Ungarn: „Wir werden noch lauter in Brüssel“ – Spannungen am Vorabend des EU-Gipfels
Am Donnerstag, 1. Februar, wollen EU-Regierungschefs über für die Ukraine entscheidende Finanzhilfen von 50 Milliarden Euro entscheiden.
Der ungarische Regierungschef Viktor Orbán hat vor dem Sondergipfel in Brüssel seine Ablehnung der aktuellen Pläne bekräftigt, aber gleichzeitig auch einen Vorschlag für eine Einigung genannt.
Ungarn sei bereit, Teil einer Lösung zu sein, sagte er in einem Interview mit dem französischen Magazins „Le Point“. Voraussetzung sei allerdings, dass man jedes Jahr neu darüber entscheide, ob man weiter Geld schicken wolle oder nicht.
Dazu sind die 26 anderen nicht bereit, inklusive Deutschland, da es dem ungarischen Ministerpräsidenten ein Dauer-Veto ermöglicht.
Sie werfen Orbán ihrerseits „Erpressung“ vor – denn er hatte während des Dezember-Gipfels die Freigabe von 20 Milliarden Euro verlangt, die die EU im Streit um Rechtsstaats-Verstöße in Ungarn eingefroren hat.
Orbáns Meinung nach führe – im Gegenteil – Brüssel in den vergangenen Jahren einen ideologischen Krieg gegen Ungarn und habe versucht, das Land zu erpressen. Dieser Prozess spitze sich nun zu. Laut Orbán werde Ungarn angegriffen, weil es seine Souveränität in dieser Finanzfrage ausüben wolle.
Er verwies auch auf die im Juni anstehenden Europawahlen. Jetzt für die Ukraine 50 Milliarden Euro aus dem EU-Gemeinschaftshaushalt für den Zeitraum bis Ende 2027 fest zuzusagen, könnte den Bürgern seiner Meinung nach den Eindruck vermitteln, dass ihre Stimme keine Rolle spiele, meinte er.
Möglicher Stopp von EU-Zahlungen an Ungarn
Die „Financial Times“ berichtet von internem EU-Dokument, das davon spricht, dass im Fall eines Scheiterns des Gipfels wegen Orbán andere Staats- und Regierungschefs einen Stopp sämtlicher EU-Zahlungen an Ungarn ins Gespräch bringen könnten. Dies könne dann wiederum zu sinkenden ausländischen Investitionen und zu einem weiteren Anstieg der Finanzierungskosten des Staatsdefizits und einem Währungsverfall führen.
Orbán bezeichnete das Dokument als einen erneuten Erpressungsversuch und warnte, dass Ungarn nicht erpresst werden könne. „Wir werden unsere Interessen verteidigen“, schrieb er auf der Plattform X.
„Kurz gesagt, sie sagen, dass Ungarn sofort mit einer riesigen Finanzblockade belegt wird, wenn wir uns wie ein souveränes Land verhalten, und sie verknüpfen die Ukraine-Frage mit der Rechtsstaatlichkeit. Die beiden haben nichts miteinander zu tun!“, betonte der Ministerpräsident auch im Interview mit „Le Point“.
Zoltán Kovács, ungarischer Staatssekretär für internationale Kommunikation, sagte, „Artikel dieser Art passieren nicht zufällig“ und dass dies nicht das erste Mal sei, dass Ungarn erpresst werde, weil es „nicht nach der Pfeife von Brüssel tanzt“.
Der politische Berater des Ministerpräsidenten Balázs Orbán kommentierte auf X:
Brüssel erpresst Ungarn, als gäbe es kein Morgen, obwohl wir einen Kompromiss vorgeschlagen haben.“
Ungarn bleibt bei seinem Kurs
Das ungarische oppositionsnahe Nachrichtenportal „Index“ erfuhr vom außenpolitischen Sprecher Máté Paczolay, dass Ungarn nicht bereit sei, mehr EU-Gelder für Waffentransfers auszugeben.
Wir verstehen den Druck, wir verstehen die Verbreitung von Fake News. Alles ist umsonst, unsere Position ist klar“, sagte Paczolay.
Judit Varga, ehemalige Justizministerin und Europawahlkandidatin der Fidesz-Regierungspartei schrieb auf Facebook, es sei, als würden die Linken in Brüssel „die Stimme der imperialen Diktatur erheben“.
Sie schreien uns einfach an, wie in einer Kneipe, wir sollen die Klappe halten, sonst gibt es Ärger“, schrieb sie.
Varga, die zurzeit Vorsitzende des Ausschusses für europäische Angelegenheiten ist, fügte auch hinzu: „Wir werden nicht den Mund halten! Tatsächlich werden wir in Deutschland, Frankreich, Belgien und in der ganzen EU immer lauter.“
Über neue EU-Finanzhilfen für die Ukraine hätte eigentlich bereits beim EU-Gipfel im vergangenen Dezember entschieden werden sollen. Dort brauchte es allerdings einen Konsens und Orbán blockierte die Entscheidung. Ob bei dem Gipfel am Donnerstag ein Kompromiss gefunden werden kann, ist unklar.
EU-Ratspräsident Charles Michel ließ ankündigen, dass es bereits am Vorabend des Gipfels bei einem Essen informelle Gespräche geben solle. Zu diesen wurde auch Bundeskanzler Olaf Scholz erwartet. Sollte dabei keine Lösung mit Ungarn gefunden werden, wollen die anderen EU-Staaten im 26er-Kreis – also ohne Ungarn – handeln.
(Mit Material der Nachrichtenagenturen)
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