Terror in Moskau: Mehr als 130 Tote – Dschihadistenmiliz IS reklamiert Anschlag für sich
Nach dem bewaffneten Angriff auf einen Konzertsaal am Rande Moskaus ist die Zahl der Toten nach Behördenangaben auf mehr als 130 gestiegen. Die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte den Angriff am Freitag für sich, bei dem auch ein großes Feuer ausbrach. Die russische Nationalgarde erklärte, sie sei am Tatort und fahnde nach den Tätern.
Einem Reporter der staatlichen Nachrichtenagentur Ria Nowosti zufolge stürmten Menschen in Tarnkleidung in den Konzertsaal, ehe sie das Feuer eröffneten und eine Granate oder eine Brandbombe warfen, was ein Feuer ausgelöst habe. Die Agentur Interfax berichtete unter Berufung auf Sicherheitsdienste von zwei bis fünf Menschen, die mit automatischen Waffen das Feuer eröffnet hätten.
Der IS, der Russland in der Vergangenheit mehrfach ins Visier genommen hatte, schrieb im Onlinedienst Telegram, Kämpfer hätten „eine große Zusammenkunft (…) am Rande der russischen Hauptstadt Moskau“ angegriffen. Die Angreifer hätten sich „sicher in ihre Stützpunkte zurückgezogen“.
Die den russischen Sicherheitsbehörden nahestehenden Telegram-Kanäle Basa und Masch veröffentlichten Videos, auf denen mindestens zwei bewaffnete Männer zu sehen sind, die in die Halle vorrücken, sowie weitere, auf denen Leichen und zum Ausgang eilende Gruppen von Menschen zu sehen sind.
Weitere Aufnahmen zeigen Konzertbesucher, die sich hinter Sitzen verstecken. Dem russischen Katastrophenschutzministerium zufolge konnte die Feuerwehr rund 100 Menschen evakuieren, die sich im Keller befanden.
Ein Rückblick durch den Ticker vom 22.März.
22:37 Uhr: Dschihadistenmiliz IS reklamiert Anschlag für sich
Die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) hat den tödlichem Anschlag in Moskau für sich reklamiert. Die Gruppe schrieb am Freitag im Onlinedienst Telegram, IS-Kämpfer hätten „eine große Zusammenkunft … am Rande der russischen Hauptstadt Moskau“ angegriffen.
In der Erklärung des IS hieß es weiter, die Angreifer hätten sich „sicher in ihre Stützpunkte zurückgezogen“. Das meldete das IS-Sprachrohr „Amak“ unter Berufung auf nicht näher genannte Quellen. Die Authentizität konnte zunächst nicht überprüft werden.
Es sei „eine große Ansammlung von Christen“ in Moskau angegriffen worden, hieß es in einem Posting, das verbreitet wurde.
Die US-Botschaft in Russland hatte ihre Bürger vor zwei Wochen davor gewarnt, dass „Extremisten unmittelbar bevorstehende Pläne haben, große Versammlungen in Moskau, einschließlich Konzerte, ins Visier zu nehmen“.
22:35 Uhr: Bisher gelingt es nicht, das Feuer zu löschen
Das russische Zivilschutzministerium teilte mit, dass das Gebäude, in dem auch eine Konzerthalle mit Tausenden Sitzplätzen ist, auf einer Fläche von 13.000 Quadratmetern in Flammen stehe.
Bisher gelinge es nicht, das Feuer zu löschen. Auch Löschhubschrauber sind im Einsatz. An dem Gebäude sind lodernde Flammen zu sehen und eine riesige Rauchwolke. Das Dach soll eingestürzt sein. Dutzende Rettungswagen sind im Einsatz und viele Busse, um Menschen in Sicherheit zu bringen. Die Lage ist unübersichtlich.
In der Crocus City Hall gibt es mehrere Veranstaltungssäle, die auch für Messen genutzt werden. Es ist eine der beliebtesten Freizeitstätten für die Moskauer und die Menschen im Umland der russischen Hauptstadt. Immer wieder sind dort auch Stars aufgetreten. Am Abend hätte es ein Konzert der russischen Rockband Piknik geben sollen.
Als Konsequenz des Anschlags bleiben am Wochenende alle Theater und Museen in Moskau geschlossen, darunter weltberühmte wie die Tretjakow-Galerie und das Puschkin-Museum. Zuvor hatte der Moskauer Bürgermeister Sergej Sobjanin gesagt, dass alle Großveranstaltungen in Europas größter Stadt abgesagt seien. Auch im Moskauer Umland sagten die Behörden Massenveranstaltungen ab.
22:16 Uhr: Medwedew droht Kiew – Ukraine wirft Russland „False Flag“-Aktion vor
Der ehemalige russische Präsident Dmitri Medwedew drohte bei Telegram, Moskau werde die ukrainische Führung töten, falls sich herausstellen sollte, dass sie in den Angriff verwickelt sei.
Die Ukraine habe „absolut nichts“ mit dem Angriff zu tun, versicherte der Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, Mychailo Podoljak. „Die Ukraine hat niemals terroristische Kriegsmethoden angewandt“, schrieb er bei Telegram. Die „Legion Freiheit Russlands“ bestritt ebenfalls jegliche Beteiligung an dem Angriff.
Auch der ukrainische Militärgeheimdienst warf den russischen Geheimdiensten vor, den Angriff inszeniert zu haben. Ziel sei es, „den Krieg weiter zu eskalieren und auszuweiten“, erklärte der Dienst bei Telegram.
Die US-Botschaft in Russland hatte ihre Bürger vor zwei Wochen davor gewarnt, dass „Extremisten unmittelbar bevorstehende Pläne haben, große Versammlungen in Moskau, einschließlich Konzerte, ins Visier zu nehmen“.
21:48 Uhr: Russland will Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats
Das russische Außenministerium teilt mit, dass wegen des Anschlags eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats beantragt werde.
„Die EU ist schockiert und bestürzt über die Berichte über einen Terroranschlag“, erklärte EU-Sprecher Peter Stano bei X. Die EU verurteile „alle Angriffe auf Zivilisten“.
Die USA haben nach dem offensichtlichen Terroranschlag in Moskau kondoliert. Im russischen Staatsfernsehen wird darüber spekuliert, dass der ukrainische Geheimdienst hinter dem Vorfall stecken könnte.
21: 40 Uhr: Auswärtiges Amt reagiert
Das Auswärtige Amt hat den Familien der Opfer das Mitgefühl ausgesprochen. „Die Bilder von dem furchtbaren Angriff auf unschuldige Menschen in der Crocus City Hall bei Moskau sind schrecklich“, teilte das Außenministerium auf der Plattform X mit. „Die Hintergründe müssen rasch aufgeklärt werden. Unser tiefes Mitgefühl gilt den Familien der Opfer.“
Auch Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) sprach ebenfalls auf X von einem „feigen Angriff auf Menschen, die einfach nur Musik hören wollten“.
21:37 Uhr: „Massenpanik“, „alle rannten zur Rolltreppe“
Reuters spricht von fünf Angreifern, die mit automatischen Waffen das Feuer auf Menschen eröffneten. Es gab wohl zwei Explosionen am Veranstaltungsort. Zudem wurde berichtet, dass sich einige der bewaffneten Männer im Gebäude verbarrikadiert hätten.
Ein Zeuge, der anonym bleiben wollte, erklärte Reuters: „Plötzlich gab es hinter uns Knallgeräusche – Schüsse. Eine Salve von Schüssen – ich weiß nicht was“. Und auch: „Es begann eine Massenpanik, alle rannten zur Rolltreppe“, sagte der Zeuge. „Alle schrien, alle rannten.“
Russland verschärfte die Sicherheit an Flughäfen und Bahnhöfen sowie in der gesamten Hauptstadt mit über 21 Millionen Einwohnern. Putin selbst hat sich bisher nicht öffentlich geäußert.
21:22 Uhr: Kiew meldet: „Haben absolut nichts damit zu tun“
Die Ukraine hat nach eigenen Angaben „absolut nichts“ mit dem Schusswaffenangriff zu tun. „Lassen Sie uns klarstellen, dass die Ukraine absolut nichts mit diesen Ereignissen zu tun hat“, schrieb der Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, Mychailo Podoljak, am Freitagabend im Onlinedienst Telegram.
„Die Ukraine hat niemals terroristische Kriegsmethoden angewandt“, fügte Podoljak hinzu. Für die Ukraine sei es „wichtig, effektive Kampfhandlungen, offensive Aktionen vorzunehmen, um die reguläre russische Armee zu zerstören“ und die vor rund zwei Jahren begonnene Invasion zu beenden.
Die „Legion Freiheit Russlands“, eine in der Ukraine ansässige Gruppe kremlfeindlicher russischer Kämpfer, die regelmäßig bewaffnete Vorstöße in russische Grenzregionen unternimmt, bestritt ebenfalls jegliche Beteiligung an dem Angriff auf eine Konzerthalle in einem Vorort von Moskau.
„Wir betonen, dass die Legion nicht gegen russische Zivilisten kämpft“, erklärte die Gruppe auf Telegram und beschuldigte das „Terrorregime“ von Kreml-Chef Wladimir Putin, diese „blutige Provokation“ sowie die „Berichterstattung in den Medien“ darüber „vorbereitet“ zu haben.
21:07 Uhr: Putin ist informiert
Russlands Präsident Wladimir Putin lässt sich nach Kremlangaben „seit der ersten Minute“ über den mutmaßlichen Terroranschlag informieren. Putin erhalte über die entsprechenden Dienste ständig alle wichtigen Informationen über das Geschehen und die eingeleiteten Maßnahmen, sagt Kremlsprecher Dmitri Peskow der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge.
21:03 Uhr: Vergeltung angedroht
Die Chefin des Föderationsrats, dem Oberhaus des russischen Parlaments, Valentina Matwijenko, drohte den Drahtziehern des Angriffs mit Vergeltung. „Diejenigen, die hinter diesem fürchterlichen Verbrechen stehen, werden die verdiente und unausweichliche Strafe dafür erhalten“, schreibt sie auf ihrem Telegram-Kanal.
Der Staat werde zugleich alles tun, um den Hinterbliebenen zu helfen, kündigte sie an. Die Regierung kündigte ebenfalls Hilfe an.
20:50 Uhr: 15 bis 20 Minuten lang fielen Schüsse
„Die gesamte Weltgemeinschaft muss dieses verabscheuungswürdige Verbrechen verurteilen“, schrieb die russische Außenamtssprecherin Maria Sacharowa im Onlinedienst Telegram. Bürgermeister Sergej Sobjanin sprach von einer „schrecklichen Tragödie“.
Die Schüsse hätten 15 bis 20 Minuten angedauert, hieß es demnach weiter. Viele Besucher des Konzerts hätten sich ins Freie retten können. Nach Angaben des russischen Katastrophenschutzministeriums konnte die Feuerwehr rund hundert Menschen durch den Keller in Sicherheit bringen.
Die den Sicherheitskräften nahestehenden Kanäle Basa und Masch im Onlinedienst Telegram veröffentlichten Videos, auf denen große schwarze Rauchschwaden und aus dem Gebäude schlagende Flammen zu sehen waren. Laut der Nachrichtenagentur Tass stand ein Drittel des Gebäudes in Flammen. Das Dach soll eingestürzt sein.
Russland war in der Vergangenheit unter anderem Ziel von Anschlägen islamistischer Gruppen, aber auch von Angriffen, die psychisch gestörten Menschen zugeschrieben wurden.
Im Jahr 2002 hatten tschetschenische Kämpfer im Moskauer Dubrowka-Theater 912 Menschen als Geiseln genommen, um den Abzug der russischen Truppen aus Tschetschenien zu fordern. Die Geiselnahme endete mit einem Angriff von Spezialeinheiten und dem Tod von 130 Menschen, von denen fast alle an dem vom Militär verwendeten Gas erstickten.
20:33 Uhr: Ein Angreifer wurde festgenommen
In den sozialen Medien ist auf Videos zu sehen, dass ein mutmaßlicher Angreifer verhaftet und abgeführt wurde. Spezialkräfte sind vor Ort.
Moskova’daki saldırıda bir şüpheli gözaltına alındı.#Moskova #Moscow pic.twitter.com/bTNkIQkERE — Haber Takip (@hapertakip) March 22, 2024
20:19 Uhr: FSB spricht von 40 Toten und über 100 Verletzten
Der russische Inlandsgeheimdienst FSB hat von 40 Toten gesprochen. In der „Crocus City Hall“ seien zudem ersten Erkenntnissen zufolge mehr als 100 Menschen verletzt worden, wurde die Behörde am Freitagabend von der Agentur Interfax zitiert.
An dem Gebäude waren lodernde Flammen zu sehen und eine riesige Rauchwolke. In den Zuschauersälen gibt es Tausende Plätze:
#crocus #Moscow #russia pic.twitter.com/OJt2MRvGKe
— *𝗔𝗯𝗼 𝗥𝗶𝗮𝗱 | الرابع عشر (@AboXiv) March 22, 2024
20:08 Uhr: Bürgermeister sagt alle Großveranstaltungen ab
Rund 100 Menschen waren Berichten zufolge zwischenzeitlich in dem brennenden Haus eingeschlossen. Nach Behördenangaben sind Dutzende Rettungswagen im Einsatz und viele Busse, um Menschen in Sicherheit zu bringen.
Zuletzt hatten westliche Botschaften vor Terroranschlägen in Moskau gewarnt. Der Kreml hatte dies als Provokation des Westens bezeichnet.
In Moskau sind alle Massenveranstaltungen abgesagt worden, wie Bürgermeister Sergej Sobjanin mitteilte. Alle Sport-, Kultur- und sonstigen Veranstaltungen seien abgesagt worden für das Wochenende, schreibt der Bürgermeister in seinem Telegram-Kanal. Er bitte um Verständnis für die Maßnahme.
20:03 Uhr: Weißes Haus erklärt: „derzeit keine Anzeichen“ für Verwicklung Kiews
Kurz nach Bekanntwerden des Angriffs gab es bereits erste Reaktionen aus dem Ausland. Das Weiße Haus teilte auf Nachfrage mit, es gebe derzeit keine Anhaltspunkte für eine Verbindung in die Ukraine.
„Es gibt keine Hinweise darauf, dass die Ukraine oder Ukrainer mit den Schüssen zu tun hatten“, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, in Washington.
Man könne noch nicht viel zu den Details mitteilen, rate aber zu diesem frühen Zeitpunkt eindringlich von der Annahme ab, dass es eine Verbindung zur Ukraine gebe.
„Die Bilder sind einfach schrecklich“, betonte Kirby außerdem und sagte, man sei in Gedanken bei den Opfern und ihren Angehörigen. Das US-Außenministerium rate amerikanischen Staatsbürgern vor Ort dazu, große Menschenansammlungen zu meiden.
19:44 Uhr: Feuerwehr kann noch nicht löschen
Wie auf X/Twitter berichtet wird, kann noch nicht mit einem Löschen des Brandes begonnen werden:
Die Feuerwehr darf sich dem Einkaufszentrum noch immer nicht nähern. Sie können nicht mit dem Löschen des Feuers beginnen, da sich noch immer Terroristen im Gebäude befinden könnten. #Russia #CrocusCityHall #Crocus #Moscow #Moskau pic.twitter.com/veoxoTz0bB
— Brennende Frage (@brennende_frage) March 22, 2024
Der russische Staatssender „Russia Today“ (RT) zeigte Bilder der brennenden „Crocus City Hall“ und sprach von „mehreren Toten“. Auf Bildern war zu sehen, wie mehrere Personen um sich schießen. Die Schießerei habe vor einem Konzert begonnen, meldete RT. Die weiteren Hintergründe waren zunächst vollkommen unklar.
The bodies of the dead are being taken out of the Crocus City Hall in – More photo from #Moscow’s Crocus City Hall.
Russian media reports that 12 people were killed.#Moscow#CrocusCityHall#CityHall#Russia
M/20 pic.twitter.com/5NK6sGvgDJ— Politics World Wide Web (@PetrosVarelas) March 22, 2024
Die 2009 eröffnete „Crocus City Hall“ gehört zu einem Komplex mit Einkaufszentrum sowie verschiedene Hotels und Restaurants im Bezirk Krasnojarsky, nordwestlich der Moskauer Ringstraße.
19:35 Uhr: FSB bestätigt Tote und Verletzte
Bewaffnete Männer eröffneten am 22. März 2024 das Feuer auf einen Konzertsaal in einem Moskauer Vorort und hinterließen Tote und Verwundete. Ein Großbrand breitete sich im Gebäude aus.
Bei den Opfern soll es sich sowohl um Mitarbeiter als auch um Besucher der Crocus City Hall in der Stadt Krasnogorsk nordwestlich von Moskau handeln, meldet die Agentur. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es zunächst weiter nicht. In sozialen Netzwerken ist von mindestens 12 Toten die Rede.
In sozialen Netzwerken kursierten Aufnahmen von dem Gebäude, das mittlerweile zu einem Drittel in Flammen stehen soll und dessen Dach wohl einzustürzen droht. Auch von Explosionen war die Rede. Die Hintergründe des Vorfalls sind unklar. Immer wieder war von einem möglichen „Terroranschlag“ die Rede. (afp/dpa/ks)
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