Türkei: Justiz verhaftet Erdogan-Kontrahenten İmamoğlu – Absturz an der türkischen Börse

Istanbuls Bürgermeister Ekrem İmamoğlu ist festgenommen worden. Er ist der mächtigste Kontrahent von Staatschef Erdogan. In ein paar Tagen sollte er Präsidentschaftskandidat werden. Die türkische Wirtschaft reagierte empfindlich auf die Festnahme – zeitweise wurde der Handel an der Börse in Istanbul ausgesetzt.
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Istanbuls Bürgermeister Ekrem İmamoğlu während einer Wahlkampf-Kundgebung in Izmir, Türkei, am 8. März 2025.Foto: Berkcan Zengin/Middle East Images/AFP via Getty Images
Epoch Times19. März 2025

Wenige Tage vor seiner geplanten Ernennung zum Präsidentschaftskandidaten der größten Oppositionspartei in der Türkei verhafteten die Behörden den Istanbuler Oberbürgermeister Ekrem Imamoğlu. İmamoğlu ist der wichtige Kontrahent von Staatschef Recep Tayyip Erdoğan.

Das Büro des Gouverneurs der Provinz Istanbul verhängte zudem eine viertägige Demonstrations-, Versammlungs- und Nachrichtensperre bis Sonntag.

İmamoğlu gilt als mächtigster Rivale des türkischen Präsidenten. Am Sonntag soll er von der Republikanischen Volkspartei CHP offiziell zum Präsidentschaftskandidaten für die Wahl 2028 nominiert werden. Vorgezogene Wahlen gelten als wahrscheinlich.

CHP-Chef Özgür Ozel sprach von einem Putschversuch und einem entscheidenden Moment für die Zukunft der türkischen Demokratie. Das Volk solle daran gehindert werden, den nächsten Präsidenten selbst zu bestimmen.

Er rief die 1,7 Millionen Partei-Mitglieder dazu auf, trotz der Verhaftung an der partei-internen Wahl des Spitzenkandidaten teilzunehmen. Die beiden Hauptanwärter sind Ekrem İmamoğlu und Mansur Yavaş (Oberbürgermeister von Ankara).

Absturz an der türkischen Börse

Die türkische Wirtschaft reagierte empfindlich auf die Festnahme des Oppositionspolitikers.

Der Handel an der Börse in Istanbul wurde am Mittwochmorgen zeitweise ausgesetzt, nachdem der Leitindex um fast sieben Prozent abgestürzt war. Der Handel wurde laut Medienberichten wieder aufgenommen, die Website der Börse war zunächst jedoch nicht erreichbar.

Der Wert der türkischen Lira brach ebenfalls ein. Der Wechselkurs stieg auf 40 Lira für einen Dollar und 42 Lira für einen Euro. Zwischenzeitlich hatte er mit 44,7 Lira pro Euro den schwächsten Kurs jemals erreicht.

Während einer Kundgebung für den Istanbuler Bürgermeister Ekrem İmamoğlu in Izmir, Türkei, am 8. März 2025. Die Veranstaltung ist Teil von Imamoglus landesweiter Tournee im Vorfeld der CHP-Vorwahlen am 23. März. Foto: Berkcan Zengin/Middle East Images/AFP via Getty Images

Aberkennung des Universitätsabschlusses

Am Dienstag hatte die Universität Istanbul den an der Hochschule erworbenen Abschluss Imamoglus aberkannt. Der Oppositionelle könnte damit von einer Kandidatur bei der nächsten Präsidentschaftswahl ausgeschlossen werden, für die ein Hochschuldiplom eine der Voraussetzungen ist.

Auf İmamoğlu Recht, das Bürgermeistermandat auszuüben, hat die Aberkennung des Abschlusses keine Konsequenzen.

Der Politiker der CHP wurde im März 2024 als Stadtvater wiedergewählt. İmamoğlu wurde 2019 erstmals zum Bürgermeister der größten und bevölkerungsreichsten Stadt der Türkei gewählt.

Was wird İmamoğlu vorgeworfen?

Lokale Medien berichteten, die Festnahme stehe im Zusammenhang mit einer Korruptionsuntersuchung. Laut dem Sender „CNN Turk“ soll İmamoğlu angeblich Anführer einer kriminellen Organisation sein, weitere Vorwürfe drehen sich um Bestechung und die Manipulation von Ausschreibungen.

Zudem gehe es um eine angebliche Unterstützung der PKK durch İmamoğlus Partei CHP. Neben dem Bürgermeister wurden etwa 100 weitere Personen festgenommen.

İmamoğlu veröffentlichte am Morgen auf der Plattform X ein Video, in dem er davon sprach, dass Hunderte Polizisten vor seiner Haustür stünden.

„Wir befinden uns im Angesicht einer großen Tyrannei“, schrieb er dazu. Er werde aber nicht aufgeben. Mehrere Fernsehsender berichteten, die Polizei habe sich Zutritt zu İmamoğlus Anwesen verschafft und das Gebäude durchsucht.

İmamoğlu erklärte, er wolle gegen die Entscheidung der Universität vor Gericht ziehen, habe aber das Vertrauen in faire Urteile verloren. Ihm drohen in einer Reihe weiterer Verfahren Haftstrafen und Politikverbote.

Sein Anwalt Kemal Polat sagte vor Bekanntwerden des Haftbefehls, İmamoğlu könne erst als Präsidentschaftskandidat antreten, wenn alle Rechtswege gegen die Entscheidung ausgeschöpft seien. Der Vorsitzende der CHP, Özgür Özel, sprach von einer politischen Entscheidung. (dpa/afp/dts/red)

 



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