Thailändischer Regierungschef Srettha abgesetzt

Thailands Ministerpräsident Srettha war nicht einmal ein Jahr im Amt. Nun hat das Verfassungsgericht ihn abgesetzt und das Königreich sucht wieder einen neuen Regierungschef. Wie geht es weiter?
Für viele kam das Urteil überraschend.
Für viele kam das Urteil überraschend.Foto: Sakchai Lalit/AP/dpa
Epoch Times14. August 2024

Thailand im politischen Chaos: Das Verfassungsgericht in Bangkok hat Ministerpräsident Srettha Thavisin im Rahmen einer Klage von Dutzenden Senatoren des Amtes enthoben. Mit fünf zu vier Stimmen sprachen sich die Richter am Nachmittag (Ortszeit) für eine Amtsenthebung des 62-Jährigen aus. Das Urteil, das im ganzen Land mit Spannung erwartet wurde, kam Pichit Chuenban für viele politische Beobachter überraschend.

Die 40 Senatoren hatten Srettha vorgeworfen, mit der Ernennung des Politikers Pichit Chuenban zum Minister gegen die Vorschriften verstoßen zu haben – denn dieser ist vorbestraft.

Pichit war 2008 wegen Missachtung des Gerichts im Rahmen eines Bestechungsskandals zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Er war bereits im Mai im Zuge des zunehmenden juristischen Drucks zurückgetreten.

Ministerpräsident verstieß bei Ernennung von Politiker Pichit gegen ethische Regeln

Srettha hatte politischen Beobachtern zufolge in seiner Verteidigung argumentiert, dass die Ernennung von Pichit gesetzeskonform gewesen sei, unter anderem auch, weil er zuvor Rechtsberatung eingeholt habe. Dennoch entschied das Gericht, der Regierungschef habe gegen die ethischen Regeln verstoßen.

Zur Urteilsverkündung war Srettha nicht selbst erschienen – er nahm andere Termine wahr. Beobachtern zufolge hatte er auch für die kommenden Wochen viele Termine festgemacht und offenbar nicht mit dem Urteil gerechnet.

„Ich respektiere die Entscheidung“, sagte Srettha am Mittwoch vor Journalisten in der Hauptstadt Bangkok, auch wenn er auf ein anderes Urteil gehofft habe. „Ich kann nur wiederholen, dass ich auf meinem Posten fast ein Jahr lang alles gegeben habe, um das Land aufrichtig zu führen“, fügte er hinzu.

Er hoffe zudem, dass Thailand politisch stabil bleibe, fügte er hinzu. In seiner Amtszeit hatte der scheidende Regierungschef unter anderem die Ehe für alle durchs Parlament gebracht.

Wie geht es weiter?

Nun wird in einem ersten Schritt eine Übergangsregierung gebildet, voraussichtlich unter Führung von Vizepremier Phumtham Wechayachai, wie die Zeitung „Bangkok Post“ berichtete. Dann muss das Parlament schnell einen neuen Ministerpräsidenten wählen.

Als möglicher Nachfolger wird Gesundheitsminister Anutin Charnvirakul gehandelt, der Vorsitzende der Bhumjaithai-Partei („Partei der stolzen Thais“). Auch Paetongtarn Shinawatra, Chefin der Regierungspartei Pheu Thai („Partei für Thais“), werden Chancen eingeräumt.

Die 37-Jährige ist die Tochter des früheren Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra, der seit 2008 im selbst auferlegten Exil war. Erst im August vergangenen Jahres kehrte der Milliardär nach Thailand zurück. Thaksin, dem juristische Probleme nicht neu sind, muss ebenfalls wieder vor Gericht: Im Juni wurde er wegen Majestätsbeleidigung angeklagt.

Staatsstreiche und Straßenproteste

Bei der Bevölkerung war Srettha recht unbeliebt: Der Großteil der Thais äußerte sich unzufrieden mit der Leistung seiner Regierung, wie eine Umfrage im Juni ergab. Dabei ging es etwa um die schwache Wirtschaftsleistung des Schwellenlandes und die hohe Verschuldung privater Haushalte.

Es sind erneut politisch unruhige Zeiten in dem Königreich, wo es in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder Staatsstreiche, Militärregierungen und Straßenproteste der Demokratiebewegung gab. Erst in der vergangenen Woche hatte das Verfassungsgericht auf Druck konservativer Kräfte die Auflösung der progressiven Move-Forward-Partei (MFP) angeordnet.

Wahlsieger musste in die Opposition

Grund war, dass die stärkste Oppositionspartei aus Sicht der Richter mit der von ihr angestrebten Entschärfung des Gesetzes zur Majestätsbeleidigung die Monarchie gefährde. Der einstige Spitzenkandidat Pita Limjaroenrat und weitere führende Mitglieder dürfen in den kommenden zehn Jahren keine politischen Ämter ausüben.

Move Forward hatte im Mai 2023 die Parlamentswahl klar gewonnen, kam aber dennoch nicht an die Macht. Nach monatelangen politischen Wirren wurde Spitzenkandidat Pita schließlich vom früheren Bündnispartner Pheu Thai und deren Kandidat Srettha ausgebootet.

Er wurde im August vergangenen Jahres zum Regierungschef gewählt und war seit September im Amt. Nun geht die schwierige Suche nach einem mehrheitsfähigen Regierungschef von vorne los. (dpa/red)



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