Türkei will BRICS-Mitglied werden
Seit Oktober 2005 dauern offiziell die zähen Verhandlungen der Türkei über ihren EU-Beitritt, bislang ohne Ergebnis. Jetzt hat das NATO-Mitglied offiziell um Aufnahme in die BRICS-Gruppe gebeten. Damit will das Land seine Beziehungen mit nichtwestlichen Verbündeten vertiefen und seinen globalen Einfluss stärken. Darüber berichtete zuerst „Bloomberg“ unter Berufung auf anonyme Quellen. Dies wurde nun durch die Nachrichtenagentur afp bestätigt. Ein Regierungssprecher von Präsident Recep Tayyip Erdoğan führte am Dienstag aus: „Unser Präsident hat mehrere Male betont, dass wir Mitglied der BRICS werden wollen. Das Verfahren läuft.“
Diese anonymen Quellen berichten gegenüber dem amerikanischen Nachrichtenportal, dass sich nach Ansicht der Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdoğan der geopolitische Schwerpunkt von den entwickelten Volkswirtschaften weg entwickele. Der Antrag zur Aufnahme in das BRICS-Bündnis komme in einem Kontext, so die anonymen Gesprächspartner gegenüber „Bloomberg“, in dem die Türkei zunehmend frustriert über den mangelnden Fortschritt in ihrem Bemühen um den EU-Beitritt sei.
Noch im Juli hatte Erdoğan hingegen erklärt, die Türkei sehe die Brics nicht als „Alternative zu anderen Strukturen” an.
Stärke jenseits der westlichen Institutionen
Präsident Erdoğan verfolge mit dem Beitrittsgesuch an das BRICS-Bündnis das Ziel, die globale Position der Türkei zu stärken und neue Allianzen außerhalb der westlich dominierten Institutionen zu schmieden. Die Türkei strebe aber weiterhin den EU-Beitritt als strategisches Ziel an – die Bewerbung um Mitgliedschaft in der BRICS spiegele aber wider, dass Ankara sich auf eine multipolare Weltordnung einstellt, in der es flexibler agieren und seine wirtschaftlichen sowie politischen Beziehungen diversifizieren will.
Der Beitritt zu BRICS, ein Akronym aus seinen ursprünglichen Mitgliedern Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika, würde der Türkei neue wirtschaftliche Kooperationsmöglichkeiten eröffnen, insbesondere mit den aufstrebenden Märkten in Asien und Afrika.
Türkische Hinwendung gen Osten?
Der Antrag der Türkei auf BRICS-Beitritt sei auch eine Folge von Meinungsverschiedenheiten mit anderen NATO-Mitgliedern, fügten die „Bloomberg“-Gesprächspartner hinzu. Anlass zu diesen gaben, dass die Türkei seit dem Beginn des Ukraine-Krieges im Februar 2022 die engen Beziehungen zu Russland aufrechterhalten hat.
Die Türkei, genau zwischen Asien und Europa gelegen, ist seit 1952 Mitglied der NATO und stellt nach den USA die zweitgrößte Armee des Bündnisses. Die Tatsache, dass die Türkei gute Beziehungen zu Russland und China pflegt, führte in den vergangenen Jahren dazu, dass die Loyalität Ankaras gegenüber der NATO hinterfragt und die Türkei von den Bündnispartnern kritisiert wurde.
Sollte der Antrag der Türkei angenommen werden, hatte das auch einen gewissen geopolitischen Symbolwert, da erstmals ein NATO-Mitglied der BRICS beitreten würde.
Türkei soll stark und wohlhabend werden
„Die Türkei kann stark, wohlhabend, prestigeträchtig und effektiv werden, wenn sie ihre Beziehungen sowohl zum Osten als auch zum Westen gleichzeitig verbessert“, sagte Erdoğan laut „Bloomberg“ am vergangenen Wochenende in Istanbul.
Die BRICS ist ein Zusammenschluss schnell wachsender Volkswirtschaften zum Zweck der wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Zu BRICS gehören einige der größten Schwellenländer. Ab dem 1. Januar 2024 zählen auch Ägypten, Äthiopien, Iran und die Vereinigten Arabischen Emirate dazu. Diese erhielten auf dem Gipfel 2023 in Johannesburg die Einladung zum Beitritt zur BRICS-Gruppe. Die BRICS sehen sich selbst als Alternative zu den – aus ihrer Sicht – westlich dominierten Institutionen wie der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds.
Die Russische Föderation führt 2024 den Vorsitz. Eine nächste Erweiterung der Gruppe, ebenso wie eine Zusage an die Türkei, könnte während eines Gipfels in der russischen Stadt Kasan im Oktober diskutiert werden. Auch Malaysia hat am 28. Juli Russland einen Antrag um Aufnahme in die BRICS geschickt.
Die jetzigen BRICS-Mitgliedstaaten repräsentierten im Jahr 2023 insgesamt fast 45 Prozent der Weltbevölkerung und erwirtschafteten knapp 35 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung.
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