Taliban erobern weite Teile Afghanistans zurück – Zunahme von Flüchtlingen nach Deutschland erwartet
Parallel zum fortschreitenden Abzug der NATO-Truppen aus Afghanistan hatten die radikalislamischen Taliban zuletzt weite Teile des Landes zurückerobert.
Die Regierung in Kabul hatte am Wochenende an die europäischen Staaten appelliert, für drei Monate auf Abschiebungen nach Afghanistan zu verzichten.
Angesichts der verschlechterten Sicherheitslage in Afghanistan setzt Finnland die Abschiebungen in das Land vorerst aus. Deutschland hält hingegen an den Abschiebungen nach Afghanistan vorerst fest.
Bereits jetzt gibt es laut UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR, knapp drei Millionen Binnenflüchtlinge.
Die Route von Afghanistan bis Westeuropa
Wenzel Michalski, Deutschland-Direktor von Human Rights Watch sagte gegenüber der „Bild“: „Wenn der Vormarsch der Taliban weitergeht, werden wohl auch noch mehr Afghanen fliehen.“
Da Pakistan die Islamisten unterstütze, werden viele in den Iran flüchten, um dann über die Türkei nach Europa zu gelangen. Da die Türkei die Genfer Flüchtlingskonvention nicht unterzeichnet hat, erklärt Michalski, müssten diese nachher mit Schiffen übers Mittelmeer, um über Griechenland oder die Balkanroute nach Westeuropa zu gelangen.
Litauen fragte die EU und seine Nachbarländer um Unterstützung an, nachdem in der ersten Juli-Woche mehr als 800 illegale Grenzübertritte registriert worden waren. Die Einwanderer in der ersten Jahreshälfte stammten meist aus dem Irak, dem Iran oder Syrien, berichtet „SNA News“. Seit Juli kämen nun illegale Migranten aus dem Kongo, Gambia, Guinea, Mali und dem Senegal.
Litauen: Gehäuft illegale Einwanderer aus Afrika
Die litauische Regierung ist der Meinung, Minsk mangele es an Willen, die illegale Migration zu bekämpfen. Es sei eine Erscheinung des hybriden Krieges von Präsident Alexander Lukaschenko. Der weißrussische Staatschef erklärte, Weißrussland habe wegen der westlichen Sanktionen „weder Geld noch Kraft“, um den Migrantenzustrom in die EU-Länder zu bremsen.
„Die Situation an der Grenze Litauens zu Weißrussland bleibt besorgniserregend. Ich habe beschlossen, ein Soforteinsatzteam für Grenzsicherungszwecke (rapid border intervention) nach Litauen zu entsenden, um die Außengrenzen der EU zu stärken“, wird der Direktor der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache, Fabrice Legger, in einer Mitteilung der Behörde zitiert.
Estland schickte vergangene Woche zehn Spezialisten mit Fahrzeugen, Drohnen und anderen Grenzschutzmitteln zur Hilfe. Vilnius kündigte den Bau eines Grenzzauns zu Weißrussland an, scheribt die „SNA“.
Afghanistan: Die Zahlen
In Pakistan sind im vergangenen Jahr 1,5 Millionen afghanische Flüchtlinge registriert worden. Das UNHCR erfasste laut „Bild“ im Iran 780.000 und in der Türkei 130.000 Flüchtlinge. Im letzten Jahr wurden von 45.935 Afghanen Asylerstanträge gestellt. Mittlerweile leben 271.805 Afghanen in Deutschland, etwas mehr als 26.000 wurden hier geboren.
Regierungssprecher Steffen Seibert verteidigte am Montag, 12. Juli, das Festhalten an den Abschiebungen nach Afghanistan. Das Auswärtige Amt kündigte noch für diesen Monat einen neuen Bericht zur Sicherheitslage in Afghanistan an. Auf dieser Grundlage werde dann in der Abschiebungsfrage entschieden, „wie es weitergeht“, sagte Seibert.
Mathias Middelberg (CDU), innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, sagte zur „Bild“: „Wir müssen die Verhältnisse eng beobachten, um nicht überrascht zu werden.“ Der Menschenrechtler Michalski kritisiert hingegen, dass es weder eine Planung noch ein Gesamtkonzept seitens der Bundesregierung gibt, wie nach dem Abzug der Truppen mit den flüchtenden Afghanen umgegangen werden soll.
Seit dem Beginn des Abzugs aller NATO-Truppen Ende April haben die Taliban nach eigenen Angaben bereits 85 Prozent des Landes erobert. Sie kontrollieren demnach rund 250 der knapp 400 Bezirke in Afghanistan – eine Darstellung, die allerdings nicht unabhängig überprüft werden kann und von der Regierung in Kabul zurückgewiesen wird. (afp/nw)
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