Triest in Italien: Ein neuer Seehafen für Ungarn
Ungarn wird ab dem Jahr 2026 wieder über einen Zugang zum Meer verfügen, verkündete Außen- und Handelsminister Péter Szijjártó kürzlich in Rom. Am Ufer der Adria hat die ungarische Regierung bereits vor einigen Jahren die 300 Meter lange Küstenlinie bei Triest erworben. Nun soll ein neues Abkommen mit Italien die Arbeiten beschleunigen.
Der Hafen von Triest (Italien) ist einer der nächstgelegenen Seehäfen für das Binnenland und kann innerhalb von 24 Stunden per Bahn und Straße erreicht werden. Das 32 Hektar große Gelände wurde von der ungarischen Regierung für 31 Millionen Euro im Rahmen eines Konzessionsvertrags mit einer Laufzeit von 60 Jahren erworben.
Die italienisch-ungarischen Handelsbeziehungen sollen nun deutlich ausgebaut werden, ebenso die Zusammenarbeit zwischen beiden Regierungen in Migrationsfragen.
Neuer Hafenvertrag
Außen- und Handelsminister Péter Szijjártó gab während seiner jüngsten Italien-Reise die Unterzeichnung eines Abkommens zwischen den beiden Ländern in Höhe von 45 Millionen Euro bekannt. Ziel des Projekts ist es, ungarischen Unternehmen die Möglichkeit zu geben, den in ungarischem Besitz befindlichen Teil des Hafens von Triest ab 2026 für die Exportaktivitäten des Landes zu nutzen.
Nach Schätzungen der Regierung wird das Volumen der exportierten Waren voraussichtlich 2 Millionen Tonnen pro Jahr erreichen. Das italienisch-ungarische Programm zielt darauf ab, „Triest zu einem der wichtigsten Häfen in Mitteleuropa zu machen“.
Die Wahl ist nicht zufällig. Es ist nicht nur die Nähe zu Italien, die zählt, sondern auch die wirtschaftlichen Verbindungen zwischen den beiden Ländern. Aus der Erklärung des Ministers geht hervor, dass italienische Unternehmen heute die neuntgrößte Investorengemeinschaft in Ungarn sind.
Italien ist gleichzeitig der viertgrößte Außenhandelspartner der Ungarn. „Der ungarisch-italienische bilaterale Handel erreichte im vergangenen Jahr ein Rekordhoch von 12 Milliarden Euro, und in diesem Jahr sei mit einem Anstieg von 20 bis 25 Prozent zu rechnen“, sagte Szijjártó.
Kritiker der Regierung sind skeptisch
Kritiker bezweifeln, ob sich die riesige Investition jemals auszahlen wird. Die Kosten der Investition sind enorm – derzeit ist der Hafen unrentabel. Laut „Index“ beträgt der Verlust des Unternehmens Adria Port Zrt., welches die Transaktion durchgeführt hat, 374,4 Millionen Ungarische Forint (0,9 Millionen Euro) im Jahr 2020 und 354,6 Millionen Forint (0,85 Millionen Euro) im Jahr 2021.
Allerdings befindet sich die Hafen-Entwicklung in der Investitionsphase. In einem Interview mit dem ungarischen Portal „Origo“ begründete der Außenminister den Kauf unter anderem damit, dass Triest einer der nächstgelegenen Seehäfen ist. Ihm zufolge hatten ungarische Unternehmen, die auf dem Seeweg exportieren, bisher einen Wettbewerbsnachteil gegenüber Unternehmen aus Ländern mit einer Küstenlinie.
Das Land wird mit dem ungarischen Hafen gestärkt, da es im grundlegenden Interesse der Wirtschaft und der Unternehmen liegt, einen ungarischen Zugang zum Meer zu haben.“
Auf die Kritik, die Küste sei zu kurz und zu flach für große Containerschiffe, antwortete der Minister: „Der Hafen von Triest kann von größeren als auch mittelgroßen Schiffen genutzt werden, die für ungarische Unternehmen wichtig sind. Es ist üblich, dass die größten Schiffe nach Rotterdam oder Piräus fahren, wo sie die Waren auf kleinere Schiffe verladen, die sie dann zu Zielen wie Triest bringen.“
Andere europäische Binnenländer wie Österreich, Tschechien und die Slowakei verfügen ebenfalls nicht über Seehäfen. Das „grundlegende wirtschaftliche Interesse“ für Länder ohne Meer sei von jenen „noch nicht erkannt“ worden, erklärt „Index“.
Historische Zusammenhänge
Viktor Orbán sorgte im Mai dieses Jahres für einen kleinen „diplomatischen Eklat“, als er als Reaktion auf ein mögliches Ölembargo zwischen EU und Russland das Hafen-Thema ansprach. „Länder, die über Meere verfügen, können Öl von überall auf der Welt liefern. Wir haben kein Meer, aber wir hätten eins, wenn es uns nicht weggenommen worden wäre“, zitierte ihn das regierungsnahe Portal „Magyar Nemzet“.
Nach Orbáns Rede veröffentlichte „Magyarságkutató Intézet“, das Institut für Ungarische Studien, eine Studie über das historische ungarische Meer. Darin heißt es, es sei dokumentiert, dass „die Rijeka-Küste der Adria zwischen 1779 und 1918 (mit Ausnahme der französischen Besetzung zwischen 1809 und 1813) unter ungarischer Oberhoheit und – unter Berücksichtigung der Autonomie der Stadt – unter ungarischen Regierungsstellen stand“.
Der Studie zufolge zögerten die Kroaten Ende des 17. Jahrhunderts, den maritimen Teil als zur ungarischen Krone gehörig anzuerkennen. Um den Streit zu beenden, erließ Maria Theresia ein Dekret, dass Rijeka ab 1779 „weiterhin als ein der Heiligen Krone Ungarns angegliedertes, separates Gebilde betrachtet und in jeder Hinsicht als solches behandelt und in keiner Weise mit dem anderen, dem Bezirk Buccar, verwechselt werden sollte, der seit jeher zum Königreich Kroatien gehört“.
„Rijeka (auch Fiume genannt), in einer Bucht auf der Halbinsel Istrien gelegen, wurde während der Monarchie zum wichtigsten ungarischen Seehafen, und die umliegenden Siedlungen und Fischerdörfer entwickelten sich zu blühenden Ferienorten“, beschreibt die damalige Situation das historische Portal „Mult-kor“.
Die kroatische Küste ist nach wie vor eines der beliebtesten Urlaubsziele der Ungarn im Ausland. Seit dem Ersten Weltkrieg, als Ungarn zwei Drittel seines Territoriums verlor (durch den Vertrag von Trianon), nennen die Ungarn nun ihren größten See, den Plattensee, „das ungarische Meer“. Der Vertrag von Trianon wurde am 4. Juni 1920 im Schloss Trianon in Versailles (Frankreich) unterzeichnet. Damals löste sich die österreichisch-ungarische Monarchie auf. Als Teil der besiegten österreichisch-ungarischen Monarchie war Ungarn gezwungen, große Teile seines Territoriums abzutreten.
Italiener und Ungarn gemeinsam gegen Migration
Nicht nur beim Handel auf dem Seeweg sind Ungarn und Italiener Partner. Auch die Migrationspolitik der beiden Regierungen stimmt überein. In seiner Erklärung lobte der ungarische Außen- und Handelsminister Péter Szijjártó den italienischen Politiker Matteo Salvini: „Zum Glück gibt es in Europa noch Politiker in führenden Positionen, die nüchtern über Migration nachdenken können.“
Laut der ungarischen Regierung gehört Salvini zu den Politikern, die die Sicherheitsrisiken der Einwanderung klar erkennen und „mutig genug sind, sich dagegen auszusprechen“.
Es ist wichtig, dass die Stimmen gegen die illegale Migration vereint und so laut wie möglich sind, um Brüssel zu zwingen, die Unterstützung der Migration endlich einzustellen“, sagte der ungarische Außenminister.
Im November lobte Viktor Orbán die neu gewählte italienische Ministerpräsidentin für ihre Migrationspolitik: „Schließlich schulden wir Giorgia Meloni und der neuen italienischen Regierung ein großes Dankeschön für die Verteidigung der europäischen Grenzen. Grazie, Giorgia!“, schrieb Viktor Orbán auf Twitter.
Der ungarische Ministerpräsident sieht in der Migrationsfrage eine Bedrohung für die europäische Kultur und die Traditionen. Orbáns Grenzschutzpolitik geriet 2015, als er einen Zaun zum Schutz der ungarischen Südgrenze errichtete, in die Kritik. Ungarn wäre nun weitgehend für den Schutz Europas verantwortlich, da die stärksten Migrationsströme über die Balkanlinie in die EU kämen, betonte Orbán.
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