U-Bahn-Drama in New York: Ex-Soldat Daniel Penny freigesprochen

In dem aufsehenerregenden Gerichtsprozess um den Tod eines schwarzen Obdachlosen in einer New Yorker U-Bahn wurde ein weißer Ex-Soldat freigesprochen.
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Der Fall erregte auch international große Aufmerksamkeit. Daniel Penny trifft am 9. Dezember 2024 im Strafgerichtshof von Manhattan in New York City ein.Foto: Alex Kent/Getty Images
Von 10. Dezember 2024

In dem Fall um den Tod des Obdachlosen Jordan Neely hat ein Geschworenengericht in Manhattan den ehemaligen US-Marine Daniel Penny vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen.

Der Vorfall ereignete sich am 1. Mai 2023 in einer New Yorker U-Bahn. Neely, ein 30-jähriger schwarzer obdachloser Mann mit psychischen Problemen, begann laut Zeugenaussagen, Passagiere anzuschreien und zu bedrohen. Daniel Penny, ein 24-jähriger, weißer ehemaliger Soldat, griff ein. Zusammen mit zwei anderen Fahrgästen überwältige er Neely und nahm ihn dann in einen Würgegriff.

Neely verlor daraufhin das Bewusstsein und wurde in ein Krankenhaus gebracht, wo er für tot erklärt wurde. Die Gerichtsmedizin stufte den Fall als Tod durch Fremdverschulden ein, und nannte ein Zusammendrücken des Halses als Todesursache.

Eine Jury in Manhattan sprach Daniel Penny am 9. Dezember vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung im Zusammenhang mit dem Tod von Neely frei.

Hauptanklagepunkt fallen gelassen

Am 6. Dezember hatte Richter Maxwell Wiley zugestimmt, den Hauptanklagepunkt des Totschlags zweiten Grades fallen zu lassen, als die Jury nach dreitägiger Beratung keine einstimmige Entscheidung treffen konnte.

Sobald der Sprecher der Jury „nicht schuldig“ sagte, ertönten kurzzeitig Jubel und Applaus im vorderen Teil des Gerichtssaals, bevor die Gerichtsdiener unter Androhung des Verweises alle aus dem Saal aufforderten, sich zu beruhigen.

In Neelys Familie und unter seinen Unterstützern war die Reaktion eine ganz andere. Gerichtsdiener baten zwei Personen wegen ihrer wütenden Äußerungen und ihres Verhaltens, den Saal zu verlassen.

Das Urteil bildet den Abschluss eines genau beobachteten Prozesses, der etwas mehr als einen Monat dauerte – von der Vorvernehmung und der Besetzung der Jury Ende Oktober über die Zeugenaussagen im November bis zu den Schlussplädoyers und den Beratungen der Jury in der vergangenen Woche.

Einigkeit bei Zeugen

Die Zeugen waren sich einig, dass Neely an der Second Avenue Station in Manhattan in einen Zug der F-Linie in Richtung Norden stieg und sofort anfing zu schreien, dass er hungrig und obdachlos sei und es ihm egal sei, ob er wieder ins Gefängnis müsse.

Die Zeugin Lori Sitro, die ihren kleinen Sohn bei sich hatte, als Neely in den Zug stieg, sagte, dass Neelys Verhalten sie so sehr um die Sicherheit des Jungen fürchten ließ, dass sie seinen Kinderwagen vor den Jungen stellte, um ihn vor Neely zu schützen. Sie bedankte sich bei Penny dafür, dass er schnell gehandelt hatte, um die Fahrgäste zu schützen.

Sitros Aussage stimmte mit der anderer Zeugen überein, wie der von Yvette Rosario, die sagte, dass Neelys Verhalten sie so sehr erschreckte, dass sie dachte, sie würde ohnmächtig werden, und sie ihren Kopf auf die Brust einer Freundin legte.

Dan Couvreur sagte, der Vorfall sei weitaus schlimmer gewesen als andere angespannte Momente, die er in der U-Bahn erlebt hatte.

Eine weitere Zeugin, Alethea Gittings, bezeichnete Neelys Worte als „sehr laut, sehr bedrohlich, sehr beunruhigend“ und dankte Penny dafür, dass er eingeschritten war, um sie und andere in der U-Bahn zu schützen.

Anklage vs. Verteidigung

Die leitende Staatsanwältin Dafna Yoran wies in ihrem Schlussplädoyer an die Geschworenen am 3. Dezember darauf hin, dass einige von ihnen sich möglicherweise dankbar fühlten, dass sich Penny für den Schutz der Fahrgäste eingesetzt hat, und es nicht einfach sein würde, seine potenzielle Schuld oder Unschuld abzuwägen.

Yoran sagte auch, dass es schwierig sein könnte, einen Mann zu verurteilen, der versucht hatte, das Richtige zu tun, und nicht mit der Absicht gehandelt hatte, jemandem das Leben zu nehmen.

Die Verteidigung argumentierte, dass Penny angesichts der Zeugenaussagen der Anwesenden im Zug mutig und selbstlos gehandelt habe und die Regierung versuche, einen guten Mann zum Sündenbock zu machen.

Die Anklage und die Verteidigung waren sich in Bezug auf die Todesursache von Neely, die Angemessenheit der Anwendung tödlicher körperlicher Gewalt zum Schutz der Fahrgäste und die Gültigkeit der Behauptungen der Verteidigung, dass Pennys Handlungen nach New Yorker Recht gerechtfertigt seien, vollkommen uneinig.

Die Aussagen der Mediziner

Während des Prozesses hörten die Geschworenen eine Reihe von Zeugen, darunter Personen, die sahen, wie Penny und Neely kämpften. Zudem gaben zwei medizinische Experten sich widersprechende Aussagen über Neelys Tod ab. Zuletzt wurden Personen aus Pennys persönlichem Umfeld gehört.

Die Staatsanwaltschaft rief Dr. Cynthia Harris, eine Gerichtsmedizinerin aus New York City, die die Autopsie von Neely durchgeführt hatte, in den Zeugenstand.

Harris sagte, sie habe in Neelys Körper synthetische Cannabinoide gefunden, die stärker als Marihuana seien und in Bezug auf ihre Fähigkeit, jemanden aggressiv zu machen, in der Tat mit Kokain vergleichbar seien.

Sie sagte, dass die Gefäß- und Atemwegsschädigung, die Pennys Würgegriff verursachte, die Ursachen für Neelys Tod waren. Dies führte zu einem „sauerstoffarmen Zustand des Gehirns“, ein Zustand, der „ausreichend ist, um den Tod zu verursachen“, sagte Harris am 15. November unter Eid aus.

Die Verteidigung versuchte, die Theorie der Staatsanwaltschaft zu entkräften. Die rief -Dr. Satish Chundru, einen zertifizierten forensischen Pathologen, in den Zeugenstand.

Unter der direkten Befragung durch den Verteidiger Steve Raiser sagte Chundru aus, dass eine Reihe von Faktoren, die zusammenwirkten, zum Tod von Jordan Neely geführt hätten.

Chundru sagte, Harris hätte die Rolle anderer Faktoren berücksichtigen müssen, wie die Drogen in seinem Körper, seine Schizophrenie und eine Sichelzellenanämie, die unter dem Stress des Würgegriffs zu einer Krise wurde.

Er sagte, dass sich die roten Blutkörperchen im Körper von Menschen mit dieser Veranlagung unter Stress verformen. Anstatt ihrer üblichen runden Form nehmen sie eine Form an, die Chundru als „Sichelmond- oder Bananenform“ beschrieb. Dann könnten sie ihre lebenswichtige Funktion, Sauerstoff zu den Gewebezellen zu transportieren, nicht mehr erfüllen.

Während des Würgegriffs erlitt Neely eine Sichelzellkrise und starb als direkte Folge davon, wie Chundru aussagte.

Er machte geltend, dass die alleinige Schuldzuweisung an den Würgegriff das Ausmaß von Neelys Sichelzellenanämie und deren Neigung zu tödlichen Komplikationen während eines Vorfalls ignorierte, der für eine Durchschnittsperson nicht tödlich gewesen wäre.

Unterschiedliche Theorien

Die Staatsanwaltschaft und die Verteidigung stritten wiederholt darüber, was auf dem am Tatort aufgenommenen Handyvideo zu sehen war und was nicht.

Die Anwälte beider Seiten spielten dieses Video wiederholt auf Bildschirmen im Gerichtssaal ab. Dabei vertraten sie widersprüchliche Theorien darüber, wann Neely das Bewusstsein verlor und was nonverbale Beweise wie die Position seiner Zunge und die Bewegungen seiner Beine bedeuteten, während er in Pennys Würgegriff lag.

Chundru ging davon aus, dass Neely in einem der Videos zu einem Zeitpunkt noch bei Bewusstsein war und kämpfte. Yoran hingegen argumentierte, dass Penny dafür verantwortlich war, dass Neely das Bewusstsein verlor.

Pennys Charakter

Ein weiterer Aspekt des Falles betraf Pennys Charakter.

Der Richter neigte zur Auffassung der Staatsanwaltschaft, dass die Aussage von Charakterzeugen in einem Fall dieser Art unerheblich sei. Trotzdem erlaubte er Pennys Anwälten die Vernehmung von Zeugen, die mit Penny bei den Marines gedient hatten.

Diese bestätigten seinen Charakter als anständige, verantwortungsbewusste Person, die sich an Regeln hielt, gut mit anderen auskam und zumindest nach ihrer persönlichen Erfahrung nie Gegenstand von Beschwerden oder negativen Kommentaren war.

Angemessener Würgegriff?

Staatsanwältin Yoran nutzte die Aussage von Joseph Caballer, der Penny während seiner gemeinsamen Zeit bei den Marines Kampftechniken beigebracht hatte, um zu versuchen, ihren Fall zu untermauern, dass Pennys Handlungen über das hinausgingen, was seine Ausbildung zuließ oder billigte.

Der Würgegriff, den Penny bei Neely anwandte, sei weder aus Pennys und Neelys Körperhaltung noch von der Zeitspanne, die Penny Neely im Würgegriff hielt, angemessen gewesen, wie sie wiederholt behauptete.

Laut Yoran hätte Penny Neely loslassen müssen, sobald Neely das Bewusstsein verlor und nicht mehr in der Lage war, jemandem Schaden zuzufügen. Stattdessen hielt er aber Neely rund sechs Minuten lang im Würgegriff, was zum Erstickungstod geführt hätte.

Der Fall wurde zum Politikum, nachdem ein Video des Kampfes zwischen Penny und Neely kurz nach dem Vorfall für breite Empörung gesorgt hatte. Einige zogen Parallelen zum Tod des Afroamerikaners George Floyd im Jahr 2020. Zudem befeuerte Neelys Tod Diskussionen über den Umgang mit Obdachlosen und psychisch Kranken in New York.

Andere stellten sich auf die Seite des nun freigesprochenen Penny und sahen den Fall vielmehr als Beispiel für fehlende Sicherheit in den U-Bahnen. Sie argumentierten, dass Neely möglicherweise eine Gefahr für andere Menschen hätte sein können.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „Daniel Penny Found Not Guilty in Subway Death of Jordan Neely“. (deutsche Bearbeitung jw)



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