Tausendfacher Betrug bei EU-Pässen in Bulgarien – Behördenleiter und 20 Mitarbeiter inhaftiert

Ende Oktober wurde der Leiter der Behörde, der für die Bulgaren im Ausland zuständig ist und 20 weitere Mitarbeiter inhaftiert. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft lautet Betrug beim Ausstellen von Abstammungsnachweisen.
Titelbild
Blick über den künstlich angelegten See Pancharevo in Westbulgarien.Foto: iStock
Epoch Times13. November 2018

Bereits Ende Oktober wurde in Sofia der Leiter der Staatlichen Agentur für im Ausland lebende Bulgaren (SABA) verhaftet. Ihm und 20 weiteren Mitarbeitern wird tausendfacher illegaler Verkauf von Abstammungsnachweisen zum Erlangen von EU-Pässen angelastet, berichtet „Sputnik-News“.

Laut dem Artikel wäre dies nun schon das dritte Mal seit 2010, dass die SABA-Behörde mit diesen Praktiken auffällt. Die vorherigen Male soll es keine Konsequenzen durch die EU gegeben haben, heißt es in dem Artikel weiter.

Bulgarische Medien berichteten, dass Petar Haralampiev, Leiter der Staatlichen Agentur für im Ausland lebende Bulgaren (SABA – State Agency for Bulgarians Abroad) zusammen mit dem Generalsekretär, Krassimir Tomov, und weiteren 20 Mitarbeitern seiner Behörde verhaftet wurde.

Ihnen wird angelastet, in mehreren Tausend Fällen, gegen Bezahlung, Bescheinigungen über eine eigentlich nicht vorhandene bulgarische Abstammung verkauft zu haben. Mithilfe dieser Bescheinigung konnte dann die Ausstellung eines EU-Passes beantragt werden. Pro Bescheinigung hätten die Antragsteller 5.000 bis 8.000 Euro gezahlt.

Festnahmen gingen viermonatige Ermittlungen voraus

Der Festnahme gingen viermonatige Ermittlungen voraus. Nach Aussagen des stellvertretenden bulgarischen Staatsanwalt Ivan Geshev als auch dem stellvertretenden Chef der Anti-Korruptions-Kommission Anton Slavchev, seien allein in den zurückliegenden Monaten wöchentlich zwischen 30 und 40 Abstammungsnachweise ausgestellt worden.

Daher könnte die Gesamtsumme, die von der mutmaßlichen Bande um Haralampiev innerhalb der Behörde erbeutet werden konnte, zwischen 7,8 und 16,6 Millionen Euro liegen, berichtet Sputnik-News.

Laut der Generalstaatsanwaltschaft haben hauptsächlich Menschen aus der Ukraine, Moldawien und Mazedonien, aber auch aus Serbien und Albanien dadurch illegal EU-Pässe erworben. Da es in all diesen Ländern eine bulgarische Minderheit gibt, wodurch der Betrug unauffälliger stattfinden konnte, hat man sich womöglich auf diese Länder konzentriert, mutmaßt Sputnik-News.

Zwischen Antragswellen und Stichtagen für das Inkrafttreten von EU-Regelungen besteht ein Zusammenhang

Nach Aussage der bulgarischen Justizministerin Tsetska Tsacheva im bulgarischen Parlament im Juni 2018, sollen bis dahin ca. 19.000 Personen eine Bescheinigung über ihre bulgarische Abstammung beantragt haben. Über die Hälfte der Antragsteller stamme dabei aus Mazedonien.

Insgesamt hätten in den vergangenen 15 Jahren, laut Justizministerium, 116.000 Menschen die bulgarische Staatsbürgerschaft aufgrund eines Abstammungszertifikats durch die SABA erhalten.

Auffällig war bereits 2007, dem Jahr in dem Bulgarien EU-Mitglied wurde, dass die Zahlen der „neuen“ Staatsbürger des Balkanlandes regelrecht nach oben schossen. So hätte die inzwischen eingestellte Zeitung „Southeast European Times“, die laut Sputnik-News vom US-Oberkommando für Europa USEUCOM herausgegeben wurde, im August 2006 von einem Massenandrang von Antragstellern, vor allem aus Mazedonien, bei der SABA-Behörde berichtet.

Anstieg von Einbürgerungsanträgen vor Inkrafttreten der EU-Freizügigkeit

Der zweite auffällige Anstieg von Anträgen bei der SABA-Behörde ist verbunden mit dem 1. Juni 2009, dem Stichtag an dem die EU-Freizügigkeit für bulgarische Staatsbürger in Kraft trat. Dies ginge aus der Antwort des Schweizer Bundesrates auf eine Anfrage des SVP-Nationalrates Hans Fehr im Februar 2011 hervor.

Der Bundesrat schrieb seinerzeit: „Die letzten verfügbaren offiziellen Statistiken (Eurostat) von 2008 gehen von 3.637 eingebürgerten Personen allein mazedonischer Herkunft aus (Einbürgerungen insgesamt 7.140)“. Weiter heißt es in der Antwort: „Gemäß Medienaussagen des ehemaligen Ministers für Auslandsbulgaren vom letzten Dezember, stieg die Zahl der Einbürgerungen von Personen aus Mazedonien von Januar bis November 2010 auf 10.258 (von insgesamt 14.781)“

Experten für Europarecht: „Diejenigen, die eine neue Staatsbürgerschaft erwerben, machen es oft aus wirtschaftlichen Gründen“

Im Dezember 2011 schrieb die bulgarische Zeitung „Trud“ über einen Ansturm mazedonischer Bürger auf bulgarische Pässe. Im Januar 2013 berichtete Radio Bulgaria BNR über rund 18.000 Einbürgerungen zwischen Januar 2012 und Januar 2013, auch hierbei stammt die Mehrzahl aus Mazedonien, die möglicherweise mit dem Stichtag 1. Januar 2014 zusammenhängen.

Ab diesem Tage ist es für bulgarische Staatsbürger möglich, EU-weit zu arbeiten. Dies sieht zumindest Karin Traunmüller, damals am Institut für Europarecht, Internationales Recht und Rechtsvergleichung an der Universität Wien tätig, so und warnte im Oktober 2013 auf dem Österreichischen Europarechtstag in Innsbruck davor, dass insbesondere das bulgarische Staatsbürgerschaftsrecht eine massenhafte Einbürgerung aus osteuropäischen Nicht-EU-Staaten ermöglichen könnte, berichtete „Die Presse“.

Die Tageszeitung zitierte damals Traunmüller mit den Worten:

Diejenigen, die eine neue Staatsbürgerschaft erwerben, machen es laut Studien oft aus wirtschaftlichen Gründen“.

Alle drei jungen EU-Länder Kroatien, Bulgarien und Rumänien besitzen erleichterte Einbürgerungsverfahren für bestimmte Gruppen von Drittstaatsangehörigen, die außerhalb ihrer Grenzen leben und mit denen kulturelle, sprachliche, ethnische oder historische Gemeinsamkeiten bestehen. Über die Einbürgerungsverfahren erlangen sie die EU-weite Freizügigkeit und Arbeitserlaubnis. (er)



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