Ukraine-Konflikt: Scholz berät mit Chefs baltischer Staaten
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) trifft heute die Spitzen der drei Balten-Staaten, um mit ihnen über die Ukraine-Krise zu beraten.
Er empfängt am Abend den litauischen Präsidenten Gitanas Nausėda, die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas und den lettischen Ministerpräsidenten Krišjānis Kariņš im Berliner Kanzleramt.
Kallas sprach sich vor dem Treffen dafür aus, die Ukraine mit Waffen zur Verteidigung gegen Russland zu versorgen. „Es ist jedem Land selbst überlassen, welche Art von Hilfe es der Ukraine anbieten möchte. Wir halten es für sehr wichtig, der Ukraine in jeder erdenklichen Weise zu helfen“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. „Estland ist bereit, Waffen und Munition bereitzustellen, um der Ukraine in Zusammenarbeit mit unseren Verbündeten zu helfen, sich gegen eine russische Aggression zu verteidigen.“
Nachbarstaaten fühlen sich bedroht
Estland hat bei der Bundesregierung beantragt, neun Artilleriegeschütze in die Ukraine liefern zu dürfen, die aus DDR-Beständen stammen. Eine Zustimmung Deutschlands bei einer Weitergabe dieser Kanonen mit 15 Kilometern Reichweite ist laut Vertrag erforderlich. Deutschland prüft die Anfrage seit Wochen. Die Bundesregierung lehnt die Lieferung tödlicher Waffen an die Ukraine ab.
Die früheren Sowjetrepubliken Estland, Lettland und Litauen gehören neben Polen zu den EU-Staaten, die an Russland grenzen. Sie fühlen sich daher besonders von dem mächtigen Nachbarland bedroht. Die Balten treten für einen harten Kurs gegenüber Moskau ein und lehnen die Gaspipeline Nord Stream 2 von Russland nach Deutschland ab.
Neben dem Balten-Gipfel gibt es ein weiteres wichtiges Treffen in Sachen Ukraine-Krise in Berlin: Die Konfliktparteien Russland und Ukraine werden zum zweiten Mal seit Beginn des Truppenaufmarschs an der ukrainischen Grenze wieder an einem Tisch sitzen. Die außenpolitischen Berater der beiden Präsidenten kommen mit ihren Kollegen aus Deutschland und Frankreich zusammen, die in dem Konflikt vermitteln.
Auch auf anderen Ebenen gehen die Bemühungen um eine Lösung der Krise weiter. US-Präsident Joe Biden telefonierte am Mittwoch mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nach dessen Besuchen bei den Staatschefs in Moskau und Kiew. Beide sprachen über laufende diplomatische Initiativen und „Abschreckungsbemühungen“ in enger Abstimmung mit den Verbündeten, teilte das Weiße Haus mit.
Auch Großbritannien setzt die diplomatischen Bemühungen im Ukraine-Konflikt fort. Premierminister Boris Johnson wird bei Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel erwartet und zudem nach Polen reisen. Dort will er mit Präsident Andrzej Duda und Ministerpräsident Mateusz Morawiecki sprechen. Johnson war vergangene Woche nach Kiew gereist.
Truss: Diplomatie einziger Weg
Die britische Außenministerin Liz Truss traf am Mittwoch zu einem zweitägigen Besuch in Moskau ein. Nach der Landung forderte sie Russland auf, seine Truppen umgehend von der ukrainischen Grenze abzuziehen. „Jedes Eindringen wäre ein riesiger Fehler. Diplomatie ist der einzige Weg, und Russland muss diesem Pfad folgen“, sagte Truss. Ihre Regierung ließ zudem 1000 weitere in Großbritannien stationierte Soldaten in Bereitschaft versetzen, „um die Nato und Verbündete im Falle einer humanitären Krise (in der Konfliktregion) zu unterstützen“. Am Montag hatte das Verteidigungsministerium bereits angekündigt, 350 weitere Soldaten nach Polen zu schicken.
Parallel zu den laufenden Friedensbemühungen und diplomatischen Initiativen wollen Russland und Belarus offiziell ein gemeinsames Militärmanöver beginnen. Die Übungen etwa im Süden von Belarus an der Grenze zur Ukraine seien angesichts der „beispiellosen Bedrohung“ notwendig, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow nach Angaben der Agentur Interfax. Es seien nicht die ersten Übungen dieser Art, aber sie fielen diesmal wegen der Spannungen mit dem Westen größer aus als sonst. In den vergangenen Tagen hatte es bereits einzelne Manöver beider Armeen gegeben.
Moskau pocht auf internationales Recht
Die Nato wirft Russland die Verlegung von rund 30.000 Soldaten nach Belarus vor, mit der eine Drohkulisse gegenüber der benachbarten Ukraine geschaffen werde. Moskau betonte hingegen, die Übung stehe in Einklang mit internationalem Recht und die festgeschriebene Höchstzahl an Soldaten werde nicht überschritten. Die russischen Streitkräfte sollten zudem nach Ende des Manövers Belarus wieder verlassen.
Zeitgleich mit den russisch-belarussischen Manövern hat auch die benachbarte Ukraine landesweite Militärübungen vor allem im Umgang mit neuen westlichen Waffen angekündigt. (dpa/red)
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