEL REYNOLDS/POOL/AFP über Getty Images
Von 30. Oktober 2020

In einer Anhörung vom Senatsausschuss für Handel, Wissenschaft und Verkehr am 28. Oktober, mit dem Titel „Ermöglicht die weitreichende Immunität des Artikel 230 schlechtes Verhalten von Big Tech?“, befragten Senatoren die CEOs von Twitter, Facebook und Google in einer Videokonferenz über dubiose Moderationspraktiken. Die Tech-Unternehmen stehen im Verdacht, konservative und Pro-Trump-Inhalte zu zensieren.

In Eröffnungserklärungen argumentierten Twitter-CEO Jack Dorsey, Alphabet Inc. [Googles Muttergesellschaft] CEO Sundar Pichai und Facebook-CEO Mark Zuckerberg, dass die Abschaffung des Artikels 230 die Meinungsfreiheit untergraben würde, und forderten alternative Lösungen. Sie waren sich einig, dass mehr Transparenz bei ihrer Inhaltsmoderation erforderlich ist.

Der Artikel 230 im amerikanischen Mediengesetz (Section 230 of the Communications Decency Act) schützt die Social-Media-Plattformen für gepostete Inhalte haftbar gemacht zu werden. Laut diesem Artikel können lediglich Verleger für Inhalte, die sie veröffentlichen, verantwortlich gemacht werden. Social-Media-Plattformen sind davon ausgenommen.

Im genauen Wortlaut heißt es darin, dass „kein Anbieter oder Nutzer eines interaktiven Computerdienstes als Herausgeber oder Sprecher von Informationen behandelt werden darf, die von anderen Informationsanbietern bereitgestellt werden“.

Kritiker hingegen sind der Meinung, dass solche als Plattformen agierenden Unternehmen, nicht nur ein öffentliches Forum unterhalten, sondern die Inhalte auch moderieren. Das mache sie praktisch zu Herausgebern.

Twitter entsperrt New York Post

Als Beispiel fragte der republikanische Senator Ted Cruz (Texas) Dorsey, warum der „New York Post“ Bericht vom 14. Oktober über Hunter Biden zensiert wurde.

Mr. Dorsey, wer zum Teufel hat Sie gewählt und Ihnen das Recht gegeben, zu entscheiden, was die Medien berichten und was das amerikanische Volk hören darf“, so Cruz.

„Das tun wir nicht“, antwortete Dorsey. „Deshalb habe ich diese Anhörung mit Forderungen nach mehr Transparenz eröffnet. … Wir hören Ihre Bedenken.“ Dorsey räumte ein, dass es falsch war, die URL dieses Berichts auf Twitter zu löschen.

„Wir haben einen Fehler in unserer Politik erkannt, wir haben ihn innerhalb von 24 Stunden geändert“, sagte Dorsey und behauptete, dass mittlerweile jeder den Link zu dem Artikel teilen könne. Damals behauptete Twitter, der Artikel von „New York Post“ verstoße gegen ihre „Hacked Materials Policy„.

Der Twitter-Account der New York Post könne wieder freigeschaltet werden, wenn die Zeitung ihren ursprünglichen Tweet löscht, versicherte Dorsey. Der Zeitung sei es erlaubt, den Link frei zu posten und zu teilen. Nach der Befragung sagte Cruz, er habe versucht, den Post über Hunter Biden auf Twitter zu verbreiten, konnte es aber nicht. Eine Stunde später bestätigte Cruz, dass der Artikel geteilt werden könne.

Senator Ron Johnson (R-Wisc.) fragte Dorsey und Zuckerberg: „Hat einer von Ihnen Beweise dafür, dass die Geschichte der New York Post Teil einer ‚russischen Desinformation‘ ist oder dass diese E-Mails nicht authentisch sind?“ Dorsey antwortete: „Haben wir nicht.“ Zuckerberg wies darauf hin, dass sie sich nach der Linie vom FBI richten.

Artikel 230 auf Prüfstand

Letzte Woche sagte Cruz der The Epoch Times, dass die Big-Tech-CEOs „als willige Handlanger der Demokraten agieren. Sie haben mehr Macht, als sich das William Randolph Hearst auf dem Höhepunkt seines gelben Journalismus vorstellen konnte“.

Während der Anhörung stimmten alle drei CEOs (virtuell) zu, dass Unternehmen haftbar gemacht werden sollten, wenn die Plattformen als Verleger agieren.

Der Ausschussvorsitzende Roger Wicker (R-Miss.) sagte in seinem Eröffnungsstatement, er sei besorgt, dass diese Plattformen „zu mächtigen Schiedsrichtern geworden sind, die darüber entscheiden, was wahr ist und auf welche Inhalte die Nutzer zugreifen können“.

Trotz Meinungsunterschieden zwischen Republikanern und Demokraten, „gibt es eine starke parteiübergreifende Unterstützung für die Überprüfung vom Artikel 230″, sagte Wicker. „Tatsächlich haben beide Präsidentschaftskandidaten, Trump und Biden, vorgeschlagen, Artikel 230 aufzuheben – eine Position, die ich noch nicht übernommen habe.“

Wicker wies darauf hin, dass ein Artikel der New York Times über angeblich durchgesickerte Steuererklärungen von US-Präsident Donald Trump nicht zensiert wurde. Dieser sei ohne Überprüfung der Fakten und ohne Haftungsausschluss weiter verbreitet worden.

„Diese Doppelmoral ist unter normalen Umständen schon schrecklich“, sagte er. „Aber die Tatsache, dass mitten im Wahlkampf 2020 eine selektive Zensur stattfindet, verstärkt das Machtmonopol von Facebook und Twitter dramatisch“.

Dreiviertel der Amerikaner glauben an Zensur

Es sind nicht nur Politiker, die sich Sorgen über die Zensur auf Social-Media-Plattformen machen. Ungefähr drei Viertel der erwachsenen US-Amerikaner sagen, es sei „sehr wahrscheinlich“ oder „wahrscheinlich“, dass Social-Media-Seiten „absichtlich politische Standpunkte zensieren, die sie anstößig finden“.  Das ergab eine Umfrage des Pew Research Center im August.

Menschen aus dem gesamten politischen Spektrum glauben, dass eine Zensur stattfindet. Bei den Republikanern ist das besonders stark ausgeprägt, so die Organisation.

Während der Anhörung räumte Zuckerberg ein, dass der Kongress „das Gesetz aktualisieren sollte, um sicherzustellen, dass es wie gewünscht funktioniert“. Dorsey und Pichai warnten jedoch davor, dass Änderungen größere Auswirkungen haben könnten.

Die Konservativen werfen Big Tech seit langem vor, politische Reden zu zensieren, insbesondere die der Konservativen. Demokraten und Big Tech haben den Vorwurf jedoch wiederholt bestritten.

Der Vorsitzende der Federal Communications Commission (FCC), Ajit Pai, sagte, dass seine Behörde den Appell von Präsident Donald Trump vorantreiben werde, den Artikel 230 genauer zu prüfen.

„Wenn Big Tech darauf besteht mit den Mainstream-Medien zusammenzuarbeiten, müssen wir sie unverzüglich vom Schutz des Artikel 230 befreien“, schrieb Trump in Twitter am 15. Oktober, “Solange die Regierung diese Schutzmaßnahmen gewährt, schafft sie ein Monster!“

Das englische Original erschien zuerst unter The Epoch Times: Big Tech CEOs Grilled in Senate Hearing Over Alleged Bias. Die deutsche Bearbeitung erfolgte durch yz.



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