Twitter: Elon Musk will sich von Werbeboykott-Kampagne nicht einschüchtern lassen

Reiche linke Lobbyisten haben Großunternehmen dazu aufgefordert, ihre Werbung bei Twitter einzustellen. CEO Elon Musk holt zum Gegenschlag aus.
Die Twitter-Zentrale in San Francisco
Die Twitter-Zentrale in San Francisco, Kalifornien.Foto: David Odisho/Getty Images
Von 9. November 2022

Einen „massiven Einnahmenrückgang“ hat Twitter seit der Übernahme durch Tesla-CEO Elon Musk zu verzeichnen. Dies räumte Musk selbst am Freitag (4.11.) auf der Plattform ein. Verantwortlich dafür seien „aktivistische Gruppen, die Druck auf Werbetreibende ausüben“ – obwohl es bezüglich der Inhaltsmoderation noch gar keine Änderungen gegeben habe.

Gleichzeitig sei die Anzahl der aktiven Nutzer des Dienstes, seit Musk ihn übernommen habe, auf ein Allzeithoch gestiegen. Dies gehe aus internen Dokumenten hervor. Der neue CEO des Kurznachrichtendienstes warf den Initiatoren des Werbeboykotts vor, diese versuchten „die Redefreiheit in Amerika zu zerstören“.

Elon Musk droht Gegenboykott an

Musk hat mittlerweile angekündigt, Klagen wegen Geschäftsschädigung gegen die Beteiligten vorzubereiten. Gleichzeitig stellte er Unternehmen, die sich dem Werbeboykott anschließen, ein „thermonukleares Anprangern“ in Aussicht. Der Jurist Mike Davis, ein früheres Mitglied des Rechtsausschusses des US-Senats, hatte den Twitter-CEO zuvor aufgefordert, einen Gegenboykott zu initiieren.

Du hast fast 114 Millionen Follower auf Twitter. Prangere all jene Werbekunden an, die sich den Aufrufen unterwerfen, damit wir sie gegenboykottieren können! Und führ so bald wie möglich das Acht-Dollar-Abo ein, damit das Geld wieder reinkommt.“

Mehrere Unternehmen haben ihre Werbung bei Twitter nach Musks Übernahme bis auf Weiteres gestoppt. Zu den Betreffenden gehören General Motors, Pfizer, General Mills und Volkswagen-Tochter Audi. Gegen VW laufen in Brasilien Ermittlungen wegen des Verdachts auf Sklavenarbeit in den 1970er- und 1980er-Jahren. Außerdem steht der Konzern wegen seiner Investitionen in der chinesischen Provinz Xinjiang in der Kritik, wo das KP-Regime Uiguren brutal unterdrückt.

Netzwerk aus 40 linken Gruppen entwirft offenen Brief an Werbekunden

Im zweiten Vierteljahr machte Twitter 1,08 von insgesamt 1,18 Milliarden US-Dollar an Einnahmen aus der Werbung. Elon Musk hatte jüngst angekündigt, Nutzer würden für das Verifizierungshäkchen an ihrem Account künftig eine Monatsgebühr von acht US-Dollar bezahlen müssen.

Hinter der Kampagne gegen Musk und dessen Konzept für Twitter steht eine obskure Vereinigung, die sich „Accountable Tech“ nennt. Diese hatte sich mit einem offenen Brief an Twitter-Werbekunden gewandt und darin schwere Vorwürfe gegen den neuen CEO erhoben. Unterzeichnet war das Schreiben von etwa 40 Gruppierungen, hauptsächlich aus dem linken Spektrum.
Die Bandbreite der Unterzeichner reichte von „Media Matters for America“ über selbst ernannte Watchblogs bis hin zu „#VOTEPROCHOICE“. Sie wandten sich eigenen Angaben zufolge an die 20 größten Werbekunden des Dienstes in den USA.

Desinformation über angebliche Überschwemmung mit Hassposts?

In dem Schreiben appellieren die Initiatoren an die Empfänger des Schreibens, die „Sicherheit der Marke“ und deren Bedeutung im Auge zu bewahren. Die Konzerne hätten „eine moralische und staatsbürgerliche Verpflichtung, sich gegen die Degradierung einer der einflussreichsten Kommunikationsplattformen der Welt zu wehren“.

Zuvor hatten sie Musk vorgeworfen, Verschwörungstheorien über die jüngste Attacke gegen den Ehemann von der Repräsentantenhaus-Sprecherin zu verbreiten. Außerdem nahmen sie Anstoß an den weitreichenden Plänen zum Abbau von Personal bei Twitter. Im Schreiben stellte „Accountable Tech“ zudem die Behauptung auf:

Innerhalb von 24 Stunden, nachdem Musk die Leitung übernommen hatte, wurde die Plattform mit Hass und Desinformation überschwemmt.“

Musk hingegen machte deutlich, dass die Zahl der Beiträge, die gegen die Nutzungsbedingungen verstießen, seit seiner Übernahme abgenommen habe. Allerdings sei der Dienst einer orchestrierten Aktion böswilliger Akteure auf die Schliche gekommen. Diese hätten Twitter gezielt mit übergriffigen Inhalten überschwemmt – offenbar, um die neue Führung zu diskreditieren.

Elon Musk: „Zerfall in rechts- und linksextreme Echokammern verhindern“

„Accountable Tech“ empörte sich zudem über die Ankündigung von Elon Musk, die Konten einiger zuvor gesperrter Nutzer wiederherzustellen. Gemünzt war diese Ankündigung unter anderem auf den früheren Präsidenten Donald Trump. Dieser hatte offen gelassen, ob er von dem Rückkehrangebot Gebrauch machen wolle.

Die Unterzeichner des „offenen Briefes“ hingegen sehen darin den Versuch, Urheber von Gewaltaufrufen, Diskriminierung und Desinformation wieder ein Forum zu bieten. Die Werbekunden sollten sich verpflichten, ihre Werbung auf Twitter einzustellen, sollte der neue CEO „Markensicherheit und Community-Standards […] untergraben“. Dies sei insbesondere im Fall der „Abschaffung der Inhaltsmoderation“ zu befürchten.

Elon Musk hatte hingegen in einem eigenen Schreiben an Werbekunden betont, dass „wahrheitsgetreue Information worüber auch immer“ nicht zensiert werde. Gegenüber den größten Werbetreibenden auf seiner Plattform äußerte der Twitter-CEO:

Der Grund, warum ich Twitter erworben habe, ist, dass es für die Zukunft der Zivilisation wichtig ist, einen gemeinsamen digitalen Marktplatz zu haben, auf dem ein breites Spektrum von Überzeugungen auf gesunde Weise diskutiert werden kann, ohne auf Gewalt zurückzugreifen.“

Derzeit bestehe die große Gefahr, dass sich „die sozialen Medien in rechts- und linksextreme Echokammern aufspalten, die mehr Hass erzeugen und die Gesellschaft spalten“. Musk erklärte, er könne keine Garantie dafür geben, dass sein Vorhaben Erfolg habe. Er werde aber auch nicht zulassen, dass Twitter „zu einer Höllenlandschaft wird, in der alles gesagt werden kann, ohne dass es Konsequenzen hat“.

Aktionseinheit von Clintons und Anti-Trump-Republikanern

Wie der Recherchedienst „The Dossier“ erläutert, steht hinter „Accountable Tech“ der „North Fund“. Diese in Washington. D. C. ansässige Organisation wird von der Gruppe „Arabella Advisors“ kontrolliert. Eric Kessler, ein Vertrauter der Clinton-Familie, hat dieses „philanthropische Beratungsunternehmen“ 2005 gegründet. Mit Jesse Lehrich und Zach Praiss beschäftigt „Accountable Tech“ zwei weitere namhafte Exponenten des Clinton-Netzwerks.

Arabella gilt als das bedeutendste linke „Dark Money“-Netzwerk der USA. Geldmittel zur Finanzierung seiner Tätigkeiten sollen vielfach über vordergründig gemeinnützige Organisationen fließen. Tatsächlich führt Arabella jedoch gezielte politische Kampagnen – unter anderem in Kooperation mit ähnlichen Schwarzgeld-Organisationen wie dem „Sixteen Thirty Fund“. Über dessen Praktiken hatte im vergangenen Jahr das Magazin „Politico“ geschrieben.

Arabella soll allein im Jahr 2020 nicht weniger als 1,7 Milliarden Dollar eingenommen haben. Von diesen seien 1,2 Milliarden Dollar in Wahlkämpfe geflossen – vorwiegend, um Donald Trump aus dem Weißen Haus zu bringen und den Demokraten eine Kongressmehrheit zu verschaffen.

Mit hohem finanziellen Einsatz habe Arabella jedoch auch Kampagnen wie jene gegen den späteren Höchstrichter Brett Kavanaugh geführt. Von Zuwendungen des Arabella-Netzwerks sollen auch neokonservative „Never Trump“-Aktivisten wie William Kristol profitiert haben.

Sogar aus dem Ausland kommt Geld für Arabella Advisors

Zu den wichtigsten direkten und indirekten Geldgebern von Arabella und „Sixteen Thirty“ sollen unter anderem der Milliardär George Soros und eBay-Gründer Pierre Omidyar gehören. Ein nicht unerheblicher Teil des Geldes der Gruppe kommt jedoch auch aus dem Ausland.

Der „New York Times“ zufolge hat der als radikal links geltende Schweizer Milliardär Hansjörg Wyss dem Fonds über 135 Millionen Dollar gespendet. Nicole Gill, die Mitbegründerin von „Accountable Tech“, war zuvor Direktorin bei dem von Wyss finanzierten „The Hub Project“.

Transparenz in eigener Sache gehört demgegenüber offenbar nicht zu den Prioritäten der „philanthropischen Beratung“. Im Juni 2020 soll Arabella eine eigene Vollzeitkraft angestellt haben, deren einzige Aufgabe darin bestanden haben soll, Editierwünsche an deren Wikipedia-Seite zu richten.

In einer kürzlich durchgeführten Umfrage unter seinen Followern auf Twitter fragte Musk, ob Werbetreibende „Redefreiheit““ oder „politische Korrektheit“ unterstützen sollten. Satte 78,3 Prozent der über 2,75 Millionen Umfrageteilnehmer sagten, dass Werbetreibende die Plattform weiterhin unterstützen sollten, da sie die Meinungsfreiheit fördere. Nur 21,7 Prozent meinten, Werbekunden sollten die „Moral“ über die Freiheit stellen.



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