Überschwemmt mit Russland-Gas: Warum Österreich noch so viel davon importiert

Nach Beginn des Ukraine-Krieges wollten sich fast alle EU-Länder von russischem Gas lösen. Österreich ist dies nicht gelungen. Derzeit wird das Land damit regelrecht überschwemmt – zumindest anteilmäßig.
Österreich
Die Elektrolyseanlage eines Gas-Speichers in Gampern, Oberösterreich. Ein Großteil der Importe stammen aus Russland.Foto: Alex Halada/AFP via Getty Images
Von 18. Dezember 2023

Österreich bezieht weiterhin einen Großteil seines Gases aus Russland. Laut Daten der österreichischen Energie-Regulierungsbehörde E-Control liegt der russische Anteil an importiertem Erdgas dieses Jahr bei durchschnittlich 60 Prozent.

Derzeit wird Österreich regelrecht überschwemmt mit dem fossilen Brennstoff aus Russland. Im Oktober waren es laut „Statista“ sogar 90 Prozent – ein Höchststand, seit die Daten veröffentlicht werden.

Deutschlands Nachbar gehört laut dem Energiefachmedium „energate messenger“ neben der Slowakei und Ungarn zu jenen EU-Staaten, die noch stark von russischen Gasimporten abhängig sind.

Österreich importierte im vergangenen Oktober europaweit die meisten Energieprodukte von Russland. In Summe kamen 15,3 Prozent der Gasimporte der EU-Länder im dritten Quartal 2023 aus Russland.

Bleibt der Gasfluss aus Russland bestehen?

Bereits seit mehr als einem halben Jahrhundert ist Österreich laut „Finanzmarktwelt“ ein Drehkreuz für Gas aus Russland. Das Alpenland besitzt Speicherdepots und Pipelines, die schon seit Langem für die Weiterleitung des Brennstoffs nach Ungarn, Deutschland, Italien und Slowenien ausgelegt sind.

Aufgrund des Ukraine-Krieges strebt Österreich nach eigenen Angaben jedoch eine Abkehr von Russland und dessen Gaslieferungen an. Das ist allerdings nicht so einfach umzusetzen. Denn zwischen dem teilstaatlichen Energiekonzern OMV und dem russischen Energieriesen Gazprom besteht ein langfristiger Vertrag. Dieser verpflichtet Österreich dazu, das an der Grenze ankommende Gas abzukaufen.

Ob OMV als Vertragspartner von Gazprom jemals versucht habe, einen Ausstieg zu verhandeln, wollte das Unternehmen der dpa nicht beantworten.

Trotz des hohen Gasflusses und gut gefüllter Speicher haben Walter Boltz, ehemaliger E-Control-Chef, sowie Gerhard Roiss, Ex-Chef von OMV, Bedenken bezüglich der Versorgungssicherheit. Erst kürzlich haben beide vor der mangelnden Vorbereitung auf einen möglichen Ausfall der Lieferungen aus Russland gewarnt.

„Das hat dann hohe Preise zur Folge“, sagte Boltz der dpa. Österreich habe zwar genügend Reserven für solch einen Notfall eingelagert, aber Gas würde trotzdem teurer werden, weil die Pipeline-Kapazitäten auf der Alternativ-Route von Deutschland nach Österreich begrenzt seien, sagte Boltz.

Die Experten kritisierten, dass der Pipeline-Betreiber Gas Connect Austria (GCA) den Ausbau einer Leitung für Gas aus Deutschland nicht aktiv vorantreibe.

Reduzierte Liefermenge

Trotz des hohen Anteils russischen Gases hat aber auch Österreich die Importmenge an Gas reduziert. Laut Zahlen der Regulierungsbehörde E-Control importierte das Land im Oktober aus allen Herkunftsländern 12.137 Gigawattstunden (GWh). Zum Vergleich: Im Oktober des Vorjahres insgesamt lag die Importmenge insgesamt noch bei 25.417 GWh.

Den Trend, dass insgesamt weniger Gas aus Russland komme, bestätigte der Vorstand der E-Control, Alfons Haber, dem österreichischen Nachrichtenportal „Puls 24“. Die Menge an Gas aus Russland liege in etwa im Bereich der Monate April bis Juli. Damals lag dessen Anteil aber nur zwischen 52 und 66 Prozent.

Obwohl Russland momentan insgesamt weniger liefert, sind seine Einnahmen pro GWh aber deutlich angestiegen. Der Ökonom Jan Kluge von der Denkfabrik Agenda Austria erklärte, dass Österreich heute mehr zahle als vor dem Ukraine-Krieg. Im Vergleich zu 2019 „beziehen wir heute 30 Prozent weniger Gas aus Russland, zahlen dafür aber mehr als das Doppelte.“

Alternative Gasmengen gesichert

Das russische Gas fließt durch die Ukraine nach Österreich. Die ukrainische Vizepremierministerin Olha Stefanischyna hat zugesichert, dass das auch noch so bleibt, obwohl Kiew den Gas-Transitvertrag mit dem russischen Gazprom-Konzern auslaufen lassen will.

Aus Sicht der E-Control ändert das nichts an dem Risiko, dass die Pipeline im Zuge des Konflikts beschädigt werden könnte. „Die Leitung liegt nach wie vor im Kriegsgebiet“, sagte die Leiterin der Gas-Abteilung bei E-Control, Carola Millgramm, der dpa. Die GCA sei verpflichtet, den bereits genehmigten Pipeline-Ausbau umzusetzen, betonte sie.

Sie rechne mit einer sicheren Versorgung im Winter, falls die Gasimporte stabil bleiben, sagte Millgramm. Im Gegensatz zu Boltz hält sie die Transportkapazitäten auf Alternativrouten aus Italien oder Deutschland für ausreichend.

Für den Fall eines Lieferstopps hat sich OMV alternative Gasmengen gesichert. Die meisten regionalen Energieversorger würden hingegen noch zu stark auf Russland setzen, sagte Boltz: „Ich habe den Eindruck, dass die Firmen ein bisschen den Kopf in den Sand stecken und hoffen, dass es schon nicht so schlimm kommen wird.“

(Mit Material der Nachrichtenagenturen)



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