Ungarn stellt Sieben-Punkte-Programm für EU-Präsidentschaft ab 1. Juli vor

Das Programm der EU-Ratspräsidentschaft der Regierung von Viktor Orbán wurde veröffentlicht. Der Schwerpunkt liegt auf dem Krisenmanagement und einer kompletten Neuorganisation in Brüssel.
Titelbild
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán in der EU-Zentrale in Brüssel.Foto: JOHN THYS/AFP via Getty Images
Von 18. Juni 2024

Am 1. Juli übernimmt Ungarn turnusmäßig sechs Monate lang den Vorsitz im Kreis der EU-Mitgliedstaaten. Ungarns Programm für die EU-Ratspräsidentschaft wurde nun finalisiert.

János Bóka, der für EU-Angelegenheiten zuständige Minister, erklärte auf einer Pressekonferenz am 18. Juni in Budapest, dass Ungarn den rotierenden EU-Vorsitz in einer „Ausnahmesituation“ übernehmen wird. „Krieg, globaler Wettbewerb, eine fragile Sicherheitslage, Migration, Klimawandel und demografische Herausforderungen werden ganz Europa herausfordern“, so der Minister.

Der Zeitpunkt, an dem Ungarn den Vorsitz übernimmt, ist auch besonders, da er mit der institutionellen Erneuerung des Europäischen Parlaments, der Europäischen Kommission und des Europäischen Rates zusammenfällt. Ungarn ist auch das letzte Mitglied des spanisch-belgisch-ungarischen Präsidentschaftstrios. Nach sechs Monaten wird das polnisch-dänisch-zypriotische Trio den Vorsitz von Ungarn übernehmen. Orbáns Regierung muss somit auch diesen Übergang bewältigen.

Am Freitag reist Ministerpräsident Viktor Orbán nach Berlin, wo er das Programm mit Bundeskanzler Olaf Scholz diskutieren wird.

Krisenmanagement im Fokus

„Während unserer Präsidentschaft müssen wir vor allem für Frieden und Sicherheit in Europa sorgen“, erklärte Minister Bóka die Priorität der ungarischen Regierung.

Als eine der ersten Veranstaltungen der kommenden ungarischen EU-Ratspräsidentschaft wurden die Außenminister und Staatssekretäre der Mitgliedstaaten vergangene Woche nach Budapest eingeladen. Sie erörterten die gemeinsamen außen- und sicherheitspolitischen Herausforderungen, die in der nächsten Amtszeit anstehen.

Einzelheiten des Treffens wurden nicht an die Presse weitergegeben. Die wichtigsten sicherheitspolitischen Herausforderungen wurden jedoch bereits im vergangenen Monat genannt.

Bóka betonte dabei, dass der russisch-ukrainische Krieg eine anhaltende sicherheitspolitische Herausforderung bleibe. Auch die Lage im Nahen Osten sei weiterhin instabil. Zudem werde der Kaukasus zu einer Quelle von Konflikten und im Fernen Osten könne „jederzeit alles passieren“.

„Wir können uns nicht auf das Unerwartete vorbereiten. Aber wir haben das Personal des Krisenzentrums der ständigen Vertretung Ungarns in Brüssel verdoppelt, sodass wir, falls wir in den Krisenmodus gehen müssen, vorbereitet sind“, sagte Bóka gegenüber dem Wirtschaftsportal „Economx.hu“.

Die wichtigsten Zielsetzungen

Die ungarische Regierung hat die wichtigsten Ziele des Ratsvorsitzes in sieben Punkten zusammengefasst.

Demnach werde eine neue Vereinbarung zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit und des Wirtschaftswachstums der EU verabschiedet. Ungarn will zudem die Stärkung der europäischen Verteidigungsindustrie und Innovation sowie die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bei der Beschaffung von Verteidigungsgütern unterstützen. Externe Partnerschaften sollen entwickelt werden, um die Außengrenzen zu schützen und die Ursachen der Migration zu bekämpfen.

Die Landwirtschaftspolitik soll auf die Förderung der Landwirte ausgerichtet werden, um die Ernährungssicherheit in Europa zu gewährleisten. Außerdem möchte der ungarische Ratsvorsitz Fortschritte im Bereich der EU-Erweiterung erzielen. Ungarn möchte die Erweiterungspolitik zu einem objektiven und leistungsorientierten Prozess machen. Eine strategische Debatte über die Zukunft der Kohäsionspolitik werde eingeleitet und demografische Fragen „in allen Formen und Foren auf die Tagesordnung gesetzt“, heißt es.

In seiner Erklärung Ende Mai skizzierte EU-Minister Bóka zudem die drei Zielrichtungen, an denen sich die ungarischen Maßnahmen in diesem Zeitraum orientieren werden. Die erste Priorität ergebe sich aus dem Timing. Damit soll ein reibungsloser institutioneller Übergang gewährleistet werden. Der zweite wesentliche Punkt sei, dass der Ratsvorsitz als neutraler, ehrlicher Vermittler gesehen werden sollte, der den anderen Mitgliedstaaten und Institutionen gegenüber loyal ist. Im Mittelpunkt des dritten Vorhabens stehen die bereits erwähnten „eigenen Ziele“.

Mehr diplomatischer Dialog

Die ungarische Regierung ist der Meinung, dass in Brüssel mehr diplomatischer Dialog erforderlich sei. Außenminister Péter Szijjártó hat diese Ansicht letzte Woche anhand eines konkreten Beispiels verdeutlicht. Im Vorfeld des EU-Ratsvorsitzes kündigte er bei einem Besuch in Laos an, dass Ungarn auch mit Laos, das derzeit den Vorsitz im Verband Südostasiatischer Nationen (ASEAN) innehat, kooperieren wird.

Während der ungarischen Präsidentschaft soll der verhandlungsorientierte Ansatz in Brüssel gestärkt werden. Dies sei besonders wichtig zur Lösung bewaffneter Konflikte, betonte Szijjártó.

„Angesichts des Krieges in der Ukraine und anderer weltweiter Konflikte ist es entscheidend, dass ASEAN und die EU dieselbe Botschaft senden: Die Lösung liegt nicht auf dem Schlachtfeld, sondern am Verhandlungstisch“, so der Außenminister.



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