TV-Debatte französischer Präsidentschaftskandidaten – Le Pen: „Werde keine Merkel-Stellvertreterin werden“
In der ersten TV-Debatte vor der Präsidentschaftswahl in Frankreich ist die rechtsgerichtete Kandidatin Marine Le Pen von ihren Konkurrenten scharf angegriffen worden.
Diese kritisierten am Montagabend im Privatsender TF1 Le Pens Pläne zu den Themen Einwanderung, Bildung und Sicherheit. Le Pen selbst erklärte, sie stehe für ein Frankreich, dass sich nichts von „überstaatlichen Organen“ diktieren lassen wolle; überdies wolle sie „nicht Stellvertreterin“ von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) werden.
Le Pen sah sich Attacken des parteilosen Mitte-Kandidaten Emmanuel Macron, des Konservativen François Fillon, des Sozialisten Benoît Hamon und von Linkspartei-Gründer Jean-Luc Mélenchon ausgesetzt. Fillon warf Le Pen vor, ihre Pläne zu einem Ausstieg aus der Eurozone würden „wirtschaftliches und soziales Chaos“ bringen.
Le Pen wiederum warf Fillon „Panikmache“ vor. „Das nennt man ‚Projekt Angst‘, Herr Fillon“, sagte die Front-National-Chefin. „Das kam bereits vor dem Brexit zum Einsatz“, sagte Le Pen, die die Franzosen nach dem Beispiel Großbritanniens über einen EU-Austritt abstimmen lassen will. Sie stehe für ein Frankreich, dass seine eigenen Interessen vertrete. „Ich habe nicht vor, Merkels Stellvertreterin zu werden“, sagte Le Pen, die Deutschland zuvor vorgeworfen hatte, dem Rest Europas Vorschriften zu machen.
Ein hitziger Wortwechsel entstand beim Thema Burkini, das in Frankreich im vergangenen Sommer für heftige Debatten gesorgt hatte. Während Le Pen argumentierte, der Ganzkörperbadeanzug für muslimische Frauen sei ein Zeichen für „die Zunahme des radikalen Islam in unserem Land“, warf Macron der Politikerin vor, die Gesellschaft spalten zu wollen.
Nach dem islamistischen Anschlag von Nizza mit 86 Toten am 14. Juli 2016 hatten zahlreiche französische Badeorte die Burkinis verboten. Nach einer Grundsatzentscheidung von Frankreichs Oberstem Verwaltungsgericht waren die meisten Burkini-Verbote aber gekippt worden.
In der Sicherheitsdebatte bezeichnete der Fillon Le Pens Plan, 40.000 zusätzliche Gefängnisplätze zu schaffen, als unrealistisch. „Ich schlage 16.000 Gefängnisplätze vor, das wäre schon mal nicht schlecht“, sagte Fillon, der Frankreich vor allem mit einem Sparprogramm wieder auf die Beine helfen will. Der Sozialist Hamon warf Le Pen vor, sie „berausche“ sich an den Vermischtenseiten in den Zeitungen.
Mit der Fernsehdebatte, die es in dieser Form in Frankreich vor einer Präsidentschaftswahl noch nie gegeben hat, beginnt die heiße Phase des Wahlkampfs. Bis zur ersten Wahlrunde am 23. April sind noch zwei weitere Fernsehdebatten geplant. Sie könnten das Präsidentschaftsrennen maßgeblich beeinflussen, zumal viele Franzosen noch unentschlossen sind, wem sie ihre Stimme geben sollen.
Im Rennen um die Nachfolge des unpopulären Sozialisten François Hollande sehen Umfragen derzeit den früheren Wirtschaftsminister Macron und Front-National-Chefin Le Pen vorne. Macron würde sich demnach in der Stichwahl am 7. Mai klar durchsetzen.
Nach jetzigem Stand würde es damit weder der konservative, noch der sozialistische Kandidat in die zweite Wahlrunde schaffen – das wäre ein Novum in Frankreichs jüngerer Geschichte. Der lange als Favorit gehandelte konservative Ex-Premierminister Fillon ist wegen der Scheinbeschäftigungsaffäre um seine Ehefrau und zwei seiner Kinder in Umfragen abgestürzt. Inzwischen liegt er nur noch auf dem dritten Platz und würde damit den Einzug in die Stichwahl verfehlen.
Der Sozialist Benoît Hamon liegt mit deutlichem Abstand auf dem vierten Platz, dicht gefolgt vom Linksaußen Mélenchon. In manchen Umfragen ist Mélenchon sogar mit Hamon gleichgezogen. (afp)
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