Trump: „Gesunder Menschenverstand fegt durch die Welt“

Zwei Stunden sprach Donald Trump am Dienstagabend vor beiden Häusern des US-Kongresses. In erster Linie erklärte er, wie er für die USA die innere Sicherheit wieder herstellen will und nannte zahlreiche Beispiele. Die Ukraine erwähnte er erst gegen Ende: Selenskyj sei für Friedensverhandlungen und zur Unterzeichnung eines Vertrages mit den USA bereit.
Die Rede vor dem Kongress ist Tradition.
Die Rede vor dem Kongress ist Tradition.Foto: Ben Curtis/AP/dpa
Von 5. März 2025

Unter „USA! USA!“-Rufen gab es für Donald Trump beim Einzug in den Plenarsaal des US-Repräsentantenhauses frenetischen Beifall der republikanischen Abgeordneten und Senatoren. Seitens der Demokraten wurde der Präsident ausgebuht.

Kaum hatte Trump seine Rede begonnen, kam es zum Eklat. Der texanische Abgeordnete Al Green störte mit Zwischenrufen und wurde nach mehrfacher Ermahnung aus dem Saal entfernt (bei Minute 55 hier zu sehen); ein ungewöhnlicher Akt. Selbst langjährige Beobachter des Kongresses konnten sich am Abend an keinen vergleichbaren Fall erinnern.

Der Abgeordnete Al Green schreit, als US-Präsident Donald Trump vor einer gemeinsamen Sitzung des Kongresses im Kapitol spricht. Foto: Win McNamee/POOL Getty Images/AP/dpa

Ukraine: „Zeit, diesen Wahnsinn zu stoppen“

Im Vorfeld wurde von Journalisten und vermeintlichen Trump-Kennern erwartet, dass der Präsident die Beendigung des Kriegs in der Ukraine in den Mittelpunkt seiner Rede stellen würde. Doch Trump widmete sich diesem Thema, fast beiläufig, erst gegen Ende. „Es ist an der Zeit, diesen Wahnsinn zu stoppen“, sagte er und verwies darauf, dass der Krieg jede Woche das Leben von etwa 2.000 Soldaten auf russischer und ukrainischer Seite fordere. Die europäischen Staaten kritisierte Trump pauschal und behauptete, die EU würde mehr Geld für russische Öl- und Gas-Importe ausgeben als für die Sicherheit der Ukraine.

Trump sagte, er habe kurz vor seiner Rede einen Brief vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj erhalten.

In dem Brief heißt es, dass die Ukraine bereit ist, so bald wie möglich an den Verhandlungstisch zu kommen, um einen dauerhaften Frieden näherzubringen.“

Außerdem habe sich Selenskyj bereit erklärt, das bis vor Kurzem umstrittene Rohstoffabkommen mit den USA zu unterzeichnen. Diesen Schritt verbuchte Trump als seinen Erfolg in den Verhandlungen mit der Ukraine. Und Trump weiter:

Gleichzeitig haben wir ernsthafte Gespräche mit Russland geführt und starke Signale erhalten, dass sie bereit für Frieden sind. Wäre das nicht wunderbar?“

„America is back“

„Amerika ist zurück.“ Mit diesen ersten Worten stimmte Trump den Kongress auf seine lange Liste an politischen Erfolgen ein, die er seit seiner kurzen Amtszeit seiner Meinung nach erreicht hat. Die „Zuversicht“ im Land sei wieder da. Der „American Dream“ sei nicht aufzuhalten. Der erste Monat seiner Amtszeit sei der „erfolgreichste Monat“ eines Präsidenten in der amerikanischen Geschichte seit George Washington gewesen. Jetzt sei eine Zeit für „große Träume und mutige Handlungen“ angebrochen.

Als Errungenschaften seiner ersten Wochen zählte Trump auf: die Kündigung des Pariser Klimaschutzabkommens, den Austritt aus der „korrupten“ Weltgesundheitsorganisation (WHO) und aus dem „antiamerikanisch eingestellten“ UNO-Menschenrechtsrat. Auch die von ihm angeordnete formelle Umbenennung des „Golfs von Mexiko“ in „Golf von Amerika“ verbuchte er als Erfolg.

Amerika nicht länger abkassieren

Seine Zollpolitik gegen ausländische Staaten begründete Trump mit der „Wiederherstellung“ einer erfolgreichen amerikanischen Wirtschaft. Dabei kritisierte er eine Reihe von Ländern für ihre aus seiner Sicht unfaire Handelspolitik, wie etwa die Nachbarstaaten Mexiko und Kanada, aber auch die EU. Die EU und China würden angeblich schon lange hohe Steuern zum Schutz ihrer heimischen Industrie erheben.

Als krassesten Fall nannte Trump Südkorea. Der asiatische Staat würde „viermal höhere“ Zölle auf US-Produkte erheben als umgekehrt. Und das, obwohl die USA Südkorea militärische Sicherheit gäben. „So etwas passiert also mit Freunden und Feinden“, betonte Trump. In der ganzen Welt habe man die USA „abkassiert“. Dies werde nun nicht länger der Fall sein, versprach Trump den Amerikanern.

„Drill, baby, drill!“

Er kämpfe täglich dafür, um Amerika wieder „bezahlbar“ zu machen. Als volksnahes Beispiel beklagte Trump den „außer Kontrolle geratenen Preis für Eier“.

Von der Vorgängerregierung habe er einen „Inflationsalbtraum“ übernommen. Diesen wolle er beenden, ebenso wie die hohe Steuerpolitik, die die Steuerzahler „versklave“. Aber auch im Energiebereich hätten die USA einen „nationalen Notstand“. Um diesen zu beenden, plane er eine „gigantische“ Gaspipeline in Alaska. Japan, Südkorea und weitere Nationen hätten bereits Interesse gezeigt, sich an diesem Projekt zu beteiligen.

Bereits im Wahlkampf hatte sich Trump für eine Ausweitung der Erschließung heimischer Energievorkommen ausgesprochen. Im Kongress wiederholte er seinen Wahlkampfslogan: „Drill, baby, drill!“ („Bohrt, Leute, bohrt!“). Und mit der Erschließung von Vorkommen „Seltener Erden“ werde Ende der Woche begonnen.

Verschwendung öffentlicher Gelder beenden

Lob fand der Präsident auch für die Arbeitsgruppe für staatliche Ausgabenkürzungen (DOGE), dessen Initiator der Tech-Milliardär Elon Musk ist. Trump zählt zahlreiche Beispiele von „Verschwendung öffentlicher Gelder“ auf, die seit seiner Amtsübernahme festgestellt worden seien. So habe die Vorgängerregierung Projekte für „Diversität“ in anderen Staaten gefördert, etwa in Lesotho, oder arabischen Fernsehsendern Millionen US-Dollar für die Ausstrahlung der amerikanischen Kindersendung „Sesamstraße“ gegeben.

Auch seien in New York Hotels für illegale Einwanderer seitens staatlicher Stellen angemietet worden. „Wir haben Hunderte Milliarden Dollar aufgedeckt“, die für solche Projekte ausgegeben worden seien, gab Trump bekannt.

Der „jährliche Betrug“ belaufe sich auf mehr als 5 Milliarden US-Dollar. Als Nachweis wartete Trump mit zahlreichen Beispielen auf. Die Auswertungen von Regierungsdaten hätten ergeben, dass es groteske Rentenbetrugsfälle gebe, die er auf „Inkompetenz“ von Regierungsstellen zurückführte. So gebe es etwa 130.000 Menschen, die laut Papierlage älter als 160 Jahre seien.

In einem Fall sei eine Person 360 Jahre alt, „also hundert Jahre älter als unser Land“, sagte Trump und spottete: „Wir haben ein gesünderes Land, als ich dachte.“ Nun aber werde „der Sumpf trockengelegt“ und wieder „echte Demokratie hergestellt“, versprach Trump.

Nicht mehr länger „woke“

Ebenfalls habe er die „Tyrannei“ von „Wokesein“ beendet. Seiner Meinung nach sollten Stellen nicht aufgrund der Zugehörigkeit von „Rasse oder Geschlecht“ vergeben werden, sondern aufgrund der Kompetenz eines Bewerbers. Auch im Sportbereich will Trump verhindern, dass durch Geschlechtsumwandlung ehemalige Männer gegen weibliche Sportlerinnen gewinnen können.

„Wir haben dieses Gift beseitigt“, erklärte Trump und verwies in diesem Zusammenhang auch auf das amerikanische Militär, das in den vergangenen Jahren zahlreiche Bewerber aufnahm, die sich einer Geschlechtsumwandlung unterzogen hatten. Nunmehr würde wieder „gesunder Menschenverstand durch die Welt fegen“.

Illegale Einwanderer deportieren

Der Schwerpunkt der Präsidentenrede lag auf dem Thema Innere Sicherheit. Trump nannte eine Reihe von Beispielen von Morden an amerikanischen Kindern, jungen Frauen und Polizisten durch illegale Einwanderer. Angehörige der Opfer waren als Zeugen der Aussagen Trumps eingeladen und wurden während der Rede eingeblendet. Trump betonte mehrfach, dass der Tod dieser Menschen nicht umsonst gewesen sein soll.

Konkret bezog sich der Präsident in seiner Ansprache auf die 22-jährige Studentin Laken Riley, die im Februar vergangenen Jahres von einem illegalen Einwanderer getötet worden war. Für seine Absicht, diese Einwanderungsgruppe im großen Stil abzuschieben, habe er einen Gesetzesentwurf formuliert, den er nach der Studentin „Laken-Riley-Act“ benannt habe. Er nannte dieses Vorgehen eine „Befreiung Amerikas“.

Zudem gebe es zahlreiche kriminelle Kartelle. „Sie üben vollkommene Kontrolle aus“, sagte Trump und erklärte: „Es ist an der Zeit, gegen diese Kartelle Krieg zu führen. Ein kriminelles Kartell aus Venezuela, dem besonders viele Morde nachgesagt werden, erklärte er zu einer „Terrororganisation, so wie den IS“ und versprach, dagegen vorzugehen.

Trump will Panamakanal zurück

„Meine Regierung wird den Panamakanal zurückfordern. Und wir haben bereits damit begonnen, die Übernahme in die Wege zu leiten“, kündigte Trump nicht unerwartet an. Einige US-Firmen (darunter wohl BlackRock) sollen die Kontrolle über zwei Häfen an den Eingängen des Panamakanals übernehmen. „Der Panamakanal wurde von Amerikanern für Amerikaner gebaut, nicht für andere“, erläuterte Trump. Es sei das teuerste Projekt gewesen, „das je in der Geschichte unseres Landes gebaut wurde“. Das in den 70er-Jahren geschlossene Abkommen mit Panama, in dem der Kanal an das mittelamerikanische Land übergeben worden war, sei inzwischen teilweise gebrochen worden. Trump wörtlich:

Wir haben es nicht an China gegeben, wir haben es Panama gegeben. Und jetzt holen wir es zurück.“

Direkte Ansprache an Grönländer

Den kürzlich erhobenen Anspruch auf Grönland wiederholte Trump, indem er sich direkt an die 59.000 Grönländer wandte: Die USA benötigten Grönland für ihre „nationale Sicherheit und Zukunft“. Zwar würde er das Recht auf Selbstbestimmung der Einwohner ausdrücklich unterstützen, jedoch, so Trump vielsagend: „Wir brauchen Grönland. Und wir kriegen es so oder so.“

Zum Schluss versprach der Präsident: „Wir werden die Power des ‚American Spirit‘ wiederentdecken. Wir werden für unser Land kämpfen, kämpfen, kämpfen. Macht euch bereit. Das Goldene Zeitalter für Amerika hat gerad erst begonnen. Gott segne Amerika.“

Opposition: „Trump hätte Kalten Krieg verloren“

Traditionell antwortet auf die Präsidentenrede die Opposition mit einem Statement. Die Demokraten wählten dafür die 48-jährige Senatorin Elissa Slotkin aus Michigan aus. Sie warf Trump vor, einen Handelskrieg mit der ganzen Welt anzuzetteln, der vor allem die weniger Begüterten in den USA treffen werde. Zu Trumps Ukraine-Politik bemerkte Slotkin, sie sei froh, dass in den 80er-Jahren der Republikaner Ronald Reagan als Präsident im Weißen Haus regiert habe: „Unter Trump hätten wir den Kalten Krieg verloren.“

War die Rede historisch?

Seitdem Donald Trump auf dem Weg ins Weiße Haus ist und nun dort regiert, erregen seine Reden und Auftritte weltweite Aufmerksamkeit und werden live übertragen. Jeder kann sich somit ungefiltert ein eigenes Bild von den Aussagen des amerikanischen Präsidenten machen. Laut amerikanischen Medien war Trumps Rede von etwa 90 Minuten die längste Ansprache eines amerikanischen Präsidenten vor dem Kongress, und damit historisch.

Aber auch inhaltlich und in der Darstellung beschritt Trump neue Wege. Wohl um sich der ihm häufig vorgeworfenen angeblichen „Lügen“ zu erwehren, untermauerte Trump seine Aussagen dort, wo möglich, mit Beispielen. Beeindruckend insbesondere die Anwesenheit von Angehörigen ermordeter Opfer und eines Grenzpolizisten mit Migrationshintergrund, der besonderen Mut bei einem Einsatz an der Grenze zu Mexiko gezeigt hat.

In seiner Rede wandte sich der Präsident deutlich in erster Linie an seine Landsleute. Die Innenpolitik überwog. Und er begründete dies zwischendurch, indem er sagte, er setze das um, wofür er gewählt worden sei. Dazu gehört offenbar weniger die Außenpolitik. Wenn die Europäer im Vorfeld gedacht hatten, die Beendigung des Krieges in der Ukraine stünde aufgrund der jüngsten Auseinandersetzungen von Trump mit Selenskyj im Mittelpunkt, so hat Trump gestern klar gemacht: Für ihn gilt nach wie vor: „America First.“



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