Ungarn warnt vor einem „Propagandafeldzug“ gegen die Aufnahme russischer Gastarbeiter

Die ungarische Regierung heißt nun auch russische Gastarbeiter willkommen. Die Europäische Volkspartei sieht darin ein Sicherheitsrisiko und ruft Brüssel zum Handeln auf.
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Russischer Pass. Symbolbild.Foto: iStock
Von 31. Juli 2024

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Die jüngste Lockerung der ungarischen Visabestimmungen für russische Staatsbürger stelle eine ernste Gefahr dar. Sie öffne russischen Spionen in der Europäischen Union Tür und Tor, warnt die Europäische Volkspartei (EVP) in einem Schreiben an den Präsidenten des Europäischen Rates, Charles Michel.

Vorsitzender Manfred Weber (CSU) und andere EVP-Spitzenvertreter fordern Michel und die 27 Mitgliedstaaten auf, die „strengsten Maßnahmen“ zu ergreifen, „um die Integrität des Gebiets zu schützen und zu verhindern, dass andere Mitgliedstaaten ähnliche Maßnahmen ergreifen“.

Der ungarische Außenminister reagierte auf die Vorwürfe auf seiner Facebook-Seite. Er bezeichnete die Aussagen aus Brüssel als „kindische Lügen“ eines „baltischen Propagandafeldzugs“ gegen Ungarn.

Beschleunigtes Visaverfahren ohne Sicherheitsüberprüfung

Die ungarische Regierung hat am 9. Juli eine neue Visaregelung eingeführt. Der Grund dafür sei der Bedarf an Arbeitskräften für den Bau eines Kernkraftwerks mit russischer Technologie.

„Die Wahrheit ist, dass russische und weißrussische Bürger nur dann nach Ungarn und damit in den Schengen-Raum einreisen können, wenn sie im Besitz eines Visums sind. Eine Aufenthaltsgenehmigung können sie nur nach dem gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren erhalten“, schrieb Außenminister Péter Szijjártó in seiner Stellungnahme am Dienstag.

Solche Verfahren fallen, dem Minister zufolge, laut europäischen Regeln in die nationale Zuständigkeit. Das gleiche Recht hätten daher auch die litauischen, lettischen und estnischen Behörden, so der Minister.

Das sogenannte „Nationale Karte“-Programm, das in die Kritik geraten ist, bietet einen vereinfachten Prozess für die Einreise zur Arbeit und zum Aufenthalt in Ungarn. Es galt bisher nur für Ukrainer und Serben. Nach der neuen Regelung können auch russische und weißrussische Staatsbürger sowie Einwohner von Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien, Moldawien und Montenegro von dieser Möglichkeit profitieren.

Inhaber der Nationalen Karte haben im Vergleich zu Arbeitnehmern aus anderen Nicht-EU-Drittstaaten den Vorteil, dass sie keine Arbeitsbedarfsbescheinigung vorlegen müssen, keiner jährlichen Höchstquote unterliegen und auch die Möglichkeit der Familienzusammenführung besteht.

Für das beschleunigte Visaverfahren ist keine nationale Sicherheitsüberprüfung erforderlich. Für russische Staatsangehörige im Allgemeinen gibt es jedoch auch in der EU keine solche Anforderung.

Die Nationale Karte berechtigt den Inhaber zu einem Aufenthalt in Ungarn von mindestens zwei Jahren. Sie kann um jeweils bis zu drei Jahre verlängert werden. Wie andere Aufenthaltsgenehmigungen berechtigt sie zur Freizügigkeit innerhalb des Schengen-Raums. Um von der Regelung profitieren zu können, müssen sie allerdings beweisen, dass sie in Ungarn Job, Unterkunft und Krankenversicherung haben.

Europäische Volkspartei fordert dringende Gegenmaßnahmen

Das Vorgehen Ungarns könne der EVP zufolge ernsthafte Schlupflöcher für Spionageaktivitäten schaffen. Angesichts des geopolitischen Kontexts der EU-Beziehungen zu Russland und Belarus sei ein solcher Sonderregelmechanismus höchst fragwürdig und werfe sehr ernste Sicherheitsbedenken auf, schrieben Spitzenvertreter der EVP.

Im Brief steht, dass die Sonderregelung einer großen Zahl von russischen Staatsbürgern ermöglichen könnte, mit minimaler Überwachung nach Ungarn und in den grenzkontrollfreien Schengen-Raum einzureisen. Konkret fordern die Vertreter der EVP den EU-Ratschef dazu auf, die Situation zu prüfen und beim nächsten EU-Gipfel diskutieren zu lassen.

Das bereits entstandene Sicherheitsrisiko sollte begrenzt werden, heißt es in dem Brief, der der „Deutschen Presse-Agentur“ vorliegt.

Kein Einreiseverbot für russische Staatsbürger

Die seit dem Krieg in der Ukraine verhängten Sanktionen haben nicht zu einem Einreiseverbot für russische Staatsangehörige in die EU geführt. Ein Reiseverbot gilt nur für diejenigen, die namentlich mit Sanktionen belegt wurden. Ihnen ist die Einreise in oder die Durchreise durch die EU auf dem Land-, Luft- oder Seeweg untersagt. Ein echter Komplikationsfaktor für Reisen ist jedoch, dass in Russland ansässige Fluggesellschaften nicht in die EU fliegen dürfen.

Die EU überlässt es außerdem den nationalen Regierungen, über legale Einwanderung, Arbeitserlaubnis und Staatsbürgerschaft zu entscheiden.

Die für die Kontrolle der Einhaltung von EU-Recht zuständige Europäische Kommission kündigte nun aber an, den Kontakt mit den ungarischen Behörden suchen zu wollen, um weitere Informationen zu der Sonderregelung zu bekommen. Russland gelte als Sicherheitsbedrohung für die EU, sagte eine Sprecherin in Brüssel.

Sie betonte, dass Ungarn verpflichtet sei, stets zu überprüfen, ob Einreisende aus Drittstaaten alle Bedingungen gemäß Artikel 6 des Schengener Grenzkodex erfüllten. Dies umfasse nicht nur den Besitz eines Visums oder einer gültigen Aufenthaltserlaubnis, sondern auch die Bedingung, dass die Person nicht von anderen Staaten im Schengener Informationssystem zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein dürfe, so die Sprecherin.

(Mit Material der Nachrichtenagenturen)



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