Trotz Ukraine-Krise: Getreidepreise fallen – Analysten suchen nach Erklärung
Die Energiepreise bewegen sich angesichts des andauernden Krieges in der Ukraine weiter in astronomische Höhen. Die Inflation bleibt auf hohem Niveau. Immerhin hat es im Bereich der Getreidepreise in der Vorwoche eine leichte Entspannung gegeben. Wie „Agrar Heute“ berichtet, hat der Weizenpreis gegenüber dem Spitzenwert von Mitte Mai bis Donnerstag (23.6.) immerhin um 20 Prozent oder 82 Euro auf 359 Euro pro Tonne nachgegeben. Beim Raps waren es sogar 24 Prozent – statt 881 kostet die Tonne nun 671 Euro.
Diplomatie bewirkt erste Erfolge
Einer der Gründe für die Entwicklung ist Analysten zufolge in den diplomatischen Bemühungen der türkischen Regierung zu sehen, die seit Wochen in zähen Gesprächen mit der Russischen Föderation und der Ukraine über die mögliche Schaffung von Seekorridoren im Schwarzen Meer verhandelt. Diese sollen es insbesondere ermöglichen, Getreide zu verschiffen, das derzeit in der ukrainischen Hafenstadt auf Schiffen lagert, aber den Hafen wegen russischer Blockaden nicht verlassen kann.
Am Dienstag berichteten „Reuters“ und „Tass“, dass in den kommenden Wochen ein Treffen zwischen Russland, der Ukraine, der Türkei und den Vereinten Nationen in Istanbul stattfinden werde. Die Türkei hat angeboten, die Umsetzung des Seekorridorplans zu überwachen.
In der Vorwoche konnte Ankara erreichen, dass das türkische Frachtschiff „Azov Concord“ sicher den Hafen von Mariupol verlassen konnte. In den kommenden Wochen soll es ein trilaterales Treffen zwischen der Türkei, den Kriegsparteien und Vertretern der UNO in Istanbul geben, dessen Ziel es sein wird, den in Rede stehenden Seekorridorplan umzusetzen.
Die Türkei gehe Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu zufolge auch Behauptungen nach, Russland habe sich widerrechtlich ukrainisches Getreide angeeignet und in Drittländer verschifft – unter anderem auch in die Türkei selbst. Bis dato hätten diese sich jedoch nicht bestätigt, erklärt Çavuşoğlu.
Witterungsbedingungen können Getreidepreise weiter beeinflussen
Während die Hoffnungen auf Diplomatie die Preise von Getreide drosseln, das in großem Stil von der Ukraine oder der Russischen Föderation produziert wird, gibt es nach Einschätzung von Analysten allerdings auch noch weitere Faktoren, die zu der Entwicklung beitragen. Einer davon ist die bevorstehende Erntesaison.
Die derzeitigen Hitzephasen in Frankreich und Westeuropa würden der Weizenernte wenig schaden, weil diese bereits deutlich fortgeschritten sei. Russland geht in seiner Ernteprognose beim Weizen zudem von einem neuen Rekordwert von bis zu 89,2 Millionen Tonnen aus.
Die Ukraine selbst exportiere derzeit noch zwischen 1,5 und 1,7 Millionen Getreide – was etwa ein Fünftel dessen ausmache, was vor der russischen Militäroffensive über die Schwarzmeer-Häfen verschifft werden konnte.
Experten erwarten trotz des Preisrückgangs weiter eine volatile Lage auf den weltweiten Getreidemärkten. Vor allem die Witterungsbedingungen während der Maisblüte im Juli würden einen weiteren gewichtigen Faktor darstellen, der sich in die eine oder andere Richtung auswirken könnte.
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