Ukrainische Drohnen nahe Moskau abgeschossen – Chinas Ministerpräsident besucht Putin
Die russische Luftabwehr hat nach Angaben des Moskauer Bürgermeisters ukrainische Drohnen abgeschossen, die in Richtung Moskau unterwegs gewesen seien. Alle Angriffe seien erfolgreich abgewehrt worden, erklärte Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin am Mittwoch im Onlinedienst Telegram.
Es sei „einer der größten Versuche, Moskau mit Drohnen anzugreifen, die es je gegeben hat“. Die russische Luftabwehr habe elf Drohnen abgeschossen. In einem früheren Beitrag schrieb Sobjanin, dass keine Schäden oder Opfer gemeldet worden seien.
Am südlichen Rand Moskaus
Einige der Drohnen gingen im Bezirk Podolsk nieder, der nur wenige Dutzend Kilometer südlich der Moskauer Stadtgrenze liegt, wie der Bürgermeister der russischen Hauptstadt, Sergej Sobjanin, mitteilte. Ihm zufolge wurden zunächst acht Drohnen auf dem Weg nach Moskau abgefangen.
Weitere Drohnen wurden der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass zufolge in den Gebieten Tula und Brjansk abgeschossen. Nähere Angaben zum Typ der abgeschossenen Flugapparate gab es nicht. Im südrussischen Gebiet Rostow sei unterdessen eine Rakete abgeschossen worden. In allen Fällen habe es nach ersten Erkenntnissen keine Opfer oder Zerstörungen gegeben.
Drohnenangriffe auf Moskau sind selten. Im Mai hatte Russland erklärt, eine Drohne außerhalb der Hauptstadt abgeschossen zu haben.
Seit Beginn des Konflikts im Jahr 2022 hat die Ukraine wiederholt Öl- und Gasanlagen tief in Russland angegriffen, teilweise hunderte Kilometer von der Grenze entfernt. Kiew hat dies als „faire“ Vergeltung für Angriffe auf Energieinfrastruktur der Ukraine bezeichnet.
Chinas Ministerpräsident in Moskau
Heute werden sowohl Putin als auch Regierungschef Michail Mischustin den chinesischen Ministerpräsidenten Li Qiang empfangen. Li Qiang ist vom 20. bis 22. August auf Einladung Mischustins in Moskau.
China gilt als wichtigster Partner Russlands. Moskau ist nach Beginn seines Angriffskriegs in Abhängigkeit von Peking geraten. China hat im Gegensatz zu Europa und den USA Russlands Krieg nicht verurteilt und ungeachtet der westlichen Sanktionen den Handel mit seinem Nachbarn ausgebaut.
Pentagon: Russland tut sich mit Kursk-Gegenoffensive schwer
Nach Einschätzung des US-Verteidigungsministeriums hat Russland Schwierigkeiten, auf die ukrainische Gegenoffensive in Kursk zu reagieren. Es gebe Anzeichen dafür, dass Moskau eine kleine Zahl an Einheiten in das Gebiet verlege, sagte Pentagon-Sprecher Pat Ryder in Washington.
„Generell würde ich aber sagen, dass Russland sich wirklich schwer damit tut, zu reagieren.“ Die Ukraine habe ihren Gegner „eindeutig in Bedrängnis gebracht“, betonte Ryder. Ukrainische Streitkräfte rückten demnach weiterhin in das Gebiet vor.
Auf die Frage, ob Washington den Vorstoß der Ukrainer öffentlich befürworte, antwortete Ryder nicht direkt, sondern verwies auf den ukrainischen Staatschef Selenskyj. Dieser habe gesagt, dass es darum gehe, eine Pufferzone zu schaffen, erläuterte der US-Sprecher. Man setze die Gespräche mit Kiew fort, um mehr über die genauen Ziele zu erfahren.
Ryder betonte jedoch wie bereits eine Pentagon-Sprecherin am Tag zuvor, dass die ukrainische Gegenoffensive in Kursk nichts an der Unterstützung der USA für Kiew ändere.
Die Lage in der Region Kursk ist nach Ansicht von Militärexperten schwierig für die dort stationierten russischen Truppen. Speziell Einheiten südlich des Flusses Sejm droht nach der Sprengung mehrerer Brücken die Einschließung. Im Netz kursierten im Tagesverlauf mehrere Videos, wie ukrainische Drohnen Militärfahrzeuge zerstörten, die versuchten, Behelfsbrücken über den Fluss zu verlegen.
Das US-Institut für Kriegsstudien (ISW) nannte Fotos aus der Region als Beleg dafür, dass die Ukrainer sich dichter an die Kreisstadt Korenjewo vorkämpfen. Von der Stadt Sudscha aus, die gleich zu Beginn der Offensive in ukrainische Hände fiel, gehe der Vormarsch nach Osten weiter.
Russland führt allmählich Truppen zur Verteidigung des Gebiets heran. Dies scheint allerdings nicht – wie von der ukrainischen Führung eventuell erhofft – zulasten der russischen Angriffe im Gebiet Donezk zu gehen.
Kremlchef Putin zieht Parallelen zu Terrorismus
Russlands Präsident Wladimir Putin hat sich bislang ebenfalls schwergetan, eine passende Antwort auf den ukrainischen Vormarsch zu geben. Bei einer Reise in den Kaukasus versuchte er nun die Offensive in eine Reihe mit einer Massengeiselnahme vor 20 Jahren zu stellen.
„Wir wissen sehr gut, dass aus dem Ausland nicht nur versucht wurde, das ungeheure Verbrechen zu rechtfertigen, sondern dass von dort den Terroristen auch jegliche Hilfe geleistet wurde: moralische, politische, informative und finanzielle“, sagte Putin bei einer Gedenkveranstaltung in der Kleinstadt Beslan.
In Beslan hatten im September 2004 über 30 Terroristen mehr als 1100 Menschen – Kinder, Eltern und Lehrer – in einer Schule als Geiseln genommen. Beim Sturm der Schule kamen 334 Menschen ums Leben, mehr als die Hälfte davon Kinder. Gegen diese „Feinde Russlands“, müsse Russland auch heute noch kämpfen.
Nun würden sie Verbrechen im Gebiet Kursk und im Donbass verüben. Doch genauso wie damals gegen die Terroristen werde Russland heute auch gegen die „Neonazis“ siegen, versicherte der 71-Jährige. Bei einer anschließenden Reise nach Tschetschenien besuchte Putin mit dem dortigen regionalen Machthaber Ramsan Kadyrow unter anderem ein Zentrum für die Ausbildung von Spezialkräften, wo russische Soldaten für den Krieg trainiert werden.
Kursk und Selensky
Nach ukrainischen Angaben rücken ukrainische Truppen in der westrussischen Region Kursk weiter vor. Ihrem Oberbefehlshaber Olexander Syrskyj zufolge kontrollieren sie inzwischen 1263 Quadratkilometer und 93 Ortschaften in der Region. Am Vortag hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj noch von 1250 Quadratkilometern und 92 Orten gesprochen.
Derweil gehen die Kämpft im Osten der Ukraine weiter. Die Lage im Osten der Ukraine, speziell im Raum um die Städte Pokrowsk und Torezk, sei schwierig, bekannte Selenskyj. „Die Verteidiger tun alles, um die Okkupanten zu vernichten“, sagte er, ohne näher auf Details einzugehen.
Der Generalstab in Kiew berichte, allein am Frontabschnitt Pokrowsk habe es am Dienstag 66 russische Sturmangriffe gegeben. Diese seien zurückgeschlagen worden, hieß es, ohne dass dies unabhängig zu bestätigen war.
Kämpfe gab es demnach um viele Ortschaften, die für die Russen auf dem Weg in das noch etwa zehn Kilometer entfernte Pokrowsk liegen. Russische Militärblogger berichteten von einem Vordringen ihrer Truppen.
Die Industrie- und Bergbaustadt Pokrowsk im Gebiet Donezk zählte vor dem Krieg etwa 65.000 Einwohner, sie ist wichtig für die Versorgung der ukrainischen Truppen an diesem Frontabschnitt. Auch Oberbefehlshaber Olexander Syrskyj räumte die schwierige Lage ein. Auf russischer Seite hieß es, die ukrainische Verteidigung bei Pokrowsk schwanke. Heftige Gefechte gab es nach ukrainischen Militärangaben auch weiter nördlich bei Torezk.
Habeck: Verpflichtung gegenüber der Ukraine „gilt ohne Wenn und Aber“
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat derweil der Ukraine weitere Unterstützung zugesichert. „Die G7 haben alles Notwendige auf den Weg gebracht: Die Ukraine bekommt in Zukunft Geld, von dem sie sich die dringend benötigten Waffensysteme kaufen kann“, sagte Habeck den Zeitungen der Funke-Mediengruppe mit Blick auf die geplante Milliardenhilfe der G7-Staaten.
„Das ist richtig so und wird zum Ende des Jahres – nach allem, was ich höre – auch kommen“, fuhr der Grünen-Politiker fort. Die Ukraine erhalte dann 50 Milliarden, zusätzlich stünden aus dem Bundeshaushalt vier Milliarden im kommenden Jahr bereit.
Sollte das nicht gelingen‚ „müssen wir neu diskutieren“, sagte Habeck. Dann müsse die Unterstützung „anders besorgt werden“. Die Verpflichtung der Ukraine gegenüber „gilt ohne Wenn und Aber“.
Habeck sagte, dass der Übergang zum geplanten G7-Modell ein Problem werden könne, „falls neue Aufträge nicht mehr erteilt werden können, weil die bisherigen Haushaltsansätze ausgereizt sind“. Habeck schlug vor, eine pragmatische Lösung mit der Ukraine zu finden. „Dazu müsste sichergestellt werden, dass die Waffensysteme jetzt bestellt und später aus den G7-Mitteln bezahlt werden“, sagte er.
Ein Beschluss des G7-Gipfels vom Juni sieht vor, Kapitalerlöse aus eingefrorenen russischen Guthaben für Kredite an die Ukraine zu nutzen.
(afp/dpa/red)
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