Ursula von der Leyen bei EU-Gipfel auf neuer Kandidatensuche
Die künftige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will den EU-Gipfel dazu nutzen, mit den Staats- und Regierungschefs aus Rumänien, Ungarn und Frankreich über mögliche Kandidaten für ihr Team zu sprechen. Sie werde die entsprechenden Gespräche fortführen, sagte von der Leyen vor dem Spitzentreffen am Donnerstag in Brüssel. Die Kandidaten der drei Länder waren zuvor bei Anhörungen im EU-Parlament gescheitert.
Die für das Verkehrsressort vorgesehene Rumänin Rovana Plumb und der designierte Erweiterungskommissar aus Ungarn, Laszlo Trocsanyi, waren wegen unklarer Finanzen und möglicher Interessenskonflikte abgelehnt worden. Die Französin Sylvie Goulard war für das Großressort Industrie und Binnenmarkt vorgesehen und scheiterte unter anderem, weil gegen sie Ermittlungen in einer Affäre um Scheinbeschäftigung laufen.
Von der Leyen wartet nun auf neue Kandidatenvorschläge. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte erklärt, er wolle vor dem EU-Gipfel keinen Vorschlag mehr machen. In Rumänien wechselt gerade die Regierung.
Amtseintritt verzögert sich
Amt Mittwoch hatte das EU-Parlament nach dem Scheitern mehrerer Kandidaten offiziell eine Verschiebung des Starts der neuen Kommission bekanntgegeben. Ursprünglich für den 1. November angedacht wird von der Leyens Amtsantritt nun frühestens am 1. Dezember erfolgen.
„Durch die notwendigen Nachnominierungen der Kommissare aus Ungarn, Rumänien und Frankreich ist ein Amtsantritt der neuen Kommission zum 1. November kaum mehr realistisch“, sagte ein EU-Diplomat. „Das wird ein paar Tage oder Wochen später werden.“
Vergangenen Donnerstag war auch Frankreichs Kandidatin für die Kommission, Sylvie Goulard, endgültig bei den Befragungen im EU-Parlament gescheitert. Zuvor waren bereits die Kandidaten aus Rumänien und Ungarn durch die Abgeordneten abgelehnt worden.
Die drei Länder müssen nun neue Kandidaten vorschlagen. Diese müssen dann ihrerseits vom EU-Parlament befragt werden. Kommen sie durch, müsste das Parlament in einer Plenumssitzung für die Kommission als Ganzes grünes Licht geben, bevor diese die Arbeit aufnehmen kann.
„Wir sind für alle Eventualitäten gewappnet“, sagte eine Sprecherin der EU-Kommission zu einer möglichen Verschiebung. Sie wollte aber nicht auf eine Frage antworten, wonach der scheidende Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sich schon darauf vorbereite, einen Monat länger im Amt zu bleiben. Sollte es zu einer Verzögerung kommen, werde die bisherige Kommission als Verwalterin die laufenden Geschäfte führen, sagte die Sprecherin.
Macron sieht Schuld bei von der Leyen
Das Europaparlament hat Frankreichs Kandidatin für die EU-Kommission zurückgewiesen und damit eine heftige Attacke von Präsident Emmanuel Macron gegen die künftige Kommissionschefin Ursula von der Leyen provoziert.
Macron machte von der Leyen unmittelbar nach der entscheidenden Abstimmung gegen Sylvie Goulard für das Debakel verantwortlich. Er habe sie auf die laufenden Ermittlungen gegen Goulard in einer Scheinbeschäftigungsaffäre hingewiesen, sagte ein sichtlich aufgebrachter Macron in Lyon. Diese habe sich aber dennoch für Goulard als Kandidatin entschieden.
Die frühere französische Verteidigungsministerin Sylvie Goulard bekam am Donnerstag bei einer Abstimmung der zuständigen Ausschussmitglieder des Parlaments nicht die erforderliche Mehrheit.
Bei ihrer zweiten Anhörung im EU-Parlament hatte sich Goulard am Donnerstag bemüht, gegen sie gerichtete Ermittlungen wegen einer Scheinbeschäftigungsaffäre kleinzureden. Es gebe bislang kein Anklageverfahren, betonte Goulard. Ihre jetzige Lage sei viel klarer als die, die 2017 zu ihrem Rücktritt als französische Verteidigungsministerin geführt hatte.
Zur Kritik an einer hochdotierten Beratertätigkeit für eine Denkfabrik des Investors Nicolas Berggruen sagte Goulard, sie bedauere, dass die Tätigkeit Zweifel an ihrer Integrität und Unabhängigkeit geweckt habe. Diese Werte seien für sie von größter Wichtigkeit.
Mehrere Abgeordnete zeigten sich bei der Anhörung allerdings nicht überzeugt von den Antworten der liberalen Politikerin und kamen immer wieder auf die heiklen Themen zurück. Die für Goulard schwierigste Frage war dabei die, warum sie als französische Verteidigungsministerin zurücktrat, nun aber denkt, EU-Kommissarin sein zu können. Offensicht sei Goulard der Ansicht, dass für EU-Kommissare nicht dieselben Standards gelten sollten wie für französische Minister, kritisierte die dänische Abgeordnete Pernille Weiss (EVP) zum Abschluss der Sitzung.
Goulard hatte zuvor erklärt, dass es in Frankreich üblich sei, bei Ermittlungen zurückzutreten – es diese Tradition aber auf EU-Ebene nicht gebe. Goulard kennt die künftige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen noch aus ihrer Zeit als Verteidigungsministerin. Die neue Kommission sollte ihr Amt am 1. November antreten. (dpa/afp/sua)
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