Tragisches Schicksal eines Deutsch-Iraners: Der rätselhafte Tod von Jamshid Sharmahd im Iran
Der im Iran zum Tode verurteilte Unternehmer Jamshid Sharmahd soll bereits zu einem früheren Zeitpunkt als bisher angenommen verstorben sein. Seine für die Vorwoche geplante Hinrichtung hatte schwere diplomatische Verwerfungen zwischen Berlin und Teheran ausgelöst. Am Dienstag, 5. November, teilte ein Sprecher der Justiz in Teheran mit, Sharmahds Tod sei eingetreten, bevor das im Februar 2023 verhängte Urteil hätte vollstreckt werden können.
Die Darstellung widerspricht den Angaben des iranischen Regimes auf dessen eigenem offiziellen Portal. Dort hatte die Justiz noch am 28. Oktober verkündet, dass man das Todesurteil wie vorgesehen vollstreckt habe. Zu den genauen Todesumständen des mutmaßlich 2020 durch Teherans Geheimdienst aus Dubai entführten Sharmahd äußerte sich der Sprecher nicht. Einem Bericht der in den Vereinigten Arabischen Emiraten erscheinenden Zeitung „The National“ von Januar 2023 zufolge litt dieser an der Parkinson-Krankheit.
Geplante Hinrichtung von Sharmahd löste diplomatische Eiszeit aus
Das Auswärtige Amt in Berlin erklärte ebenfalls, dass das iranische Regime ihm bereits in der Vorwoche den Tod des 69-Jährigen bestätigt habe. Der Iran habe Sharmahd „verschleppt und ohne faires Verfahren unter unmenschlichen Bedingungen und ohne die notwendige medizinische Versorgung jahrelang festgehalten“, hieß es aus Berlin. Nun wolle man sich für die Herausgabe des Leichnams an die Familie einsetzen.
Die Meldungen über die geplante Hinrichtung und später den tatsächlichen Tod Sharmahds hatten zu einer diplomatischen Eiszeit zwischen Deutschland und dem Iran geführt. Das Auswärtige Amt hatte die iranischen Generalkonsulate in Frankfurt am Main, Hamburg und München angeordnet. Lediglich bleibt die iranische Botschaft in Berlin geöffnet.
In Deutschland leben etwa 200.000 Menschen mit iranischen Wurzeln. Die meisten von ihnen waren während der sogenannten Islamischen Revolution Ende der 1970er-Jahre oder während des ersten Golfkriegs in den 1980ern eingewandert. Der größte Teil davon besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit.
Was will die Vereinigung Tondar?
Diese hatte Jamshid Sharmahd seit 1995. Sein Vater war bereits 1962 nach Deutschland gekommen. Sharmahd machte hier eine Ausbildung zum Elektroingenieur, arbeitete bei Siemens und baute in den 1980er Jahren ein eigenes Softwareunternehmen auf. Während der 1990er Jahre wohnte er mit seiner deutschen Frau in der Nordstadt von Hannover. Dort führte er auch ein eigenes Computergeschäft.
Politisch war Sharmahd kaum in Erscheinung getreten. Dies ändert sich nach seinem Umzug in die USA im Jahr 2003. Dort gründete er in Los Angeles ein Softwareunternehmen. Schon bald begann er damit, die dort ansässige exil-iranische Gruppe Tondar zu unterstützen, auch bekannt als „Königreichsversammlung des Iran“ (API). Er baute einen Radiosender für die Gruppe auf, betrieb die Website tondar.org und fungierte zeitweilig sogar als deren Sprecher.
Die Tondar-Gruppe strebt einen Sturz des Mullah-Regimes an. Ersetzen will sie dieses durch eine monarchistische Ordnung. Anders als andere iranische Monarchisten meint sie damit allerdings nicht die Rückkehr der Pahlavi-Dynastie des letzten Schahs von Persien. Vielmehr soll diese sich religiös am Zoroastrismus orientieren und an vorislamische Kulte anschließen.
Anschlag im Jahr 2008 als Ausgangspunkt der Anklagen des Regimes
Tondar ist militant, antiislamisch und antiarabisch, zudem befürwortet sie ausdrücklich Gewalt als politisches Mittel. Ob dies auch auf Sharmahd selbst zutraf, ist ungewiss. Er unterstützte beispielsweise 2009 die oppositionelle „Grüne Bewegung“ nach der Präsidentenwahl, indem er auf der von ihm betriebenen Website Meldungen über Opfer des Ahmadinedschad-Regimes veröffentlichte.
Die Gruppe selbst sieht inneriranische Reformbestrebungen wie die „Grüne Bewegung“ hingegen als „Verräter“ und „Täuschungsaktion des Regimes“. Auf Facebook rief die Gruppe 2010 zu einem Sturz der Führung „mit allen Mitteln“ auf.
Das iranische Regime beschuldigte Sharmahd lange Zeit, an einem Terroranschlag beteiligt gewesen zu sein. Dieser habe am 12. April 2008 in Schiras stattgefunden, sich gegen eine Moschee gerichtet und 14 Tote sowie mehr als 200 Verletzte gefordert. Die im Exil lebende Tochter Gazelle Sharmahd äußerte, das iranische Regime habe einen Unfall instrumentalisiert, um die Gruppe und ihren Vater zu dämonisieren.
Widersprüchlichkeiten zur Explosion in Schiras – Sharmahd lässt Bekennerschreiben erscheinen
Zu Beginn hatte die Führung in Teheran tatsächlich selbst von einem Unfall aufgrund der Explosion von Munition in einem nahe gelegenen Golfkriegsmuseum gesprochen. Gegen die Darstellung, dass die Explosion von Schiras ein Unfall gewesen sei, spricht allerdings, dass auf der von Sharmahd betriebenen Seite tondar.org explizit ein Bekennerschreiben erschien.
Später sprach auch die Mullah-Führung von Terrorismus und nahm sechs Personen fest, die Tondar nahegestanden hätten. Einige von ihnen gestanden später die Tat und erklärten, dabei Unterstützung aus den USA und Großbritannien erhalten zu haben. Nach seiner Entführung aus Dubai im Jahr 2020, die sich über die Trackingdaten seines Mobiltelefons nahtlos nachvollziehen ließ, gestand auch Sharmahd.
Er erklärte, den damaligen Attentätern Sprengmittel zur Verfügung gestellt zu haben. Tochter Gazelle spricht von einem Geständnis, das durch Folter erzwungen worden sei. Als Sharmahd aus Dubai entführt wurde, saß er dort gerade fest, als er am 25. Juli 2020 von Frankfurt am Main nach Mumbai weiterreisen wollte.
Tochter Gazelle: „Haben nur Behauptungen und keine Beweise“
Aufgrund coronabedingter Aussetzungen des Luftverkehrs musste er jedoch außerplanmäßig in Dubai verweilen. Ab dem 29. Juli 2020 bewegte sich der Tracker seines Mobiltelefons über Oman in den Iran. Wenige Wochen später präsentierte das dortige Regimefernsehen eine „Erfolgsgeschichte“ seines Geheimdienstes, die Sharmahd durch eine „komplexe Operation“ gefasst habe.
Verurteilt wurde Sharmahd am Ende wegen „Korruption auf Erden“. Zudem beschuldigte ihn das Regime offiziell, Kontakt zu US-amerikanischen und israelischen Nachrichtendiensten aufgenommen zu haben. Die in Deutschland aufgewachsene Tochter Gazelle wirft nun deutschen und auch US-amerikanischen Stellen vor, nicht schon zu einem früheren Zeitpunkt Druck auf Teheran ausgeübt zu haben.
Sie hält es nicht einmal für erwiesen, dass ihr Vater tot sei. Er könne vergiftet oder erhängt oder auch an den Folgen von 1.500 Tagen Isolationshaft verstorben sein. Er könne aber auch noch leben:
„Alles, was wir haben, sind Behauptungen ohne Beweise.“
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