Trumps neue Weltordnung: Selenskyj spurt nicht, Trump sauer – Putin will angeblich Sieg verkünden

Nach vier Wochen im Amt scheint sich Trump gut mit Putin zu verstehen. Trägt dies dazu bei, dass der russische Präsident angeblich in Kürze den Sieg über die Ukraine verkünden will? Mit Selenskyj hingegen liegt Trump im Clinch. Das hat Folgen nicht nur für die Ukraine und für Europa, sondern für die ganze Welt. Wann fallen die Sanktionen gegen Russland? Holt Trump Putin aus den Fängen Chinas? Kein Stein der bisherigen Weltordnung bleibt mehr auf dem anderen. Außenminister Rubio „erklärt“ alles. Eine Analyse.
Wie es mit der US-Hilfe für die Ukraine weitergeht, ist nach dem Wahlsieg Trumps fraglich. (Archivbild)
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und der US-Präsident Donald Trump. (Archivbild)Foto: Julia Demaree Nikhinson/AP/dpa
Von 21. Februar 2025

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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erfährt gerade eine Welle verbaler Unterstützung seitens zahlreicher europäischer Staatschefs, nachdem der amerikanische Präsident Donald Trump ihn am 19. Februar als „Diktator ohne Wahlen“ bezeichnete und ihn gar für den Ausbruch des Krieges in der Ukraine mitverantwortlich gemacht hat. Selenskyj erwiderte, dass Trump in einer russischen „Desinformationsblase“ lebe.

Doch was nützen der Ukraine kostenlose Solidaritätsbekundungen, wenn die Weltmacht USA völlig andere Pläne verfolgt – und möglicherweise ein Ende des Krieges zum Greifen nahe ist? Die radikale Kehrtwende in der amerikanischen Außenpolitik begann am 12. Februar, als Trump ohne Absprache mit Selenskyj oder den europäischen Staats- und Regierungschefs mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefonierte. Es geht um ein rasches Ende des Krieges.

Die meisten westlichen Pressebeobachter zeigten sich überrascht, dass Putin der Aufnahme von Friedensverhandlungen offenbar zugestimmt hat und womöglich demnächst sogar seinen Sieg über die Ukraine verkündet.

Denn wie der „Kyiv Independent“ berichtete, hat Russland vor, am 24. Februar, dem dritten Jahrestag der Invasion, den „Sieg“ im Krieg „gegen die Ukraine und die NATO“ zu verkünden. Dies gehe aus Informationen des ukrainischen Verteidigungsgeheimdienstes hervor. Russland ziele damit darauf ab, Verzweiflung unter den Ukrainern zu säen, die Lage im Land zu destabilisieren und die Ukraine bei ihren Verbündeten zu diskreditieren.

Endlich ehrlich: Es geht auch ums Geschäft

Die Verbaleskalation zwischen Trump und Selenskyj hat möglicherweise ganz banale Gründe. Der ukrainische Präsident verhält sich nicht so, wie Trump es von ihm erwartet. Selenskyj hat den ersten amerikanischen Entwurf eines Abkommens mit Russland rundweg abgelehnt. Trump erwartet „Dankbarkeit“, Selenskyj fürchtet amerikanische „Ausbeutung“.

Nach amerikanischen Angaben geht es gar nicht um die bislang vorgebrachten Ziele wie „Freiheit“, „Demokratie“, „Verteidigung westlicher Werte“. Trump hat oft betont, dass es ihm vor allem darum gehe, das Sterben in der Ukraine so schnell wie möglich zu beenden.

Aber es geht auch um Geschäfte, ums Geld. Außenminister Marco Rubio erklärte nun die amerikanische Frustration mit der Ukraine in einem Interview mit der freien Journalistin Catherine Herridge.

Rubio warf in dem am 20. Februar geführten Gespräch Selenskyj vor, dieser habe sich ihm und Präsident Trump gegenüber „doppelzüngig verhalten“. Rubio: „Wir haben mit Selenskyj über Rechte [zum Abbau] von Erzen gesprochen und gesagt, dass wir ein Joint Venture [Unternehmenskooperation] mit ihm eingehen wollen, – nicht, weil wir versuchen, ihr Land zu bestehlen, sondern weil wir überzeugt sind, dass wir eine Sicherheitsgarantie brauchen. […] So können wir einen Teil des Geldes zurückerhalten, das die Steuerzahler gegeben haben – fast 200 Milliarden Dollar. Und außerdem haben wir dann ein persönliches Interesse an der Sicherheit der Ukraine. Er sagte: ‚Klar, ich muss es aber erst durch meinen Gesetzgebungsprozess bringen.‘ Ich habe zwei Tage später gelesen, dass er unser Angebot abgelehnt hat“, beklagte Rubio. Und weiter: „Wir versuchen, diesen Typen zu helfen. […] Hier sollte mal etwas Dankbarkeit gezeigt werden.“ 

Plant Selenskyj Trump auszutricksen?

Rubio weiterhin empört: „Wenn man sieht, wie er [Selenskyj] den Präsidenten der Desinformation beschuldigt, ist das höchst kontraproduktiv. […] Präsident Trump wird das nicht hinnehmen. […] Er wird sich nicht austricksen lassen. Er ist bereit, sich für den Frieden einzusetzen, weil ihm die Ukraine am Herzen liegt, und er hofft, dass Selenskyj dabei ein Partner sein wird und nicht versucht, […] uns unter Druck zu setzen. Das wird hier nicht zielführend sein.“

Wann sich Trump persönlich mit Putin treffen wird, konnte Rubio nicht sagen. Er betonte jedoch, bei einer solchen Begegnung müsse es „um etwas gehen“, also um substanzielle Fragen. „Wir müssen wissen, worum es bei diesem Treffen geht und was dabei erreicht werden soll. Im Allgemeinen finden diese Besprechungen erst statt, wenn Fortschritte erzielt wurden“, sagte Rubio. Und hob hervor: Trump sei „derzeit die einzige globale Führungspersönlichkeit, die dies erreichen kann.“

Denn andere, die versucht hätten, eine Friedensvereinbarung auszuhandeln, seien gescheitert. „Vor ein paar Jahren gab es in Istanbul einen Versuch, an dem mehrere europäische Länder beteiligt waren, und der scheiterte. […] Im Moment sind wir die Einzigen, die – durch Präsident Trump – eine Chance haben“, gab sich Rubio überzeugt.

Was Trump von Russland will

Bei der Annäherung Trumps an Moskau geht es aber nicht nur um die Ukraine. Im Februar 2026 wird das sogenannte New START-Abkommen auslaufen. Das ist ein Vertrag über die Reduzierung von Nuklearwaffen und die Begrenzung strategischer Offensivwaffen zwischen den Vereinigten Staaten und Russland.

Außerdem stehen amerikanische Wirtschaftsinteressen in Russland auf dem Spiel. Für eine Wiederbelebung des Russlandgeschäfts für amerikanische Firmen müssten die westlichen Sanktionen gegen den Kreml aufgehoben werden. Auch dies scheint ein Grund zu sein, warum Trump unbedingt den Krieg in der Ukraine beenden will.

Kreml-Botschaft: Ihr könnt in Russland Geld verdienen

Von russischer Seite wird ein ähnliches Interesse signalisiert. Der Washingtoner Thinktank Atlantic Council wies am 20. Februar darauf hin, dass die gebeutelte russische Wirtschaft ebenfalls an einer verstärkten wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit den USA interessiert sei. Dies sei bei den bilateralen Gesprächen in Saudi-Arabien Anfang dieser Woche offenkundig gewesen.

An der russischen Delegation hat der Top-Investmentmanager des Kremls, Kirill Dmitriev, teilgenommen. Dieser leitet den russischen Staatsfonds. Dmitriev habe erklärt, dass US-Unternehmen seit 2022 durch den Rückzug aus dem russischen Markt mehr als 300 Milliarden US-Dollar verloren hätten. Die russische Offerte scheint laut Atlantic Council „darauf zugeschnitten zu sein, US-Präsident Donald Trump anzusprechen“. Dieser habe sich prompt „inzwischen positiv über die potenziellen wirtschaftlichen Vorteile eines Tauwetters mit Russland geäußert“.

Der amerikanische Thinktank bleibt in seiner Einschätzung jedoch skeptisch und bezweifelt, „ob ausländische Unternehmen angesichts der Erfahrungen der letzten drei Jahre bereit sein werden, nach Russland zurückzukehren. Seit Beginn der umfassenden Invasion Russlands in der Ukraine im Februar 2022 haben mehr als 1.000 internationale Unternehmen den russischen Markt verlassen. Bei anderen wurde das Vermögen beschlagnahmt. Unternehmen, die eine erneute Geschäftstätigkeit in Russland erwägen, müssen erneut die potenziellen Gewinne, fehlende Eigentumsrechte und andere Risiken abwägen, die letztendlich zu Kosten für die Aktionäre führen könnten.“

Migration weltweit eindämmen

Als weitere Ziele der amerikanischen Außenpolitik nannte Rubio in dem Gespräch vom 20. Februar die Eindämmung weltweiter Migration: „Wir sind gerade von der Münchner Sicherheitskonferenz zurückgekommen. Jedes Land in Europa steht vor der Herausforderung der Massenmigration, aber es ist wirklich eine Belastung – praktisch jedes Land der Welt steht vor Migrationsherausforderungen, jedes entwickelte Land der Welt.“ Auf diesem Gebiet bedürfe es einer „Neuausrichtung, die wir vornehmen wollen“, kündigte Rubio an. „Wir dürfen dabei nicht zu langsam vorgehen, denn dann passiert einfach nichts.“

Nuklearen Iran verhindern

Auch die Verhinderung der Entwicklung von Nuklearwaffen des Iran stellt eine der Topprioritäten der Regierung Trump dar. „Optionen, die dafür den USA zur Verfügung“ stünden, wollte Rubio nicht preisgeben. „Aber ich möchte deutlich machen, dass das iranische Regime niemals ein Regime, das hinter all dem [Terror] steckt und glaubt, dass es seine Pflicht ist, seine Revolution in andere Länder in der Region zu exportieren –, sein kann, eine Atomwaffe zu besitzen, mit der es die Welt als Geisel nehmen und möglicherweise Israel angreifen könnte“, bekräftigte Rubio die Absicht der Amerikaner.

Europa auf einem anderen Stern?

Währenddessen scheint Europa hinter all den rasanten Entwicklungen weit hinterher zu hinken. Der französische Präsident Emmanuel Macron etwa will am Montag nach Washington reisen, um Trump davon zu überzeugen, dass jede Schwäche gegenüber dem russischen Präsidenten den Umgang mit dem Iran und China schwieriger gestalten würde, berichten französische Medien. Die Europäer seien über den Umgang der USA mit dem Ukraine-Krieg besorgt.

Auch der britische Premierminister Keir Starmer will sich mit Trump in Washington treffen und seine Besorgnis zum Ausdruck bringen. Bundeskanzler Olaf Scholz hat inzwischen erneut betont, dass die Ukraine weiter Unterstützung brauche. Dafür benötige Deutschland mehr Schuldenspielräume. Der Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck warf den USA und Russland gemeinsamen „Verrat“ an der Ukraine vor.

Zum Autor:

Tom Goeller ist Journalist, Amerikanist und Politologe. Als Korrespondent hat er in Washington, D.C. und in Berlin gearbeitet, unter anderem für die amerikanische Hauptstadtzeitung „The Washington Times“. Seit April 2024 schreibt er unter anderem für die Epoch Times.



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