Tausche Niere gegen Freiheit – Gesetzentwurf soll Organspende ankurbeln
Im US-Bundesstaat Massachusetts könnten Gefangene schon bald die Möglichkeit erhalten, in den Genuss einer Haftverkürzung zu kommen. Dafür müssen sie nichts Geringeres tun, als ein Organ oder Knochenmark zu spenden. So sieht es ein Gesetzentwurf vor, wie „The Guardian“ berichtete.
In Massachusetts warten derzeit fast 5.000 Einwohner auf ein Spenderorgan. Um das zu ändern, haben die beiden demokratischen Abgeordneten Carlos Gonzáles und Judith A. Garcia einen Gesetzentwurf eingebracht. Wie BBC berichtete, gehen die beiden Parlamentarier davon aus, dass durch den Gesetzentwurf den Gefangenen ihre „körperliche Autonomie zurückgegeben“ werde.
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass sich – sofern eine Organ- oder Knochenmarkspende infrage kommt – die Haftzeit mindestens 60, maximal 365 Tage verkürzt.
Für den Fall der Verabschiedung des Gesetzes würde der Beauftragte der Strafvollzugsbehörde innerhalb seines Einzugsbereiches ein Knochenmark- und Organspendeprogramm sowie einen entsprechenden Ausschuss einrichten.
Laut Gesetzentwurf HD.3822 soll der Ausschuss aus fünf Mitgliedern bestehen; darunter der Leiter der Strafvollzugsbehörde, der medizinische Direktor der Strafvollzugsbehörde, ein Spezialist für Knochenmark- und Organspende aus einem Krankenhaus des Bundesstaates sowie ein Vertreter einer Organisation, die sich für Knochenmark- und Organspende innerhalb des Bundesstaates einsetzt. Alternativ können auch jeweils Beauftragte benannt werden.
Der Ausschuss ist für die Überwachung des Organspendeprogramms zuständig. Seine Aufgabe liegt ferner darin, über die Zulassungsbedingungen der Gefangenen zu entscheiden, die sich für das „Programm“ interessieren, sowie über die Menge an Knochenmark und Organen, „die gespendet werden muss, damit die Haftstrafe verkürzt werden kann“. Gleichzeitig soll von den Ausschussmitgliedern jemand benannt werden, der sich für die Rechte der Inhaftierten einsetzt.
Strafvollzugsbehörde geht leer aus
Die Ausschussmitglieder, die ehrenamtlich tätig sein sollen, werden für eine Amtszeit von drei Jahren ernannt und können maximal zwei aufeinander folgende Amtszeiten absolvieren. Der Ausschuss soll dem Gouverneur jährlich Bericht erstatten über alle Maßnahmen zur Förderung der Registrierung von Organ- und Gewebespendern sowohl von Erwachsenen als auch von Kindern.
Bislang erlaubt kein US-Bundesstaat die Organspende von zum Tode verurteilten Gefangenen, selbst wenn diese als Organspender registriert waren. Häftlingen ist bislang lediglich eine Organspende erlaubt, wenn es sich bei dem Organempfänger um einen Familienangehörigen handelt.
Laut Gesetzentwurf sollen alle entstehenden Kosten, die mit den Organspenden verbunden sind, von den begünstigten Einrichtungen des Programms und deren Tochtergesellschaften getragen werden. Die Strafvollzugsbehörde darf ferner weder Provisionen noch Geldzahlungen für die Knochenmarkspenden von inhaftierten Personen erhalten.
Kritiker sehen den Gesetzentwurf als unethisch. Es bestehe die Gefahr, die Verzweiflung der Gefangenen auszunutzen.
Ethikkommission sieht Organspende von Gefangenen kritisch
Auf der Website des US-Netzwerks für Organbeschaffung und -transplantation, die von der US-Gesundheitsbehörde betrieben wird, wird eine Abwägung der Organspende von verurteilten Häftlingen vorgenommen. Die Ethikkommission des Vereinigten Netzwerks für Organspende (UNOS) spricht sich gegen jegliche Strategie oder Gesetzentwurf zur Organspende von verurteilten Gefangenen aus, solange nicht alle potenziell ethischen Bedenken zufriedenstellend geklärt sind, heißt es auf der Website.
Da es an Organen für Transplantationen immer mehr mangele, wurden bereits in der Vergangenheit alternative Organquellen vorgeschlagen. Beispielsweise vertreten manche die Auffassung, dass Organe von zum Tode verurteilten Häftlingen scheinbar „verschwendet“ würden, falls man sie nicht nutze.
Für die Ethikkommission ist das Thema Organspende im Zusammenhang mit der Todesstrafe sowohl ethisch als auch juristisch umstritten. Jedes Gesetz oder jeder Vorschlag, der es einer inhaftierten Person erlaube, ein Organ für eine Strafminderung einzutauschen – insbesondere bei lebenslanger Haft oder Todesstrafe – werfe zahlreiche Fragen auf.
So sei beispielsweise zu klären, ob die Strafmilderung auch gewährt wird, wenn der Häftling seine Organe anbietet, es aber zu keiner Organentnahme kommt. Gleichzeitig würden Personen, die aus medizinischer Sicht für eine Organspende ungeeignet seien, diskriminiert, weil sie für eine derartige Strafmilderung nicht infrage kämen.
Außerdem bestünde die Gefahr, dass Geschworene häufiger für eine Todesstrafe plädieren könnten, wenn sie damit die Hoffnung verbinden, dass der Straftäter eine Niere spendet, warnt das Netzwerk.
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