Unruhen in Neukaledonien: Französische RAID vor Ort, Polizei räumt Straßenblockaden
Im französischen Überseegebiet Neukaledonien hat die Polizei nach tagelangen Unruhen Straßenblockaden auf der Route von der Hauptstadt Nouméa zum internationalen Flughafen geräumt. Das teilte der französische Innenminister Gérald Darmanin am Sonntag mit.
Die Operation zur Räumung der Hauptstraße sei „ein Erfolg“ gewesen, so Darmanin. „Dank der 700 zusätzlich eingetroffenen Ordnungskräfte und der 350, die heute noch eintreffen werden, darunter zahlreiche Soldaten der GIGN und Polizisten des RAID, werden sich die Operationen in den nächsten Stunden vervielfachen“, kündigte er weiter.
Über 200 Festnahmen
Zwar hätten die Einsatzkräfte 60 Straßensperren durchbrochen, jedoch sei die wichtige Straße zwischen Hauptstadt und Flughafen voller Autowracks, verbranntem Holz und Metall. Erst an etwa 15 der Blockaden sei die Straße geräumt, außerdem sei die Straße an mehreren Orten beschädigt, sagte Le Franc weiter. Die Strecke sei aber noch nicht wieder freigegeben, sagte ein hoher Regierungsbeamter am 19. Mai 2024.
Es habe bereits über 200 Festnahmen gegeben. Außerdem hätten 20 Lebensmittelgeschäfte wieder öffnen können. „Wir wissen, dass es noch viele Straßensperren zu beseitigen gilt, um die republikanische Ordnung durchzusetzen“, so Darmanin. Der Minister sprach den Ordnungskräften seinen „großen Dank“ aus und nannte sie „die Ehre unseres Landes“.
In den vergangenen Tagen war es auf Neukaledonien zu Unruhen gekommen, bei denen es Berichten zufolge bislang sechs Todesfälle gab. Zudem wurden nächtliche Ausgangssperre sowie der Ausnahmezustand verhängt.
Ausgangspunkt waren Proteste von Befürwortern einer Unabhängigkeit der Inselgruppe. Dabei geht es um eine geplante Verfassungsreform der Zentralregierung in Paris. Diese soll tausenden französischstämmigen Bürgern das Wahlrecht und somit mehr politischen Einfluss einräumen.
Alkoholisierte Jugendliche, die alles Französische angreifen
Laut Nicolas Metzdorf, Abgeordneter in Neukaledonien der Macron-Partei Renaissance, ist ein radikaler Zweig der Unabhängigkeitsbewegung seit einigen Monaten für die Unruhen verantwortlich. Diese vorwiegend alkoholisierten Jugendlichen würden alles angreifen, was französischen Ursprungs sei: „Ich gehöre zur siebten Generation in Neukaledonien und man greift mich an, weil ich weiß bin. Angesprochen sind alle, die sich in Neukaledonien niedergelassen haben und nicht vom Ursprungsvolk abstammen.“
Ähnlich sieht es Sonia Backès, die Präsidentin der Südprovinz und eine Aktivistin für den Verbleib bei Frankreich. Sie prangert auf „BFM-TV“ die „rassistischen Beleidigungen“ derjenigen an, die in der ersten Nacht der Unruhen das Haus ihres Vaters niederbrannten.
Dieser Generation mangele es an Verständnis für Menschen, die schon „seit achtzig Jahren hier sind, zum größten Teil hier geboren sind und kein ‚Anderswo‘ haben“, erklärt Backès die Situation. „Wenn wir den Separatisten zuhören, werden wir zu Fremden in unserem eigenen Land, und das ist besonders traurig“, fügt sie hinzu.
Einflussreiche ausländische Gruppen schüren den Konflikt, schreibt Epoch Times aus Paris. Darunter ist Aserbaidschan. Aserbaidschan wirft Paris seine Unterstützung für Armenien vor. Im Juli 2023 hatte Aserbaidschan Unabhängigkeitsbefürworter aus Martinique, Guyana, Neukaledonien und Französisch-Polynesien nach Baku eingeladen. Aus dieser Konferenz war die „Baku-Initiativgruppe“ hervorgegangen, die „die französischen Befreiungsbewegungen und Antikolonialisten“ unterstützen soll.
Der Ursprung des Konflikts
Die Urbevölkerung der Inselgruppe Neukaledonien nennt sich „Kanaken“. Laut Wikipedia stammt das Wort von „kanaka maoli, einer hawaiischen Bezeichnung für ‚Mensch‘ (kanaka), welche in der Vergangenheit von europäischen Kolonialherren, Händlern und Missionaren Ozeaniens oft für sämtliche nicht-europäische Insulaner benutzt wurde“.
Der Ursprung des aktuellen Konflikts ist in der Kolonialgeschichte der Inseln zu finden. Das zu Frankreich gehörende Territorium verfügt seit 2003 über einen Sonderstatus. Es gehört nicht zur Europäischen Union und dem Schengen-Raum.
Die Befürworter einer Unabhängigkeit von Frankreich befürchten, dass durch eine Verfassungsreform der Einfluss der ursprünglichen Bevölkerung schwinden könnte. Die Reform wurde am Dienstag (14.5) in Paris vom französischen Parlament beschlossen, 17.000 Kilometer entfernt von der neukaledonischen Hauptstadt Nouméa.
Sie ändert einen Kompromiss zwischen Unabhängigkeitsbefürwortern und Neukaledonierfranzosen aus den 1980er-Jahren, denen blutige Unruhen vorangegangen waren. Seitdem bevorzugt das Wahlrecht bei Provinzwahlen die Ursprungsbevölkerung.
Der nationale Rat des Volkes der Kanak, Inaat Ne Kanaky, hat „den ungerechtfertigten Vandalismus und die Gewalt mit Schusswaffengebrauch auf öffentlichen Straßen“ verurteilt. Er forderte die Festnahme der Verantwortlichen. Gleichzeitig bedauert der Rat, dass die umstrittene Verfassungsreform von der französischen Nationalversammlung abgesegnet wurde, schreibt die „Berliner Zeitung“.
Razzien angekündigt
Der Vertreter der französischen Regierung in Neukaledonien, Louis Le Franc, kündigte Razzien an, um Orte in Nouméa und den Städten Dumbéa und Païta zurückzuerobern. „Die republikanische Ordnung wird um jeden Preis wiederhergestellt“, sagte Paris‘ Hochkommissar in einer im Fernsehen übertragenen Ansprache.
In den von Protestierenden gehaltenen Gegenden werde sich die Situation „intensivieren“, sagte Le Franc. „Wenn sie ihre Waffen einsetzen wollen, gehen sie jedes Risiko ein.“ Der Konflikt bleibe ernst und sei „beispiellos“, fuhr er fort. „Ich will den Randalierern sagen: Stopp, kehrt zur Ruhe zurück, gebt eure Waffen ab!“
Die Regierung in Paris hat wegen der angespannten Lage den Ausnahmezustand in den Überseegebiet ausgerufen und 1000 zusätzliche Sicherheitskräfte entsandt. Bei den Unruhen wurden in den vergangenen Tagen Geschäfte geplündert, Barrikaden errichtet und Gebäude und Fahrzeuge in Brand gesetzt. Am Sonntagmorgen erklärte die Südprovinz Neukaledoniens, dass in der kommenden Woche alle Schulen geschlossen bleiben würden. (red/dts/afp)
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