Überraschend enges Wahlergebnis in Ecuador: Stichwahl wahrscheinlich

Bei der Präsidentschaftswahl in Ecuador wird es voraussichtlich zu einer Stichwahl zwischen dem rechtsgerichteten Amtsinhaber Daniel Noboa und seiner linken Herausforderin Luisa González kommen.
Nach der Auszählung von rund 90 Prozent der Stimmen lag Noboa nach offiziellen Angaben am Sonntagabend (Ortszeit) bei 44,4 Prozent, González bei 43,9 Prozent.
González bewertete die Zwischenergebnisse vor jubelnden Anhängern in der Hauptstadt Quito als „statistischen Gleichstand“ in ihrem Rennen mit Noboa und bezeichnete ihr unerwartet gutes Abschneiden als „großen Sieg“ für das südamerikanische Land.
Möglicher Termin: 13. April
Präsident Noboa war aufgrund der Umfragen als Favorit in die Wahl gezogen. Auch die kurz nach Schließung der Wahllokale veröffentlichten Prognosen hatten ihm einen recht deutlichen Vorsprung vorhergesagt. Diese auf Nachwahlbefragungen basierenden Prognosen sahen den Präsidenten bei leicht über 50 Prozent.
Die späteren Auszählungsergebnisse deuteten darauf hin, dass es voraussichtlich zu einer Stichwahl zwischen Noboa und González kommen wird. Nur bei einem Stimmenanteil von mehr als 50 Prozent oder einem Vorsprung von mindestens zehn Prozentpunkten hätte einer der Kandidaten die Wahl bereits in der ersten Runde für sich entschieden.
„Wenn der Trend anhält, werden wir am 13. April zu den Urnen zurückkehren“ zu einer Stichwahl, erklärte die Vorsitzende des Nationalen Wahlrats (CNE), Diana Atamaint. Der Wahltag sei „absolut normal“ verlaufen, die Wahlbeteiligung habe bei etwas über 83 Prozent gelegen, fügte sie hinzu. Zur Wahl waren 13,7 Millionen Bürger im Alter zwischen 18 und 65 Jahren aufgerufen gewesen.
Drogenkartelle und Bandengewalt
Noboa – mit 37 Jahren einer der jüngsten Präsidenten der Welt – war als Favorit in die Wahl gegangen. Er trat für die Partei Accion Democratica Nacional (Nationale Demokratische Aktion) an. In den Umfragen vor dem Urnengang hatte der Millionär und Geschäftsmann vorn gelegen, obwohl seine Amtszeit nur kurz und von einem Anstieg der Gewalt überschattet war.
Noboa versucht, hart gegen die Drogenkartelle vorzugehen. Seine Gegner werfen ihm unter anderem vor, dabei bewusst Menschenrechtsverletzungen in Kauf zu nehmen.
Das kleine, ehemals als relativ sicher geltende Ecuador hat sich in den vergangenen Jahren zu einer Drehscheibe des internationalen Drogenhandels entwickelt. Kartelle und Banden kämpfen um Reviere und um Schmuggelrouten, über die Kokain und andere Drogen aus den Nachbarländern Kolumbien und Peru nach Europa, Australien und in die USA gelangen.
Seine Rivalin González wird von dem im Exil lebenden, immer noch einflussreichen linksgerichteten Ex-Präsidenten Rafael Correa unterstützt. Sie hat Anhänger vor allem in ärmeren Gesellschaftsschichten und in ihrer Heimatregion an der Pazifikküste. González trat für die Partei Movimiento Revolución Ciudadana (Bürgerliche Revolutionsbewegung) an.
Noboa und González waren bereits bei einer vorgezogenen Wahl 2023 gegeneinander angetreten. In einer Stichwahl im Oktober 2023 setzte sich Noboa dann knapp durch. Sein Vorgänger Guillermo Lasso hatte die Wahl angesetzt, um einem drohenden Amtsenthebungsverfahren wegen Korruptionsvorwürfen zu entgehen. Nach dem Ende der regulären Amtszeit Lassos wurde nun erneut gewählt.
Feuerwerk und Hupkonzerte
In der Hauptstadt Quito und in der Hafenstadt Guayaquil wurde die Auszählung der Stimmen von Feuerwerken und Hupkonzerten begleitet. „Ich bin gekommen, um den Präsidenten zu unterstützen, weil wir wollen, dass er uns bei der Veränderung unseres Landes unterstützt“, sagte die 52-jährige Sekretärin Myriam Medrano der Nachrichtenagentur AFP in einem Hotel in Quito, wo eine Pressekonferenz stattfinden sollte.
Die Lage in Ecuador sei „sehr kritisch“, es gebe „viel Unsicherheit, wenig Arbeit, viele Menschen gehen weg“, sagte Luis Briones, ein 56-jähriger Ingenieur. Der politische Analyst Leonardo Laso sprach mit Blick auf die Situation in Ecuador von „der schlimmste Krise seit unserer Rückkehr zur Demokratie“ vor fast einem halben Jahrhundert. (afp/red)
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