Ohne Angabe von Gründen: Tunesiens Präsident entlässt Regierungschef

Erneut hat der tunesische Präsident einen Regierungschef, Ahmed Hachani, entlassen. Seit 2021 wurden demokratische Institutionen systematisch abgebaut. Viele wirtschaftliche und politische Kritiker sitzen mittlerweile im Gefängnis. Derweil findet eine zunehmende Annäherung an China statt.
Tunesiens Präsident Kais Saied «nimmt nichts an, was Gnaden oder Almosen ähnelt.»
Tunesiens Präsident Kais Saied „nimmt nichts an, was Gnaden oder Almosen ähnelt“. Das bezog sich auf ein Angebot der EU und einen Migrationspakt. Saied pflegt gute Beziehungen zu China.Foto: Khaled Nasraoui/dpa
Von 8. August 2024

Kais Saied, Tunesiens Präsident, hat Regierungschef Ahmed Hachani ohne Angaben von Gründen entlassen. Neuer Regierungschef sei Sozialminister Kamel Madouri. So lautet eine Erklärung des Büros von Saied.

Hachani wurde von seiner Entlassung offenbar kalt erwischt. Noch wenige Stunden vor dem Rausschmiss hatte er in einer TV-Botschaft gesagt, seine Regierung habe Fortschritte erzielt. Er war seit 1. August 2023 Regierungschef.

Es ist nicht das erste Mal, dass Präsident Saied einen Premierminister ohne Erklärung entlässt; zuvor hatte er Najla Bouden auf ähnliche Weise entlassen.

Saied war 2019 demokratisch gewählt worden. Ursprünglich als Reformist an die Macht gekommen, nutzte er die Unzufriedenheit der Öffentlichkeit mit dem politischen Establishment und versprach, die Korruption zu bekämpfen und die wirtschaftlichen Bedingungen zu verbessern.

Tendenz zur Autokratie

Seine Präsidentschaft nahm im Juli 2021 eine entscheidende Wendung, als er das Parlament und den Premierminister entließ und damit einen Selbstputsch durchführte, der die Macht auf die Exekutive konzentrierte. Später änderte er die Verfassung, um die Macht im Staat weiter zu bündeln. Bei der Präsidentschaftswahl am 6. Oktober strebt Saied eine weitere Amtszeit an.

Seitdem hat Saied die demokratischen Institutionen systematisch abgebaut. Er setzte das Parlament außer Kraft, hob die parlamentarische Immunität auf und regierte per Dekret, was es ihm ermöglichte, den Gesetzgebungsprozess vollständig zu umgehen.

Im Jahr 2022 führte er eine neue Verfassung ein, die seine Autorität weiter festigte, indem sie die Befugnisse des Parlaments beschnitt und ein Präsidialregime mit begrenzter Kontrolle seiner Autorität einführte.

Dieser Wandel hat zu weit verbreiteten Befürchtungen hinsichtlich einer Autokratie in Tunesien geführt, da Saied auch politische Gegner und Andersdenkende ins Visier genommen hat, darunter Mitglieder der Ennahda-Partei und andere Kritiker seiner Regierung. Viele Kritiker sitzen mittlerweile im Gefängnis.

Annäherung an Peking

Saied stärkte in jüngster Vergangenheit seine Beziehungen zu China, was eine Verlagerung der tunesischen Außenpolitik widerspiegelt. Im Mai 2024 besuchte Saied China, um auf Einladung von Präsident Xi Jinping am Kooperationsforum China-Arabische Staaten teilzunehmen.

Dieser Besuch verdeutlichte die zunehmende Annäherung Tunesiens an China, zumal sich Saied nach seiner Machtkonsolidierung und den Veränderungen im politischen System Tunesiens von seinen westlichen Verbündeten, insbesondere den Vereinigten Staaten, distanziert hat.

Während seines Besuchs erörterten Saied und Xi Jinping die Vertiefung der Zusammenarbeit zwischen ihren Ländern, und es wurde eine Vereinbarung über eine verstärkte Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen wie Wirtschaft, Technologie, Gesundheit und Medien unterzeichnet.

Chinas KP verbündet sich zunehmend mit arabische Staaten und Ländern des globalen Südens.

(Mit Material der Agenturen)



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