Ungarischer EU-Abgeordneter: „Die EU wurde von den Mitgliedsstaaten gegründet, nicht umgekehrt“
Für József Szájer, Europaabgeordneter der ungarischen Regierungspartei Fidesz, bilden die Nationen die Grundlage für Europa. Daher sei es umso wichtiger, dass „wir uns der Souveränität verschreiben“, sagte er am Sonntagabend im staatlichen Radiosender Kossuth Rádió in Ungarn.
Szájer betont, dass die Europäische Union von den Mitgliedsstaaten gegründet wurde – und nicht umgekehrt. Er wies in der Sendung „Európai Idő“ darauf hin, dass – auch, wenn es anders scheint – die Europäische Union den Mitgliedsstaaten untergeordnet sei. Die Präsidenten und Staatschefs der Mitgliedsstaaten müssten die Entscheidungen fällen, welche Schritte die Union in manchen Fragen gehen oder welche Ideologie die Union befolgen solle.
Eine Studie aus Ungarn: Die EU ist in der Krise
Das ungarische Institut Alapjogokért Központ [dt.: „Zentrale für die Grundrechte“] brachte am 2. Dezember 2019 eine umfangreiche Studie heraus. Die Studie beleuchtet das Verhältnis zwischen der EU und ihrer Mitgliedsstaaten. István Kovács, der strategische Leiter des Instituts ist der Meinung, dass die EU als föderalistischer Staat Europa nicht ablösen kann, auch nicht die europäische Identität. Er sagt:
Die EU ist in der Krise – das wurde mittlerweile schon von allen bedeutenden Partien, Fraktionen und Parteifamilien anerkannt. Aber über den tatsächlichen Grund der Krise gibt es keine Einigkeit, ebenso nicht darüber, in welche Richtung man gehen sollte, welche Reformen man braucht und welche institutionellen Änderungen notwendig sind, um aus der Krise zu kommen.“
Die „Vereinigten Staaten von Europa“ oder eine konförderative Union der Nationalstaaten
Aus Sicht der Forscher gibt es zwei große Lager: In einem Lager stehen „Föderalisten“, welche meinen, dass die beste Lösung aus der Krise ist, wenn die Union noch enger zusammenrückt (ever closer union). Das bedeutet, dass eine überstaatliche Einheitsnation entstehen müsse, die in vielerlei Hinsicht den Vereinigten Staaten von Amerika ähnelt – die „Vereinigten Staaten von Europa“. Aus diesem Plan geht hervor, dass die EU eine „tatsächliche Nation“ werden müsse mit zentralisierter Macht und Regierung, ebenso auch mit zentralisierten rechtlichen Befugnissen für alle Mitgliedsstaaten.
Das andere Lager, der Bericht nennt sie die „Souveränen“, wollen eine Europäische Union, die sich auf starke nationale Mitgliedsstaaten stützt, auf eine konföderative Union. Diese Gruppierung möchte keine Einheitsregierung oder eine Einheit der Nationen.
Der jetzige Konflikt basiere genau auf diese beiden Sichtweisen.
Die Krise wird genau dadurch verursacht, dass die Kämpfe sich zwischen den föderalistischen und den national souveränen [Ansichten] zuspitzen: Im Moment gibt es dafür keine Auflösung.“
Konflikt zwischen Föderalismus und Souveränität schwelt seit 70 Jahren
Dieser Konflikt bestehe seit 70 Jahren. Wenn man sich die Ideen der „Gründerväter“ der EU anschaue, fände man nicht die Ansicht, dass sie eine Gemeinschaft von souveränen Nationen errichten wollten. Sie hätten von Anfang an „die föderalistische und überstaatliche Vereinigung Europas als Ziel gehabt, mit dem Vorbild von den Vereinigten Staaten von Amerika“. Die Gründer wollten ein Imperium errichten. Diese Idee käme nicht erst aus der jüngsten Politik der europäischen Führer, wie Angela Merkel, Frans Timmerman oder Emmanuel Macron.
Ein Beispiel ist der „Gründervater“ Jean Monnet. Er wird als Kosmopolit betrachtet. Während einer Zusammenkunft des Komitees am 5. August 1943 erklärte Monnet: „Es wird keinen Frieden in Europa geben, wenn der Wiederaufbau der Staaten auf der nationalen Souveränität beruht … Die Länder Europas sind zu klein, um ihren Völkern den Wohlstand und die soziale Entwicklung zu sichern, die erforderlich sind. Die europäischen Staaten müssen eine Föderation bilden …“
Sogar Winston Churchill sprach sich für die Vereinigten Staaten von Europa aus. In seiner „Rede vor der akademischen Jugend“, die er 1946 an der Universität von Zürich hielt, fasste er zusammen, welche Schlüsse er aus der Geschichte gezogen hatte: „Es gibt ein Heilmittel, das […] innerhalb weniger Jahre ganz Europa […] frei und glücklich machen könnte. Dieses Mittel besteht in der Erneuerung der europäischen Familie, oder doch eines möglichst großen Teils davon. Wir müssen ihr eine Ordnung geben, unter der sie in Frieden, Sicherheit und Freiheit leben kann. Wir müssen eine Art Vereinigte Staaten von Europa errichten.“
Entstehung der EU „von oben“ – Lösung wäre ein konföderatives Modell „von unten“
Der Bericht fasst die Entstehung in drei Punkten zusammen:
- Nach dem 2. Weltkrieg wies der Zeitgeist in Westeuropa auf eine europäische Einheit hin. Dabei waren Sicherheit und Frieden von enormer Wichtigkeit. Diese Ziele haben die führenden Politiker der damaligen Zeit geprägt.
- Die Weltpolitik spielte bei der Gründung ebenfalls eine große Rolle. Nach dem 2. Weltkrieg bildete sich eine britisch-amerikanische Finanzelite. Diese Elite unterstützte die Idee der Vereinigten Staaten von Europa. Im Hintergrund habe sie die Fäden gezogen, so der Bericht.
- Die Europäische Union hat sich nicht von unten nach oben gebildet, also nicht von den Gesellschaften und Bürgern, wie es in Amerika der Fall war, sondern von oben, von einer Elite, die durch internationale Verträge bestimmt wird.
„Diejenigen, die die Vertiefung des föderalistischen Models bevorzugen, bereiten in Wirklichkeit mit erhöhtem Tempo das Ende der Europäischen Union vor, da der Föderalismus ohne die Grundlagen – Übereinkunft und Identität – die autokratische, elitäre und aristokratische Eigenschaften der Union verstärken wird, die nicht lange haltbar sind.“
Der Bericht schlägt als Lösung das konföderative Modell vor, da die europäische Zusammenarbeit von unten aufgebaut werden könnte.
Die Erwartungen sind hoch
István Kovács, der strategische Leiter des Instituts, sagte im ungarischen Radio, dass alle mit großen Erwartungen auf das neue europäische politische System schauen. Seiner Meinung nach,
kann es nicht mehr schlimmer werden als bisher, alles ist besser als die Juncker-Kommission“.
Die EU Kommission hat in den letzten Jahren nur solche Fragen in den Fokus gestellt, die nicht viel mit dem Alltag der europäischen Bürger zu tun hatte. Vielleicht war die Migration die einzige wichtige Angelegenheit, mit der sich die europäische Führung beschäftigt hat, erklärte der strategische Leiter des Instituts.
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