Umfrage-Schock zur Bundespräsidentenwahl – Amtsinhaber droht Stichwahl
Am 9. Oktober findet die Bundespräsidentenwahl in Österreich statt. Am 2. September endet um 17:00 Uhr die Frist zur Einreichung der erforderlichen 6.000 Unterstützungserklärungen, die Kandidaten dafür beibringen müssen. Sollte es im verbleibenden Zeitraum keinem weiteren Bewerber mehr gelingen, diese Mobilisierungsleistung zu vollbringen, werden am Wahltag die Namen von sechs Personen auf dem Stimmzettel stehen.
Ende vergangener Woche hatte der Musiker Dominik Wlazny („Marco Pogo“) seine Unterstützungsunterschriften bei der Bundeswahlbehörde eingereicht. In den Tagen darauf folgten der frühere FPÖ- und BZÖ-Politiker Gerald Grosz sowie der ebenfalls parteilose Rechtsanwalt Tassilo Wallentin. Am Donnerstag (25. August) verkündete auch der Bundesvorsitzende der impfkritischen Partei MFG, Michael Brunner, über die erforderlichen Unterstützungserklärungen zu verfügen.
Ausständig sind damit nur noch jene des Amtsinhabers Alexander van der Bellen selbst. Seine Mitgliedschaft bei den Grünen ist seit 2016 ruhend gestellt. Ebenso ist der FPÖ-Kandidat Walter Rosenkranz ausständig. Wie der „exxpress“ berichtet, dauert deren Unterschriftensammlung noch an. Allerdings laufe diese nach Angaben beider Wahlkampfteams „sehr gut“. Es ist davon auszugehen, dass beide deutlich mehr als die geforderten 6.000 Erklärungen präsentieren werden. Rosenkranz hat bereits eine Pressekonferenz abgehalten, in der die Wahlplakate präsentiert wurden.
Amtsinhaber rutscht in Umfrage ab
Jüngst präsentierte Umfragen gingen noch von einem deutlichen Sieg des Amtsinhabers aus, der sich demnach bereits im ersten Wahlgang die erforderliche absolute Mehrheit sichern würde. Das Umfrageinstitut Lazarsfeld sah ihn zuletzt bei einem Stimmenanteil von 58 Prozent, Unique Research gar bei 66. Die am Donnerstagabend von „oe24“ veröffentlichte aktuelle Umfrage von Lazarsfeld bescheinigt dem amtierenden Präsidenten jedoch bereits einen Absturz auf nur noch 53 Prozent.
Schafft er die Wiederwahl, würde Van der Bellen das Gesetz der Serie fortsetzen, wonach jeder österreichische Bundespräsident der Zweiten Republik, der für eine weitere Amtszeit kandidiert hatte, auch wiedergewählt wurde. Lediglich Theodor Körner, der 1957 im letzten Jahr seiner Präsidentschaft starb, und Kurt Waldheim, der unter dem Eindruck der internationalen Verwerfungen aufgrund seiner Rolle in der Zeit des Nationalsozialismus auf eine Wiederkandidatur verzichtete, blieben Einmal-Präsidenten.
Mit den höchsten Stimmenanteilen wiedergewählt wurden die von der SPÖ gestellten Bundespräsidenten Rudolf Kirchschläger, der 1980 im ersten Wahlgang auf ein Ergebnis von 79,86 Prozent kam, sowie Heinz Fischer, der 2010 ebenfalls im ersten Durchgang mit 79,33 Prozent gewählt wurde.
Im Folgenden stellen wir die sich abzeichnenden Kandidaten zur Bundespräsidentenwahl 2022 in Österreich im Einzelnen vor:
Alexander van der Bellen
Der amtierende Bundespräsident Alexander van der Bellen (VdB) wurde am 18. Januar 1944 in Wien geboren. Von 1976 bis zum Beginn seiner politischen Karriere in den 1990er-Jahren lehrte er Wirtschaftswissenschaften an den Universitäten Wien und Innsbruck.
Im Jahr 1994 wurde Van der Bellen auf der Liste der Grünen in den Nationalrat gewählt. Bis Ende der 1980er-Jahre hatte er der SPÖ angehört. Von 1997 bis 2008 war er Bundessprecher der Partei, von 1999 bis 2008 deren Fraktionsvorsitzender im Parlament. Von 2012 bis 2015 gehörte er dem Wiener Gemeinderat und Landtag an.
Bei der Bundespräsidentenwahl im April 2016 belegte der von den Grünen nominierte Van der Bellen im ersten Durchgang mit 21,34 Prozent den zweiten Platz. Noch hinter dem FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer (35,05 Prozent). In einer Stichwahl im Mai kam Van der Bellen dem offiziellen Endergebnis zufolge auf 31.000 Stimmen mehr als Hofer. Zu Van der Bellens Wahl hatten alle ausgeschiedenen Kandidaten aufgerufen.
Klarer wurde das Ergebnis bei der Wiederholung der Stichwahl im Dezember des Jahres. Das geschah, nachdem der Verfassungsgerichtshof (VfGH) wegen Unregelmäßigkeiten bei der Auszählung der Briefwahlstimmen eine solche angeordnet hatte. Hier gewann der vom politischen Establishment und den meisten Medien unterstützte VdB mit 53,8 Prozent.
In diesem Jahr tritt VdB offiziell als unabhängiger Kandidat an. Denn seine Mitgliedschaft bei den Grünen ist derzeit nicht aktiv. Die Partei will seinen Wahlkampf allerdings mit 500.000 Euro aus der Parteikasse unterstützen. SPÖ und NEOS haben sich für eine Wiederwahl des Amtsinhabers ausgesprochen. Allerdings ohne organisatorische und finanzielle Unterstützung. Die Bundes-ÖVP hat auf die Nominierung eines eigenen Kandidaten verzichtet. Die Landesgruppen Steiermark und Tirol unterstützen offiziell die Wiederwahl Van der Bellens – allerdings ebenfalls ohne eigenen aktiven Wahlkampf-Beitrag.
Stärken
Alexander van der Bellen ist der Kandidat des politischen Mainstreams. Er verfügt wie schon vor sechs Jahren über eine enorme mediale Rückendeckung. Dazu kommt, dass VdB neben dem linken Spektrum, das ihn aus weltanschaulichen Gründen unterstützt, auch bei einem erheblichen Teil der bürgerlichen Wähler punkten kann. Vor allem in der ÖVP-Wählerschaft ist der Eindruck verbreitet, Van der Bellen habe hinreichend überparteilich agiert. Zudem habe er sich keine gravierenden Fehler geleistet. Viele betrachteten ihn auch als ruhenden Pol angesichts einer Vielzahl an innenpolitischen Krisensituationen. So beispielsweise bei der Regierungskrise von 2019.
Für einen VdB-Sieg im ersten Durchgang spricht auch ein weiterer Umstand. Nämlich dass die Österreicher von sich aus noch nie einen amtierenden Bundespräsidenten abgewählt haben. Möglicherweise auch deshalb, weil dessen Machtfülle für ein direkt gewähltes Staatsoberhaupt im internationalen Vergleich gering ist. Vor allem aber ist VdB der Kandidat der oberen Zehntausend. Die wohlhabenden, urbanen linksliberalen und bürgerlichen Wähler sowie Akademiker und Beamte zählen zu den Bevölkerungsgruppen, die am sichersten zur Wahl gehen. Ebenso neigen sie in weit überdurchschnittlichem Maße zum Amtsinhaber.
Schwächen
Auch wenn nach wie vor alles auf eine deutliche Wiederwahl des Amtsinhabers hindeutet, gibt es doch gewisse Restrisiken. Parteiische oder polarisierende Äußerungen könnten Van der Bellen auch über das für ihn ohnehin nicht erreichbare rechtsgerichtete Spektrum hinaus Sympathien kosten. Das würde sein Image als besonnenes Staatsoberhaupt gefährden. In jüngster Zeit hatte VdB unter anderem mit der Stigmatisierung von Gegner der EU-Russland-Sanktionen als „Kollaborateure“ Empörung hervorgerufen. Ebenso mit dem Rat an junge Menschen, diese sollten angesichts drohender Versorgungskrisen im Winter „die Zähne zusammenbeißen“.
VdB könnte unter die 50-Prozent-Marke rutschen. Einerseits wenn Misstrauen oder das Gefühl, die Wahl sei gelaufen, zu einer Demobilisierung in der eigenen Zielgruppe führt. Gleichzeitig auch, wenn eine Verschärfung der Inflation und Energiekrise neben rechten auch unpolitische Wahlberechtigte dazu bringt, zur Wahl zu gehen. Der jüngsten Lazarsfeld-Umfrage zufolge verliert er vor allem an Wlazny, der bei zehn Prozent liege.
Walter Rosenkranz
Der offizielle Kandidat der FPÖ, Walter Rosenkranz, wird sich unter dem Motto „Kompromisslos für Österreich“ zur Wahl stellen. Er gibt als sein Ziel aus, Österreich „den Bürgern zurückzuholen“. Dabei macht er Amtsinhaber Van der Bellen für eine zunehmende Unzufriedenheit der Menschen mit der Demokratie mitverantwortlich.
Van der Bellen habe „alles abgenickt“ und auch Maßnahmen der Politik, die auf Kosten der Bürger gegangen wären. Und das nicht mithilfe der ihm von Verfassung wegen zukommenden Befugnissen gegengesteuert, erklärte Rosenkranz anlässlich der Präsentation der Wahlkampfplakate. Als Beispiel nannte er die Corona-Maßnahmen.
Es werde mit ihm „keine faulen Kompromisse“ in den Bereichen Freiheit, Neutralität, Wohlstand, Sicherheit und Zukunft geben, so Rosenkranz weiter. Er wolle zudem ein „aktiver“ Bundespräsident sein. Einer, der Gesetze schon im Vorfeld auf ihre Verfassungskonformität prüfen und sich im Begutachtungsverfahren einbringen werde.
Auch lehne er „Denkverbote“ bezüglich des Rechts eines Präsidenten ab, eine Regierung zu entlassen. Er würde dies jedoch nicht „aus Jux und Tollerei oder aus parteipolitischem Kalkül“ machen, versicherte er.
Der am 29. Juli 1962 in Krems an der Donau geborene Jurist Walter Rosenkranz ist seit 2019 als von seiner Partei nominierter Volksanwalt tätig. Von Oktober 2008 bis Juni 2019 war er Abgeordneter der FPÖ zum Nationalrat und von 2017 bis Mai 2019 deren Klubobmann. Von 2013 bis 2019 war er zudem Landesparteiobmann der FPÖ Niederösterreich. Im zivilen Beruf ist er seit 2000 Strafverteidiger. Seine Ehefrau Susanne Rosenkranz ist Kommunalpolitikerin in Krems. Mit der früheren FPÖ-Präsidentschaftskandidatin Barbara Rosenkranz ist er weder verwandt noch verschwägert.
Aktuelle Umfragen sehen ihn auf Platz 2 hinter Van der Bellen. Das Antreten weiterer als politisch rechts gelesener Kandidaten droht ihn jedoch Stimmen zu kosten. Anfänglich hatten ihn Umfrageinstitute noch bei 23 bis 24 Prozent gesehen. Bei Lazarsfeld konnte er sich immerhin wieder um drei Punkte auf 14 Prozent verbessern.
Stärken
Walter Rosenkranz kann auf die Mobilisierungsfähigkeit seiner Partei vertrauen. Diese hatte es in Wahlkämpfen immer wieder geschafft, noch zusätzliches Zielpublikum anzusprechen. Die FPÖ hat sich als Partei zuletzt in Umfragen wieder stabilisiert. Die Themen, die Rosenkranz anspricht, sind bedeutsam. Sie werden zusätzliche Brisanz entfalten, je näher der Winter rückt und die Bevölkerung mit Versorgungsengpässen und Preisexplosionen zu kämpfen hat.
Rosenkranz könnte mit seinem moderateren und weniger aggressiven Auftreten auch Wählergruppen ansprechen, die Parteichef Herbert Kickl reserviert gegenüberstehen. Auch verzichtet er bis dato auf radikale und polarisierende Aussagen gegen Einwanderer oder Minderheiten.
Schwächen
Walter Rosenkranz spricht Themen an, die viele Bürger bewegen. Inhaltlich grenzt er sich dabei klar von Van der Bellen ab. Dennoch könnte ihm sein durchgehend eng mit der Partei verbundener Lebenslauf auch bei der Erschließung von Potenzial schaden. Seine Konkurrenten von rechts werden zweifellos versuchen, Rosenkranz als „Apparatschik“ zu brandmarken – im Unterschied zu sich selbst als parteilosen Bewerbern.
Tassilo Wallentin
Der am 25. Dezember 1973 in Wien geborene Rechtsanwalt Tassilo Wallentin kandidiert zur Bundespräsidentenwahl, weil er „nicht weiter zusehen“ könne, wie „unser Land vor die Hunde“ geht. Dies vertraute er jüngst der Zeitung „heute“ an. In seinem Wahlkampf setzt er darauf, dass er „nicht aus dem Establishment“ komme.
Österreich habe eine „Gas-, Migrations- und eine Neutralitätskrise“, die keiner von den regierenden Politikern bewältigen könne, so Wallentin. Er „trete an, um zu gewinnen“.
Mitte der 1990er-Jahre begann Wallentin sein Studium der Rechtswissenschaften in Salzburg. Damals galt die dortige juristische Fakultät als beliebtes Ausweichziel für sogenannte Wien-Flüchtlinge, die mit den Studienbedingungen und als höher wahrgenommenen Anforderungen in der Bundeshauptstadt haderten.
Allerdings schloss Wallentin das Studium in Salzburg mit Auszeichnung ab, erwarb den Doktorgrad und zusätzlich auch den Grad des „Master of Law“ in den USA. Im Jahr 2004 gründete Wallentin seine eigene Anwaltskanzlei im ersten Bezirk. Auch dort stellte er fachliche Qualitäten unter Beweis, etwa indem er durch einen spektakulären Erfolg in einem Prozess um sogenannte Scheinfirmen dafür sorgte, dass die Regierung ein Gesetz gegen Sozialbetrug ändern musste.
Einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde Wallentin vor allem als Kolumnist der „Kronen Zeitung“, der auflagenstärksten Publikation in Österreich. Von der FPÖ unter Herbert Kickl, mit der er über eine mögliche Kandidatur gesprochen hatte, unterscheidet ihn, dass er dessen Corona-Politik nicht mittragen wollte. Vor allem dessen fundamentale Kritik an der Corona-Impfung lehnt Wallentin ab.
Während FPÖ-Kandidat Rosenkranz daran denkt, im Fall seiner Wahl von seinem Recht, die Regierung zu entlassen, Gebrauch zu machen, will Wallentin diesbezüglich erst abwarten: „Sollte ich gewinnen, werde ich die Regierung nicht sofort entlassen, sondern mir erst ein Konzept vorlegen lassen zur Lösung der Energie- und Klimakrise.“
Tassilo Wallentin erklärte in „heute“, zudem ein „leidenschaftlicher Klimaaktivist“ zu sein, der am liebsten Smart fahre und seine Dackeldame „Mathilde Wilhelmine Auguste“ als „seine persönliche Wahlhelferin“ bezeichne. Umfragen handelten Wallentin zuletzt zwischen sechs und neun Prozent, Lazarsfeld sieht ihn mit elf Prozent im zweistelligen Bereich.
Stärken
Tassilo Wallentin kann in seinem Wahlkampf auf eine wohlwollende Berichterstattung zumindest vonseiten einiger auflagenstarker Publikationen, unter anderem der „Kronen Zeitung“, bauen. Diese pflegen das Bild eines engagierten Alleinerziehenden eines 15-jährigen Sohnes, der tierlieb ist und einen gewissen Dandy-Charme ausstrahlt. Das könnte ihm helfen, in der breiten Masse Zuspruch zu finden.
Ein Teil des bürgerlichen Publikums, vor allem jenes, das sich eine Wiederauflage der türkis-blauen Koalition wünscht, aber mit Kickl und der FPÖ selbst fremdelt, wird Wallentins Fachkompetenz und Parteiunabhängigkeit als entscheidendes Wahlargument betrachten. Wallentin ist zudem zumindest de facto der „Kandidat der Kronen Zeitung“: Er vertritt Positionen, die auch deren Herausgeber seit Jahr und Tag vertreten – wie einen „Umweltschutz von rechts“, der seit der Unterstützung des „Konrad-Lorenz-Volksbegehrens“ in den 1980er-Jahren zur DNA der Publikation gehört.
Schwächen
Ob Herbert Kickl mit seinem Vorwurf richtig liegt, der Anwalt kandidiere nur, um sich an der FPÖ für seine Nichtnominierung zum Verfassungsrichter zu rächen, lässt sich objektiv nicht beurteilen. Allerdings wird Wallentin inhaltlich angreifbar, sobald Mitbewerber unter die Oberfläche gehen. Die Energiekrise nur zusammen mit der „Klimakrise“ lösen zu wollen und das „Nein“ Wallentins zum Fracking könnten ihn gerade in der jetzigen Situation, wo die Preisentwicklung vor allem ärmere Haushalte trifft, als Kandidat der sozialen Kälte erscheinen lassen.
Auch seine malthusianistischen Ansichten zur Entwicklung der Weltbevölkerung könnten ihm schaden, sollten sie im Wahlkampf thematisiert werden. Vor allem bei den politisch heimatlosen katholisch-konservativen Wählern dürften diese ein Ausschlusskriterium darstellen.
Gerald Grosz
„Make Austria Grosz again“ lautet der Wahlkampfslogan des am 15. Februar 1977 geborenen Grazer Publizisten, Bloggers und Consultingunternehmers Gerald Grosz. Das frühere FPÖ-Mitglied trat 2005 aus der Partei aus und schloss sich dem von Jörg Haider gegründeten BZÖ an, dessen steirischen Landesverband er von Beginn an leitete. Von Oktober 2008 bis Oktober 2013 war er Abgeordneter zum Nationalrat. Danach übernahm er auch den Bundesvorsitz der mittlerweile allerdings bedeutungslos gewordenen Partei.
Unter anderem auf einem eigenen YouTube-Kanal und bei „oe24.tv“ tritt Grosz regelmäßig mit eigenen Kommentaren oder als Debattenteilnehmer gegen linke Kontrahenten in Erscheinung. Umfragen sehen ihn derzeit zwischen sechs und zehn Prozent der Stimmen. – Bei Lazarsfeld kam er am Donnerstag auf acht.
Stärken
Die Scharfzüngigkeit und rhetorische Brillanz des früheren FPÖ- und BZÖ-Politikers hat ihm bereits in den vergangenen Jahren eine beachtliche Fangemeinde verschafft. Auf diese kann er nun auch im Wahlkampf bauen. In Debatten werden es auch seine Konkurrenten auf der Rechten schwer haben, sich gegen ihn zu behaupten.
Schwächen
Nicht jedem, der im vorpolitischen Raum brilliert, wird auch zugetraut, ein politisches Amt ausfüllen zu können. Dies gilt erst recht für ein stark repräsentatives wie das des Bundespräsidenten. Dieser muss unter anderem auch in politischen Konfliktsituationen in der Lage sein, ausgleichend zu wirken. Grosz dürften dies möglicherweise nicht einmal die eigenen Anhänger zutrauen.
Michael Brunner
Der am 12. November 1960 in Wien geborene Michael Brunner ist Rechtsanwalt sowie Mitbegründer und Bundesparteiobmann der Partei „Menschen – Freiheit – Grundrechte“ (MFG). Sein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien schloss er 1990 mit der Promotion zum Doctor iuris ab. Seine Schwerpunkte waren Verfassungs- und Verwaltungsrecht.
Österreichweit bekannt wurde er im Zusammenhang mit den Protesten gegen die Corona-Maßnahmen. Dabei engagierte er sich unter anderem auch für die Vereinigung „Anwälte für Aufklärung“. Sollte er zum Präsidenten gewählt werden, würde Brunner laut eigener Aussage die gesamte Bundesregierung sofort entlassen und die Aufhebung aller verbliebenen Corona-Maßnahmen erzwingen.
In Umfragen liegt Brunner derzeit zwischen drei und sechs Prozent, Lazarsfeld sieht ihn bei vier.
Stärken
Die MFG ist ohne großen Apparat aus der Protestbewegung gegen die Corona-Maßnahmen hervorgegangen und liegt bundesweit immer noch auf einem Umfrageniveau, das einen Einzug der Partei in den Nationalrat als denkbar erscheinen lässt. Sollte im Herbst die Debatte um coronabedingte Einschränkungen oder eine Impfpflicht wieder an Fahrt aufnehmen, würde dies Michael Brunner Rückenwind verschaffen.
Er erreicht zudem ein Publikum, das mit traditionellen Parteien generell, aber auch mit den weltanschaulichen Grundlagen der FPÖ nicht viel anfangen kann. Brunner kann zudem auf die Empfehlung einiger populärer Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in Österreich bauen – beispielsweise des bekannten Salzburger Mentaltrainers Wolfgang Reichl-Furthner.
Schwächen
So schnell wie die MFG aufgestiegen ist, droht sie wieder zu fallen. Die Impfpflicht ist vorerst vom Tisch, und es deutet wenig darauf hin, dass die österreichische Regierung angesichts der ohnehin dramatischen Energiekrise durch überzogene Corona-Maßnahmen zusätzlich Öl ins Feuer gießen will.
Bei der breiten Masse der Österreicher macht die MFG zudem einen „esoterisch“ angehauchten Eindruck. Vor allem konservative Protestwähler schrecken auch vor einer Unterstützung der MFG und ihrer Kandidaten zurück, weil mit Christian Fiala einer der bekanntesten Abtreibungsärzte Österreichs in deren Parteivorstand sitzt.
Dominik Wlazny („Marco Pogo“)
Mit 36 Jahren überschreitet der am 27. Dezember 1986 in Wien geborene Musiker, Mediziner, Kabarettist und Vorsitzender der „Bierpartei Österreich“, Dominik Wlazny, nur knapp das erforderliche Mindestalter zur Kandidatur für das Amt des Bundespräsidenten von 35 Jahren.
Obwohl Wlazny über ein abgeschlossenes Medizinstudium verfügt, hat er seine Laufbahn als Arzt Mitte der 2010er-Jahre beendet, weil sein Projekt der Punkrockband „Turbobier“ so erfolgreich geworden ist, dass die Musik ihm bessere Einnahmen verschaffte.
Seit 2017 betreibt er das Independent-Label „Pogos Empire“, mit dem er auch die Biermarke „Turbobier“ und verschiedenes Merchandising-Artikel vertreibt. Bei den Wiener Gemeinderatswahlen 2019 gelang es der „Bierpartei“, elf Mandate in Bezirksvertretungen zu erringen.
Der selbst ernannte Punk sprach sich im November 2021 für „unpopuläre Maßnahmen“ zur Bekämpfung der Ausbreitung von Corona aus. Auch in der Ukrainekrise vertritt Wlazny die Positionen des Establishments. Umfragen sehen „Marco Pogo“ zwischen fünf und zehn Prozent.
Stärken
Bundespräsidentenwahlen bieten von Zeit zu Zeit auch Juxkandidaten eine Möglichkeit, sich zu profilieren. Vor allem jüngere männliche Wähler aus den Städten könnten in dem vermeintlichen Anarchisten eine willkommene Option sehen, um politische Unzufriedenheit auszudrücken – ohne deshalb auf rechte Kandidaten zurückgreifen zu müssen.
Schwächen
Die meisten potenziellen Wähler Wlaznys wissen nicht, wofür er inhaltlich steht – und wollen es auch nicht wissen. Je mehr sich die Auswirkungen der Energiekrise zuspitzen und existenzielle Ängste in den Vordergrund treten, umso weniger Motivation werden Wahlberechtigte jedoch verspüren, Show-Kandidaten ihre Stimme zu geben.
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