Taliban nehmen wichtige Städte des Landes ein – Afghanische Soldaten fliehen ins Nachbarland
Hunderte Soldaten und regierungstreue Milizionäre wurden in den Provinzen Tachar und Badachschan zusammengezogen, wo die radikalislamischen Taliban zuletzt ohne nennenswerte Gegenwehr bedeutende Gebietsgewinne erzielen konnten.
Nach Angaben aus afghanischen Sicherheitskreisen wollen sich die Regierungstruppen darauf konzentrieren, größere Städte, wichtige Straßen und Grenzposten zu sichern. Die Kämpfe in dem Land hatten sich inmitten des Abzugs der Nato-Truppen zuletzt ausgeweitet.
Die Taliban sind in vielen Landesteilen auf dem Vormarsch, alleine im Norden Afghanistans eroberten sie in den vergangenen Wochen dutzende Bezirke.
„Es herrscht Krieg“
„Es herrscht Krieg“, sagte Afghanistans nationaler Sicherheitsberater Hamdullah Mohib. „Manchmal entwickeln sich die Dinge zu unseren Gunsten und manchmal tun sie es nicht.“ Die Armee werde dafür kämpfen, die Bezirke von den Taliban zurückzuerobern.
Die Einnahme weiter Teile von Badachschan und Tachar durch die Taliban bedeutet für die afghanischen Streitkräfte eine dramatische Niederlage von hoher symbolischer Bedeutung. Beide Provinzen galten während des Bürgerkriegs in den 1990er Jahren als zentrale Bollwerke der gegen die Taliban agierenden Nordallianz.
Inzwischen liegt nur noch in den Provinzhauptstädten die Kontrolle bei den afghanischen Streitkräften.
Berichten zufolge gelang den Taliban außerdem die Einnahme von strategisch wichtigen Bezirken außerhalb der südafghanischen Großstadt Kandahar sowie in der Provinz Helmand – beides traditionell Hochburgen der Islamisten.
In den Online-Netzwerken luden Taliban-Anhänger zahlreiche Videos von Soldaten hoch, die sich ergeben und den Aufständischen ihre Waffen und ihre Ausrüstung aushändigen. Die Regierung veröffentlichte ihrerseits Videos, die Luftangriffe auf Stellungen der Taliban zeigen sollen.
Friedensgespräche zwischen der Regierung und den Taliban kommen nicht voran
Beobachter befürchten, dass die Taliban nach dem vollständigen Abzug der Nato-Streitkräfte aus Afghanistan wieder die Macht in dem Land übernehmen könnten. Die Friedensgespräche zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung kommen nicht voran.
Die Lage verschärfte sich weiter, nachdem die USA am Freitag die Übergabe des Luftwaffenstützpunkts in Bagram an die afghanische Armee bekannt gegeben hatten, der als Hauptquartier der US-Streitkräfte in dem Land diente.
Die US-Luftwaffe war für die afghanischen Truppen bislang ein zentraler Faktor im Kampf gegen die Taliban. Beobachter fürchten, dass die Armee ohne diese Unterstützung nicht in der Lage sein wird, den Vormarsch der Taliban zu stoppen.
Der nationale Sicherheitsberater Mohib betonte am Dienstag aber, dass die afghanische Luftwaffe sich derzeit neu aufstelle und dann die Bodentruppen wieder besser unterstützen könne.
Afghanische Soldaten fliehen in Nachbarländer
In der Nacht zum Montag waren mehr als tausend afghanische Soldaten nach heftigen Kämpfen mit den Taliban in der Provinz Badachschan ins benachbarte Tadschikistan geflohen. Der tadschikische Präsident Emomali Rachmon ordnete daraufhin die Mobilisierung von 20.000 Reservisten an.
Sie sollten für einen stärkeren Schutz der Grenze zwischen Tadschikistan und Afghanistan sorgen, teilte die Präsidentschaft am Montagabend mit.
Russland schloss wegen der sich verschlechternden Sicherheitslage unterdessen sein Konsulat im nordafghanischen Masar-i-Scharif. Der russische Afghanistan-Gesandte Samir Kabulow sagte der staatlichen Nachrichtenagentur Tass, die Situation verändere sich „schnell“.
„Die afghanischen Truppen haben zu viele Bezirke aufgegeben. Dies sorgt natürlich für Nervosität“, sagte er. „Viele“ Konsulate in Masar-i-Scharif hätten „vorübergehend ihre Aktivitäten ausgesetzt, bis die Lage klar ist“. Aus Masar-i-Scharif waren erst Ende Juni die letzten Bundeswehrsoldaten nach Deutschland zurückgekehrt.
Ein Sprecher der russischen Botschaft in Kabul sagte, Moskau plane nicht die Räumung der diplomatischen Vertretung. „Die Botschaft ist gut verteidigt“, sagte Nikita Ischtschenko der Nachrichtenagentur Ria Nowosti. (afp/rm)
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